Hammer of Doom IVPosthalle, Würzburg, 23.10.2010 |
Es hätte so schön sein können. Die vierte Ausgabe des Hammer of Doom wartete mit einem der großartigsten Billings auf, das die deutsche, wenn nicht europäische SloMo-Gemeinde je geboten bekommen hat. Das Drumherum hatte sich eingespielt, ohne dass bereits schnöde Routine eingezogen wäre, also waren die Voraussetzungen bestens. Schade nur, dass am Mischpult anscheinend jemand halb taub war, denn die Lautstärke bewegte sich von Anfang an in nur schwer erträglichen Regionen. Selbst in den Umbaupausen konnte man sich meist nur schreiend unterhalten und auf der Bühne hatte nahezu jede der Bands mehr oder weniger große Soundprobleme. Hoffentlich ist beim nächsten Mal anderes Personal für die Akustik zuständig... |
Ghost Gerade schien ein gewisser untergründiger Hype um die Band in Gang zu kommen, da stand sie genau rechtzeitig auf dem HoD-Billing. Trotzdem war es vor der Bühne recht luftig, als der namenlose Frontmann in gotteslästerlicher Bischofsmontur Weihrauchkesselchen schwenkend zu düsterem Waberintro in Erscheinung trat. Einen derart beklemmungsfördernden Showbeginn hab ich selten erlebt; weniger gefestigte Naturen hätten sich leicht in die Buchse machen können. Als die vermummte Truppe dann endlich mit einem Song loslegte, verflüchtigte sich die dichte Atmosphäre allerdings recht schnell, denn der Sound kam eher erbärmlich rüber. Eine der zwei Klampfen machte wohl größere Probleme, so dass gleich Sand ins Getriebe kam und letztlich nur ca. vier konkrete Stücke gespielt wurden, wovon ich das letzte allerdings vom Reinhören eindeutig wiedererkannte und es auch später noch durch meine Hirnwindungen geisterte. Insgesamt beeindruckend aber noch nicht ganz überzeugend
Eternal Elysium Allzu viel hatte wohl niemand von dem japanischen Trio erwartet und auch ich selbst hatte die Band nach dem dritten Album aus den Ohren verloren. Entsprechend nett aber unspektakulär empfand ich den ersten Teil des Sets, was sich mit einer bekannteren Nummer von "Spiritualized D" aber erfreulicherweise änderte. Von nun an sagte mir der Old School Iommi-Sound plötzlich um einiges besser zu. Sympathisch wirkte das Dreigestirn um Cheffe Yukito sowieso; Zusatzpunkte in der B-Note gab's für eine deutsche Ansage von Bassistin Tana (europäischer Migrationshintergrund).
Procession Erneut ein Trio, diesmal mit schwedischen Ersatzleuten, machte sich auf, die unterkühlte Halle zu erwärmen. Und das gelang Felipes Bande vorzüglich! Schon einst beim DSR wurde klar, mit welch begnadetem Chilenendoom man es hier zu tun hatte, und dieser bärenstarke erste Eindruck wurde in Würzburg glasklar bestätigt. Noch besaß ich lediglich das formidable "Burn"-Tape, doch demnächst gibt's neue Scheibenepik von Procession, die ganz sicher verhaftet wird. Brillant!
Mirror Of Deception Das alte Spielchen: MoD stehen auf dem Zettel, und ein nicht unerheblicher Teil des Publikums geht lieber was essen, trinken, shoppen oder was auch immer. Jedenfalls war die Halle nun weniger gefüllt, als bei so gut wie allen anderen Bands. Scheiß drauf, so konnten die geschmackssicheren Gourmets wenigstens unbehelligt der schwäbischen Institution lauschen. Das brandneue und mir noch nicht bekannte Liedgut lief mir nicht unbedingt sofort supergeschmeidig rein (im Gegensatz zum entsprechenden Album tags darauf), doch die abgehangeneren Stücke verzückten wie gewohnt bestens. "Der Student von Ulm" wurde in voller Montur in der Donau versenkt, was Fronter Siffi noch einige Brauenlupfer mehr als sonst wert war. Spätestens mit abgespecktem Gitarristen wird klar, dass niemand den Doom so leichtfüßig zelebriert wie MoD.
Griftegård Leichtfüßig ging's bei Griftegard nicht eben zu. Sänger Thomas ist ein Schwergewicht vor dem Herrn, dessen imposante Körperfülle recht geschickt durch das vom DSR bekannte Pult kaschiert wurde. Trällern kann der Mann jedenfalls formidabel und mit viel Gefühl in der Stimme, so dass es wiederum eine Wonne war, den schwedischen Standdoomern zu lauschen. Große Kunst ist es, bei derart langsam kriechenden Kompositionen solch große Melodien in die Gesangslinien zu bringen. Persönlicher Höhepunkt: Die Zeile "I lay a shadow in your shadow" in "Punishment & Ordeal".
