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The Hand Of Doom - Das Interview (Teil 1)

"Die Sau rauslassen und weltberühmt werden."

Im Frühling des Jahres 2010 verabredete ich mit Hand-Of-Doom-Sänger Andreas "Iggi" Rößner, ein Interview über seine einstige Band zu führen. In den folgenden Wochen und Monaten, unterbrochen durch eine längere krankheitsbedingte Auszeit, schickten wir uns Fragen bzw. Antworten in entspanntem Tempo hin und her, so dass im Herbst schließlich eine stattliche Erörterung zusammengetragen war. Die Kontaktaufnahme zu weiteren Bandmitgliedern verzögerte die Sache noch ein wenig (woraus sich ein zweites Interview mit Drummer "Charly" Wehde ergab), doch nun können wir uns auf die Reise zur Ursuppe Bad Hersfelder Hardrockauswüchse begeben, um zu erfahren, was Iggi über Jugendsünden und -träume und die Wiederveröffentlichung eines epochalen Albums aus einem Grenzgebiet des Rock 'n' Roll zu berichten hat.

Tofukeule: Lass uns beim Urknall beginnen. Wie, wann, wo und mit wem ging es los mit The Hand Of Doom?

Iggi: Zur Entstehung - und späteren Band-Geschichte - ist Charly der bessere Ansprechpartner, da der von Anfang bis zum Ende bei HoD dabei war. Gegründet wurde die Band wohl 1975 von Wehde und Ellenberger. Ich stieß im Herbst 1976 dazu, nachdem bereits ein, zwei andere Leadsänger "verheizt" worden waren. Zwischenzeitlich übernahm Uwe Ellenberger, band-intern auch "Langer" oder "Wilder Fingerling" genannt, den Gesang, wollte sich dann aber lieber auf's Gitarre-Spielen konzentrieren, so dass Bedarf für einen neuen Leadsänger entstand. Mit Klaus Bode war ich befreundet und hatte vorher bereits in meiner allerersten Band GENERATOR mit ihm zusammengespielt, so kam der auf die Idee, mich für diesen Job vorzuschlagen.

Hat irgendwer der Beteiligten vorher in anderen Bands gespielt?

Von den anderen weiß ich nur das bereits Erwähnte. Meine erste "Band" war, wie gesagt, GENERATOR, die ich 1974, im zarten Alter von 15, als Sänger, Rhythmus-Gitarrist und Stücke-Lieferant (mit-)gründete. Unser "Proberaum" war der Keller der Eltern eines etwas älteren (17) Elektro-Bastlers namens Hartmut Schott. Verstärker gab's noch (fast) keine, lediglich eine Tonband-Maschine von Hartmut, in die wir unsere Musik - teils nur über Kopfhörer - direkt einspielten. Hartmut war also sozusagen der Tontechniker, der uns sein Know-How und die Geräte zur Verfügung stellte.

Außerdem waren dabei: Klaus am Bass, Jochen Stein, Lead-Gitarre, und ... (kleiner Trommelwirbel!) ... Ralf Rossbach, der spätere Zweit-Gitarrist von HoD, am "Schlagzeug". Dieses bestand lediglich aus einer alten Snare-Drum und einer verbogenen Hi-Hat. Ralf machte aber allein mit diesen zwei Teilen einen derartigen Radau, dass wir gezwungen waren, ihn hinter einer Matratzenburg "einzumauern", damit er die anderen nicht zu sehr übertönte.

Aus dieser Zeit sind auch auf irgendeinem Tape bei mir noch ein paar Aufnahmen erhalten. Daraus heute noch gut anzuhören: "Now Do You Feelin' Blue" - als ich einen musik-interessierten Bekannten vor vielen Jahren mal raten ließ, wer auf dieser Aufnahme wohl sänge, tippte der - ha! - auf Captain Beefheart. Den kannte ich damals noch gar nicht, ebenso wenig wie Iggy Pop, dem ich meinen - von Charly erdachten - Spitznamen bei HoD verdankte.

Nach Generator und vor HoD gab’s dann noch meine erste "echte" Band, FORMIC ACID (= Ameisensäure). Hier saßen im Boot: Michael Sauerwein, Hammondorgel, in dessen Elternhaus wir probten, Uli Weber, Gitarre, Thomas Erb, Bass, Wigbert Mattausch, Schlagzeug, meine Wenigkeit, Gesang, Gitarre, Song-Material, und zeitweilig noch Jochen Stein als zweiter Gitarrist. Auftritte vor Publikum gab es hier noch nicht, dafür geriet jede Probe im gut mit Alkoholika und Süßigkeiten bestückten Keller der Eltern von Michael über kurz oder lang zur Party!