Jex Thoth Die Hälfte der Bands hatte ich bei zwei alkfreien Distelhäusern verfolgt, von nun an gönnte ich mir das eine oder andere Verbleite, um aufkommende Verspannungen im morschen Kadaver zu lockern. Passend dazu spielten nun Madame Thoth und Konsorten auf, deren Hippiedoom meine progressive Muskelentspannung zusätzlich förderte. Viel hatte sich wenig überraschend im Vergleich zu den beiden Gigs in der ersten Jahreshälfte nicht geändert. Gut so, denn JT sind nun mal einer der heißesten Acts dieser Tage, was nicht nur an der lasziven Frontlady sondern natürlich in erster Linie an der großartigen Mucke liegt. Entsprechend gut gefüllt waren die Reihen im vorderen Bereich, die einer bestens eingespielten Combo ihre Aufwartung machten. Bei bisher lediglich einem kompletten Album blieben musikalische Überraschungen aus, doch immerhin trug Jessica T. einen besonders schmucken Poncho zur Schau und überzeugte mit ihrer Performance diesmal auch die wenigen Skeptiker wie Stefan M., der somit initiativ im Kreis der Vasallen begrüßt werden durfte.
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Sorcerer Man hatte keine Ahnung, was von der reaktivierten Kapelle zu erwarten war und wunderte sich etwas über deren hohe Positionierung im Billing. Doch es sollte die positivste Überraschung des Tages werden, denn die Jungs um ex-Tiamat-Tieftöner Johnny Hagel brachten das Fußvolk ordentlich in Wallung. Schon erstaunlich, wie gut die epischen, aber wenig abwechslungsreichen Nummern der Demolegende live funktionierten. Wobei, wenn simpel-eingängige Refrains 20-mal pro Song wiederholt werden, lässt sich der eine oder andere Biergenießer halt gern mal zum Chorgesang animieren. Schöner Gig jedenfalls, der die Frage aufwirft, ob die Band nun weitere Aktivitäten an den Tag legen wird.
Place Of Skulls Der PoS-Gig wurde leider von massiven technischen Problemen überschattet, so dass keine wahre Stimmung aufkam. Da konnten auch die zwei, drei Pentagram-Klassiker letztlich nicht ändern, dass die Show eher Stückwerk blieb, obwohl Griffins Mannen daran wohl schuldlos waren. Immerhin dröhnte des Meisters Gitarre mal wieder herrlich fett und das "Don't let me be misunderstood"-Cover entzückte nicht nur die anwesende Weiblichkeit. Interessant auch, dass Victor Griffin die Sonnenbrille des einstigen Death Row - Gastsängers Eric Wagner aufträgt.
Iron Man Die Absager vom DSR erschienen tatsächlich vollzählig zum ersten Gig auf europäischem Boden, wo sie zwar ordentlich abrockten, die Massen aber auch nicht unbedingt in Ekstase versetzen konnten. Wie auch, mit vier Alben im Gepäck, die zwar amtlich grooven, aber nicht gerade vor grandiosem Songwriting strotzen. So war es ein passabler Auftritt, bei dem in erster Linie der auch live charakteristische Klampfensound Al Morris des Viertelvorzwölften sowie Frontmann Joe Donnellys monströs ausgebeulte Hose beeindruckten. Überhaupt fiel Letzterer durch halbwegs arrogantes Gehabe in einer ansonsten sympathisch wirkenden Truppe negativ auf.
Solitude Aeturnus Zu guter letzt stand nun eine der rar gesäten Shows einer der besten Epic Doom Bands, ach was, einer der besten Doom Bands, um nicht zu sagen, einer der grandiosesten zeitgenössischen Bands überhaupt auf dem Programm. Was sollte den geneigten Gourmet da noch vom Zeitlupennirwana fernhalten? Sogar Tieftöner James Martin wirkte mit passabel gezüchteter Matte diesmal deutlich grooviger als sonst, während Robert Lowe in unnachahmlich verstrahlter Art mal wieder wie ein junger Gott trällerte. Und Bandkopf John Perez geht sowieso immer völlig ab, so dass doch ein Headlinergig dieser Vögel nun die absolute Krönung hätte sein müssen. Zudem bot die Songauswahl einen feinen Mix des Solitude'schen Schaffens, wobei natürlich die mich einst in die Versklavung getriebene Frühphasenhymne "Mirror Of Sorrow" ein ganz besonderes Schmankerl war. Woran lag's, dass ich nicht in akuten Veitstanz verfiel? John Perez sagte in Richtung Mischer: "It's like playing in a tornado!". Was den Mann, der schon den ganzen Tag durch offensichtliche Schwerhörigkeit auffiel, aber auch nicht mehr dazu bringen konnte, die Volumenregler vielleicht mal nach unten zu schieben. Es war hoffnungslos. Mit einer halben Packung Baumwollwatte in den Gehörgängen ließ sich das Treiben zwar halbwegs schmerzfrei verfolgen, die angemessene Raserei kam so jedoch nicht auf. Echt schade, wenn einem auf diese Weise solch legendäre Doomkunst vermiest wird. Ich plädiere auf Wiederholung des gesamten Festivals mit kompetentem Soundmenschen!
Randnotizen
Tofukeule, Oktober 2010 |