Auch von dieser Ära sind Aufnahmen erhalten. Aus diesem Haufen musizierender und dauerfeiernder Teenager wurde ich dann von Klaus zu HoD "weggecastet" - wo die "Gelage" natürlich auch nicht weniger wurden. Hier mussten dann halt die letzten Kröten vom Taschengeld für die 2-Liter-Flasche Lambrusco oder den Slivovitz in der Cola herhalten.

Was wolltet ihr mit HoD erreichen?

Die Sau rauslassen und weltberühmt werden. Was mich angeht, den aus provinzieller Langeweile und zerstrittenem Elternhaus resultierenden Frust rausschreien.

Das heißt, du hast dir von HoD größeren Ruhm, mehr Party oder beides versprochen als von FORMIC ACID? Welchen Status hatten HoD denn, als du eingestiegen bist? Gab's regelmäßige Gigs, massenweise Groupies und fließend Wasser im Proberaum?

Ich hatte vor allem Lust mich zu verändern, weiter zu entwickeln. HoD hatten einen gewissen Ruf als semi-legendäre Lokalgröße, also hab’ ich die Gelegenheit wahrgenommen, da mal reinzuschnuppern. Und beim ersten Treffen mit Charly, Uwe und Klaus machte es BANG! Und ich wusste, das ist es jetzt! Keine Ahnung, was aus F.A. wurde. Mein Abgang verlief wohl relativ friedlich und einvernehmlich, zumindest erinnere ich mich an keine größere Welle.

Bei HoD, deren Proberaum ein alleinstehendes winziges Häuschen von etwas mehr als der Größe eines Schuhkartons im Hinterland von Bad Hersfeld war, krachte es dann also richtig, im positiven Sinn! Fließend Wasser gab’s dort nicht und auch keine massenweisen Groupies (von denen träumten wir höchstens, hehe!), vielmehr engste Verhältnisse, in denen wir uns regelmäßig mindestens einmal die Woche gegenseitig "die Scheiße um die Ohren bliesen" (wie H.P. Liebeskraft zu sagen pflegte). Dass statt Wasser dort eher Bier und die bereits erwähnten Alkoholika flossen, brauche ich wohl nicht extra erwähnen.

Im Laufe meiner etwa anderthalbjährigen Mitgliedschaft brachten wir es so etwa auf vier, fünf Auftritte, frenetisch umjubelt von etwa sieben unerschütterlichen Fans, die sich keinen davon entgehen ließen. Der Höhepunkt war für mich der Eschwege-Gig auf dem Dach vom dortigen Woolworth (sonst Parkdeck), der auf dem Doppelalbum-Re-Issue von "PoisoNoise" dokumentiert ist. Da tat sich zwar nicht "die Hölle auf", wie der Sänger behauptet, aber mindestens mal so was wie das tobende Chaos vorm gähnenden Nichts.

Jetzt musst du mir aber auch verraten, wo dieses Proberaumhäuschen genau stand, schließlich wohne ich selbst im betroffenen Städtchen! (Womöglich ist längst ein Pilgerort draus geworden und ich weiß noch nichts davon.) Apropos: Aus welchen Ortschaften kamen denn die einzelnen Bandmitglieder?

Deine Anmerkungen zum Eschwege-Gig klingen so, als hätten sich bei euren Auftritten nicht gerade die Massen vor der Bühne totgequetscht. Von heutigen Konzerten in kleinerem Rahmen ist man das ja gewohnt, aber in den damaligen Zeiten muss doch ein Rockkonzert noch ein besonderes Ereignis gewesen sein - oder täusche ich mich da? Wie sah die lokale Szene damals denn so aus? War es sehr schwierig, Gigs klarzumachen? Mit welchen Bands und wo fanden eure raren Konzerte statt?

Die Frage nach dem Standort des Häuschens müsstest Du auch wieder an Charly oder Klaus richten. Da die beide immer noch am selben Ort wohnen, dürften die das noch wissen. Ich selbst hab’ nur noch ’ne vage Vorstellung davon. Außer mir kamen alle drei übrigen Band-Mitglieder direkt aus Bad Hersfeld. Mein Elternhaus stand in einem etwa sieben Kilometer von dort entfernten Kaff mit dem bezeichnenden Namen Eitra, Teil einer größeren Gemeinde namens Hauneck, von mir auch gerne verklärend "Beat-Corner" genannt.

Beim Eschwege-Auftritt war es so, wie es auch schon Band-Kumpel Liebeskraft so schön anschaulich im Klappentext des PoisoNoise-Re-Issues beschrieben hat: direkt vor uns ein bis zwei Reihen pogender, euphorisierter Hardcore-Doom-Fans, dahinter etwa hundert weitere Festival-Besucher, die mehr oder minder paralysiert und mit offenstehenden Mündern das unfassbare Geschehen auf der Bühne vor ihnen über sich ergehen ließen - soweit sie sich nicht gleich fluchtartig verdrückten! Außer uns gab’s dort halt die übliche Provinz-Mischung aus mittelprächtigen Schülerbands und besseren Tanzkapellen, und so was wie der tobende, brüllende Haufen, den wir darstellten, war den meisten Anwesenden bis dahin wohl noch nicht untergekommen!

Von weiteren Gigs weiß ich nicht mehr viel. Der erste fand bei einem Schulfest auf der Modellschule Obersberg statt und stieß wahrscheinlich auf noch größeres Unverständnis als der Eschwege-Gig, zumal wir damals noch ohne unseren Fanclub auskommen mussten. (Hier entstanden übrigens auch die Live-Fotos der einzelnen Band-Mitglieder, die man im CD-Booklet bzw. Innencover des Re-Issues bestaunen kann.) Weitere Auftritte gab es noch bei irgendeinem Sommerfest draußen oder bei einer Party im Gemeinderaum einer Kirche (!).

So was wie eine Szene existierte in Bad Hersfeld in den Siebzigern eigentlich nicht, zumal es auch an einem geeigneten Treffpunkt dafür mangelte. Aus der näheren Umgebung kennt man ja aus den Sechzigern noch die großartigen PETARDS, von denen wir zu unserer Zeit aber schon nichts mehr mitbekamen. Wir hatten noch bekanntschaftliche Beziehungen zu einer Band von Jungs, die etwas älter waren als wir. Die nannten sich SLUT und hatten sogar schon ’ne eigene Single rausgebracht. Deren Sänger war wohl auch einer meiner Vorgänger bei Doom.

Dann gab es den Hersfelder "Zigeunerkeller" zumindest in der heute bekannten Form wohl noch nicht... Wie seid ihr denn an den Jungfernauftritt am Obersberg gekommen? Warst du dort nicht sogar Schulsprecher?

Ich weiß nicht genau, ob das zeitlich zusammen gepasst hätte: HoD als Local Support für die Scorpions in der Hersfelder Jahnhalle wäre doch mal 'ne große Sache gewesen. Warst du bei dem Konzert wenigstens im Publikum?

Doch, den Zigeunerkeller gab es wohl auch schon damals. Ob in der heute bekannten Form – keine Ahnung! Kenne weder die alte noch die heutige, da ich nie dort gewesen bin! (Muss also auch hier wieder auf meine Band-Kollegen verweisen.)

Wie das mit dem Obersberg-Auftritt zustande kam? Nun, da die Provinz, wie schon erwähnt, nicht gerade reich an musikalischen Attraktionen war, war man wohl schon dankbar für alles, was nur etwas Abwechslung und Aufregung versprach. Insofern war das nicht all zu schwierig. Schulsprecher bin ich am Obersberg nicht gewesen, wohl aber Chefredakteur einer dortigen Schülerzeitung. Sie hieß "zon" (= Zeitung ohne Name) und brachte es dank meines Bienenfleißes in drei Jahren auf sage und schreibe drei Ausgaben! Eine davon enthielt übrigens auch den allerersten Artikel über HoD.

Was die Scorpions angeht, so gehören die für mich genau zu der Sorte von "Hardrockern", die ich eher gruselig finde (auch damals schon). Insofern kann ich gut damit leben, dass wir sie weder supportet haben, noch, dass ich im Publikum war! In ihrer Anfangszeit sollen sie ja mal ganz akzeptabel gewesen sein, aber für ihr Kulturverbrechen "Wind of Change" gehören sie eigentlich heute noch eingesperrt! Na ja, immerhin haben sie ja jetzt wenigstens ihre – dreijährige, haha! – "Abschiedstournee" angekündigt, was hoffen lässt, dass wir sie eines Tages endlich hinter uns haben werden!

Dass immer alle (bis auf die Hausfrauen) auf den Scorpions rumhacken müssen, dabei haben sie doch bis Ende der Achtziger eigentlich nur klasse Scheiben gemacht...

Wie gestaltete sich bei HoD denn das Songwriting? Für die meisten Stücke bekommt ja Herr Ellenberger die Credits neben einigen, die von dir stammen. Habt ihr zwei die jeweils zuhause im Kinderzimmer erschaffen? Wurde bei den Proben nur Party gemacht, oder gab's dort auch mal kreative Anwandlungen?

Das hast Du schon ganz richtig vermutet: die Songs wurden jeweils einzeln zuhause im "Kinderzimmer" kreiert. Das stellte sich aus der Sicht des Lead-Gitarristen zunächst so dar, dass es eigentlich nur einen gab, der HoD war, inklusive des Songwritings. Da ich aber keine Lust hatte, nur ausführendes, ähem, Organ zu sein, fühlte ich mich herausgefordert, den zweifellos starken Stücken von Uwe etwas Eigenes entgegen zu setzen. Und so entstanden unter anderem "Heavy Mad Head" und "PoisoNoise".

Aber frag nicht, wie schwer es war, die Band dahin zu kriegen, diese Stücke dann auch mal zu spielen! Da passierten dann so erstaunliche Dinge wie, dass ein Gitarrist, der eigentlich (nach eigener Einschätzung) ALLES und noch etwas mehr spielen konnte, die von mir eingebrachten Vorschläge erst mal mit einem notorischen "Technisch unmöglich!" abschmetterte. Aber wenn ich mir was in den Kopf gesetzt habe, kann ich ganz schön hartnäckig sein, und so kam zu guter Letzt doch der eine oder andere meiner Songs durch.

So was wie gemeinsame kreative Anwandlungen gab es im Prinzip nicht. Jeder hat zu den mehr oder minder fertigen Einzelvorschlägen auch eigene Ideen beigesteuert. Die wurden dann mal angenommen, mal verworfen, je nach Gesamtstimmung in der Band! Bei "Doom Power" waren Charly und ich ausnahmsweise etwas mehr beteiligt, daher die gemeinsamen Credits! Die im übrigen nicht gerade schwach ausgeprägten Meinungsverschiedenheiten untereinander wurden dann eben im gemeinsamen Musikmachen kompensiert und "weggetobt". Daher rührt sicherlich auch ein nicht unwesentlicher Teil des speziellen, ich nenne es mal: Wut-Faktors von HoD.

Mitte der Siebziger habe ich ja noch Dieter Thomas Heck und seinen Schergen gehuldigt und somit keinen Plan, was die Halbstarken aus der Nachbarschaft sich so für Mucke reingezogen haben. Gehörten die in den Linernotes erwähnten Stooges und MC5 zu euren Faves? Welchen Sound habt ihr euch bevorzugt durch die Lauscher gepfiffen und wem womöglich bewusst nachgeeifert? Rocker, Hardrocker, Roggenbrötchen - als welche Sorte Typen habt ihr euch damals gesehen?

Iggy und die Stooges kannte ich, wie schon erwähnt, damals noch nicht, wohl aber Charly, der mir den Künstlernamen von Herrn Osterberg quasi als Ehrentitel verlieh. 1976 entdeckte ich einen Sampler namens "Off II Hallucinations" und darauf "Kick Out The Jams" und ein weiteres Stück von MC5. Das war für mich schon eine echte Offenbarung! Proto-Punk pur, der Sänger Rob Tyner klang, als würde er jeden Augenblick in Fetzen fliegen, und diese unglaubliche Power der Instrumentalisten! – so was war bis dahin noch nicht da gewesen!

Ansonsten arbeitete ich mich von Heintje, dem ich etwa zwischen 6 und 8 Jahren nacheiferte, über Werner Reinkes "Hitparade International" langsam vor in progressivere und härtere Gefilde! Black Sabbath hatten es mir schon frühzeitig angetan, Hammerstücke wie "Paranoid", "War Pigs" oder der grandiose "Iron Man"! Später kickten mich so Sachen wie "Whole Lotta Love" von Led Zep oder auch "Deep Purple In Rock" und deren "Fireball", besonders das grandiose Intro dieser Platte.

Uwe war ebenfalls Purple-Fan, insbesondere hatte es ihm natürlich die Gitarrenkunst von Herrn Blackmore angetan. In Deutschland dürfte er außerdem einer der ersten gewesen sein, die - noch vor "Don’t fear the Reaper" - Blue Öyster Cult für sich entdeckten, des weiteren gehörten Ted Nugent und Kiss zu seinen Favoriten, von letzteren besonders das fantastische "Detroit Rock City", das ihn zum Doppelgitarren-Intro von "Putrefied" inspirierte. Klaus und Charly dürften ähnliche Helden verehrt haben, müsstest Du sie im Zweifelsfall aber selber fragen!

Als was wir uns selbst sahen, ist schwer zu sagen: Hardrocker natürlich, aber auch Außenseiter, die sich bewusst von allen anderen unterscheiden wollten! Mit Punk, der allmählich aus England rüberschwappte, konnten wir, nach einer gewissen Eingewöhnungszeit, durchaus alle einiges anfangen, besonders die Sex Pistols hinterließen nachhaltigen Eindruck! Als ich aber dann 1978 eines Tages voller Begeisterung "Are We Not Men? ..." von Devo auflegte, und die Gesichter der anderen dabei immer länger und missmutiger wurden, musste ich feststellen: Hoppla, da läuft wohl was auseinander ...

Bevor wir aber jetzt schon zum Niedergang kommen, lass uns noch weiter über die Lebzeiten der Band reden. Du erwähntest Black Sabbath. Euren Bandnamen habt ihr ja sicherlich dem gleichnamigen Song entliehen, richtig? Hatte er ansonsten irgendeine tiefergehende Bedeutung für euch?

Leider sind beim Re-Release keine Texte enthalten (beim Original wohl auch nicht, oder?). Heißt das, ihr habt keinen besonderen Wert auf die Lyrics gelegt? Da ich nur hier und da ein paar Zeilen verstehe, kann ich mir auf die Inhalte nicht wirklich einen Reim machen, aber vielleicht kannst du ja zumindest über die von dir verfassten Ergüsse einige nähere Ausführungen machen. Konkret interessiert aber mal, ob ihr mit "Rock 'n' Roll Close To The End Of The World" auf eure Situation im Schatten des Eisernen Vorhangs anspielt.

Richtig, der Bandname stammt von der zweiten Black-Sabbath-LP, "Paranoid"! Wir alle hatten eine Vorliebe für dunkle, "gruselige" Themen, insofern hatte das Treiben von Black Sabbath eine große Vorbildfunktion. Darüber hinaus war Uwe ein ausgesprochener Fan des amerikanischen Autors Howard Phillips Lovecraft und dessen extrem düsterer Horror-Romantik. Daher bezieht sich ein Großteil seiner Texte auf dessen Geschichten.

Mit dem "End of the World" in "Rock’n’Roll ..." war wohl eigentlich ein in der Zukunft liegendes, apokalyptisches Weltende gemeint. Aber die Idee, den Titel auf unseren Herkunftsort zu beziehen, finde ich großartig! Vielleicht spielte das ja auch unterbewusst mit rein! Als ehemaliges "Zonenrandgebiet" empfinde ich Bad Hersfeld und seine Umgebung bis heute etwas als, ähäm, "Arsch der Welt".

Was die von mir verfassten Texte angeht, so strengten die sich mächtig an, unsere Gemeinheit und Böse-Bubenhaftigkeit (wenn auch nur im Musikalischen) hervorzuheben! Beide Texte sind dermaßen überzogen, dass sie von Anfang an eher parodistisch gemeint waren – was aber die anderen wohl nicht so bemerkten, deshalb kam ich damit durch (grinst schelmisch).

Bei der Original-Pressung von "PoisoNoise" gab es bei einem kleinen Teil einen Abdruck der Lyrics als Beilage. Insgesamt betrachte ich die Texte heute aber als ziemlich bemühte und an sämtlichen langen Haaren von damals herbeigezogene Pennäler-Lyrik, teils in grauenhaft schlechtem Englisch verfasst. Deshalb – und um den Nimbus des Geheimnisvollen, der die Band umgibt, zu unterstreichen – wurde bei der Neuauflage bewusst auf deren Abdruck verzichtet. Soll sich doch jeder selber raushören, was er möchte!

"The Meanest Man" klingt oberflächlich eigentlich gar nicht so krass, doch der textliche Inhalt muss wohl derart heikel sein, dass du Uwe Ellenberger den Gesang überlassen hast. Dabei hätte es dir doch gut gestanden, "I'm the meanest man" über die Lippen zu bringen... Was war an dem Stück so schlimm, dass du gekniffen hast?

Gute Frage! Das Böse und Gemeine in den Hand-of-Doom-Texten richtet sich ja besonders gerne mal gegen Frauen – wahrscheinlich weil zu Lebzeiten der Band kaum mal einer von uns eine abkriegte, haha! Meine Texte sind diesbezüglich auch nicht gerade die eines Warmduschers (obwohl ich Frauen in Wirklichkeit sehr verehre). Aber während ich mich bzw. uns als Band darin auch selbst mal auf die Schippe nehme – z.B heißt "Heavy mad heads ..." ja nix anderes als "Die schwer Bekloppten ..." – war mir dieser Text von Uwe dann doch etwas zu ernst und zu weit unter der Gürtellinie!

Klar muss "der gemeinste Mann" - als angeblicher Zuhälter, der er ist - schon mal ein böser Frauenverächter sein. Auch, dass er diese dann killt, mag ja einem gewaltbereiten Gemeingefährlichen noch gut zu Gesicht stehen. Dass der "meanest man" aber schließlich auch noch dazu auffordert: "You can f%*§ her ’cause she’s still warm!", da verging selbst einem Möchtegern-Mister Hyde wie mir das Lachen! An dieser Stelle hatte Uwe den Wer-ist-die-fieseste-Socke-Wettbewerb zwischen uns beiden eindeutig gewonnen!

Was ich heute gut finde an der Sache, ist, dass man, dank meiner Weigerung, nun wenigstens auf einem Track auch mal seine Stimme hören kann! Und man muss ja zugeben: mit diesem leicht dekadenten, fistelnden Klang gibt er doch einen 1-A-Psychopathen ab, oder?

Stimmt allerdings, schluck... Ich glaube, ich sollte doch mal jemanden auftreiben, der die Version mit Textblatt sein eigen nennt.

Du bist also 1976 zur Band gestoßen, ihr habt ein paar wenige Auftritte gespielt, hauptsächlich Uwe und du habt im stillen Kämmerlein Stücke geschrieben und das Bandleben bestand in erster Linie aus wöchentlichen Proberaumexzessen. Den "Devo-Schock" erwähntest du bereits - wie hast du die Zeit bis zum Split erlebt? Wie lang zog es sich noch hin, bis ihr die Brocken hingeschmissen habt, und wann und wie lief die Trennung ab? Stand zur Debatte, evtl. mit anderem Personal weiterzumachen?

Unsere Zusammenkünfte waren von Anfang an keine Bibelstunden, von daher ist es im Nachhinein schwer zu sagen, wie sich das Auseinandergehen im einzelnen vollzog. Es gab, wie gesagt, diesen Moment mit Devo, als klar wurde, dass sich – im Gegensatz zu den anderen - mein Musikgeschmack allmählich weiterentwickelte. Fest steht auch, dass ich – wie schon erwähnt - wohl auch nicht so recht der Vorstellung der anderen von einem "ordentlichen" Heavy-Metal-Sänger entsprach. Mir wiederum ging vor allem die ständige Angeberei und Großkotzigkeit des Chef-Gitarristen auf den Senkel. Insofern war die Trennung wohl ansatzweise "einvernehmlich"! (grinst).

Immerhin schien mir das Ganze dann aber doch so bedeutend, dass ich die Jungs ja 1979, ca. ein Jahr, nachdem wir uns eigentlich bereits getrennt hatten, noch mal zusammentrommelte, um gemeinsam mit ihnen das Album "PoisoNoise" aufzunehmen. Ich hatte gehört, dass es möglich sei, zu annähernd erschwinglichen Preisen Platten selbst aufzunehmen und pressen zu lassen. So entstand der Wunsch, mit HoD auf diese Art eine Scheibe einzuspielen und herzustellen. Als Plattenfan und -sammler, der ich damals schon war, setzte ich also alles daran, diese Idee zu verwirklichen – was ja dann zum Glück auch geklappt hat!

Mit anderem Personal weiter zu machen, stand nicht nur zur Debatte, sondern geschah auch! Erst 1986 – nachdem der musikalische Output der Band, soweit ich es mitkriegte, immer mehr ins Drittklassige und Belanglose abgedriftet war - war es mit HoD wohl endgültig vorbei. Lustigerweise wurde übrigens auch Uwe – der ja, wie schon erwähnt, eigentlich Herr Hand-of-Doom persönlich war - ein, zwei Jahre nach meinem Abgang aus seiner eigenen Band rausgeschmissen! Tja, wir waren eben alle nicht gerade Kuschelrocker, haha!

Oha, so lang hat es die Band gegeben? Da hätte ich wohl fast selbst noch was von HoD mitbekommen... Weißt du noch irgendwelche Namen der Leute, die nach deiner Zeit dabei waren?

Die Aufnahmen stelle ich mir von der Atmosphäre her recht seltsam vor, so als nicht mehr existente Band. Gab's zu diesem Anlass weitere Exzesse, oder haben die drei Tage dazu nicht ausgereicht? Welche Erinnerungen hast du an euren Studioaufenthalt?

Ich fang mal von hinten an: Das Studio war ein nettes, kleines, halb-privates Kabuff irgendwo im höheren Norden der Republik. Der Tonmann, Martin Strehl, so’n bisschen öko-mäßig unterwegs, eher so die Folkie-Schiene. Hat seine Sache mit uns dann aber sehr gut gemacht, finde ich! Das Studio selbst war Teil seiner Wohnung und so klein, dass Charly mit seinen Drums in eine Garage ausquartiert wurde und nur über Kopfhörer zu den anderen Kontakt hatte.

Tonmann Martin Strehl

Nach meiner Erinnerung spielten wir am ersten Tag, einem Freitag, sehr konzentriert - schließlich war hier Zeit gleich Geld! - sämtliche Basis-Tracks, inklusive des Gesangs, ein. Uwe brauchte dann den kompletten Samstag, um pro Stück jeweils etwa 55 (gefühlte) Varianten seiner Soli aufzunehmen, zumal wir anderen ihm die gemeinerweise pro Stück von sonst ca. sechs auf maximal zwei Strophen runtergekürzt hatten. (Sonst hätten auf jede LP-Seite nur zwei Stücke gepasst, haha!) Und am Sonntag, gab’s dann erst noch ein paar Gesangs-Overdubs, zweite Gitarren usw. und dann schon einen ersten Roh-Mix.

Das Ganze war insofern nicht all zu seltsam, als wir ja auch schon ein paar Monate vorher wieder angefangen hatten, unser Zeug zu proben. Da der Schuhkarton in Bad Hersfeld bereits gekündigt war, fanden diese Proben – sehr zum Unmut meiner Altvorderen - im Keller meines Elternhauses in Eitra statt (Track 5 und 6 von Seite C der LP und die B-Seite der Single dokumentieren diese "Ära"). Dadurch fühlten wir uns in dieser Zeit wohl fast so, als hätte es gar keine Trennung gegeben!

Was die Zeit danach angeht - wo ich ja dann wieder ausstieg - muss ich dich erneut an Charly und Klaus verweisen, die waren beide bis zuletzt dabei.

Ah ja, damit hätte sich auch schon die eigentlich nächste Frage geklärt, die sich aus den Linernotes des Herrn Liebeskraft ergeben hätte. (Von wegen im August '79 mehr als ein Jahr getrennt, aber Demo-Bonustracks aus eben diesem Jahr '79 auf dem Re-Release.)

Aber um nochmal auf die Wiedervereinigung zurückzukommen: Wieviel Überzeugungskraft brauchtest du eigentlich, um die anderen, speziell Chef Ellenberger, für die Studiosache zu begeistern? Und wie schwer ist es dir gefallen, dein vokales Aggressionslevel runterzufahren? Warst du trotz Kompromissbereitschaft deinerseits zufrieden mit dem Ergebnis der Aufnahmen? Ich könnte mir immerhin vorstellen, dass "Lights of Blind" nicht unbedingt dein Favorit ist...

Deine Eltern waren ja bestimmt begeistert, monatelang eine wilde Rockerhorde im Haus zu haben. Hat die Dorfgemeinschaft damals nicht nach dem Exorzisten gerufen?

Nun ja, nachdem mein Vorschlag zunächst auf die übliche Skepsis und Ablehnung gestoßen war, machte sich allmählich bei den anderen doch auch Vorfreude und die Erkenntnis breit, sich - auf eben gerade noch für uns alle erschwingliche Weise – mit einem Longplayer die "Greatest Hits" der Band dokumentieren und der Nachwelt zugänglich machen zu können!

Was die gesanglichen Kompromisse angeht, so fand ich das Ergebnis insofern okay, als es mir, denke ich, gelang, den Furor meiner Stimme mit melodischeren und "weicheren" Elementen zu mischen und insofern das Spektrum eher noch zu erweitern. Und wer den "unverfälschten" Iggi hören will, für den gibt’s ja nun – dank der erweiterten Wiederveröffentlichung – auch noch die Demo- und Live-Aufnahmen!

Was die Proben für "PoisoNoise" in unserem Hobbykeller betrifft, so waren diese überhaupt nur deshalb realisierbar, weil es uns gelang, einige Nachmittage vor den Studio-Aufnahmen dort zu verbringen, ohne dass meine Eltern im Haus waren! Wenn das doch mal aufeinander prallte, war dann - wir wollten ja noch mal wiederkommen - schlagartig das Ende der Probe angesagt.

Das erinnert mich übrigens an ein spezielles Wochenende in Sieglos, dem Nachbardorf von Eitra. Dort hatten wir, irgendwann im Sommer ’77 oder ’78, für ein paar Tage eine Waldhütte überlassen bekommen und nutzten dies für ein ausgiebiges Wochenende bei Bier, selbst gespielter Live-Musik und anderen schönen Dingen. Bemerkenswert ist nun, dass ich zwischendurch mal nach Hause musste, um etwas zu holen. Von dort hörte ich dann tatsächlich immer noch das Rumoren der Band, obwohl diese etwa zweieinhalb Kilometer entfernt war! Ein Wunder, dass wir nicht umgehend alle weggesperrt wurden!

Solch seltsames Rumoren konnte damals ja pauschal auf US- oder gar russische Truppenmanöver geschoben werden, wohingegen heutzutage wohl unvermittelt die Staatsmacht in der Pampa aufkreuzt... Wenn ihr da ein ganzes Wochenende Krawall veranstaltet habt, sind bestimmt mindestens Passanten auf euch aufmerksam geworden. Welche Reaktionen habt ihr denn von solchen unfreiwilligen Zeugen eurer Musizierkunst erfahren?

Zu dieser Zeit hat sich niemand beschwert, da mein Elternhaus glücklicherweise relativ weit weg von anderen Häusern stand und der Keller halbwegs isoliert war. Dagegen kann ich mich, was die früheren Proben in dem Hersfelder "Schuhkarton" betrifft, an einige interessante Reaktionen unserer Mitmenschen erinnern!

Einmal schauten zwei alte Muttchen rein und fragten höflich an, ob wir denn nicht auch mal Streichinstrumente benutzen und was von Bach oder Mozart spielen könnten! Solange sie noch da waren, rissen wir uns zusammen, aber hinterher haben wir am Boden gelegen vor Lachen!

Ein andermal kriegten wir tatsächlich, jeder einzeln für sich, ’ne Anzeige von der Stadt wegen ordnungswidrigem Verhalten! In meiner war wörtlich zu lesen, dass ich "wegen lauten Singens" dreißig Mark Strafe zu zahlen hätte - fühlte mich sehr geehrt und geschmeichelt damals!

Weißt du noch, was euch die Aufnahmen damals gekostet haben? Wie lang hat es im Anschluss gedauert, bis ihr die fertige LP in Händen halten konntet? War die Fotosession, bei der das großartige Coverpic entstand, bereits im Vorfeld gelaufen?

Wie habt ihr die LPs überhaupt unters Volk gebracht? Gab es irgendwelche zeitgenössischen Reviews und damit einhergehende Bestellungen aus fernen Landen?

Na, ein paar Tausender (wenn auch in D-Mark) waren da schon fällig! Aber gemeinsam ließ sich's – was mich heute noch wundert – stemmen! So einige Wochen gingen dann ins Land, bis wir tatsächlich die fertige LP in Händen halten konnten! Wow – war das ein geiles Gefühl! 'N eigener Longplayer! - Und dann hieß es erst mal fleißig Zahlen malen, denn wir wollten ja unbedingt eine nummerierte limitierte Pressung!

The Hand Of Doom im Mobile Sounds Studio

Die Fotosession für "PoisoNoise" hatten wir logischerweise auch schon einige Wochen vor den Aufnahmen getätigt. War 'ne lustige Sache, die gemeinsame Poserei! Von der fertigen Pressung kriegte dann jeder – entsprechend seiner "Einlage" - 125 Exemplare! Meine habe ich so nach und nach in Plattenläden, über Flohmärkte und "Oldie-Markt" ('ne damalige Sammlerzeitung) unter's Volk gebracht, bis auf die Nummer 500, die hab' ich für mich behalten! Das eine oder andere Exemplar ging immerhin nach England oder in die USA!

Was die anderen mit ihrem Anteil der Platten angestellt haben – keine Ahnung! Charly hat, glaube ich, immer noch einige Exemplare im Keller! Von irgendwelchen damaligen Reviews ist mir nichts bekannt – wenn jemand was weiß: immer her damit, würde ich gerne lesen! Immerhin sind fast alle, die ich bisher zu dem Re-Issue gesehen habe, sehr positiv bis fast euphorisch!

Wenn sich das so geil angefühlt hat, die eigene Platte in Händen zu halten, hat euch das dann nicht in entsprechend gehobene Stimmung versetzt, dass ihr doch noch Rockstars werden und mit der Band hättet voll durchstarten wollen?

Nee, da ich schon vorher die Absicht hatte, aus der Bad Hersfelder Gegend wegzuziehen, war das keine wirkliche Option mehr! Die Platte war – zumindest, was mich angeht – von Anfang an lediglich als eine Art Erinnerungsstück der besonderen Art geplant. Was wir mit HoD auf die Beine gestellt hatten, erschien mir einfach einer solchen Dokumentierung wert. Und musikalisch kam ich ja auch – wie schon erwähnt – allmählich auf einen ganz anderen Dampfer.

Eingespielt habt ihr das Album zu viert, also ohne Ralf Rossbach. Wie kam es überhaupt, dass Uwe Ellenberger zeitweilig einen zweiten Gitarristen akzeptiert hat, wo er doch ein so filigraner Virtuose war, der eigentlich alles locker allein spielen konnte? Wie lang war Ralf dabei?

Die Idee, einen zweiten Gitarristen anzuheuern, entstand aus der Erkenntnis, dass Uwe – bei all seiner Genialität – nicht gleichzeitig Rhythmus- und Solo-Gitarre spielen konnte, und unser Sound deshalb, immer wenn er Soli spielte, ein bisschen dünn klang. So kam Ralf, den Klaus und ich ja schon von früher kannten, ins Spiel und bereicherte für ein paar Monate enorm unser Sound-Spektrum.

Was mich angeht, so klangen HoD weder vorher noch nachher je wieder so geil und vollfett wie in dieser Fünfer-Besetzung! Es entwickelten sich tolle "Duo-Soli"-Passagen, zu hören etwa beim Intro von "Putrefied", der durch die großartige zweistimmige Solo-Passage in "Detroit Rock City" von Kiss angeregt war! Und wenn beide Gitarristen gemeinsam improvisatorisch loslegten, wackelte die Bude wie sonst nur zu allerbesten MC-5-Zeiten! (Einen guten Eindruck von dieser Ära vermitteln die ersten vier Tracks von Seite C des Doppelalbums, bzw. Track 11 bis 14 der CD.)

Im Endeffekt blieb aber, angesichts Uwes doch sehr weiträumig und großflächig angelegten Egos, auf die Dauer kein Platz für einen zweiten Gitarristen, wohl schon deshalb, weil Ralf es scheinbar mühelos und ohne großes Getue verstand, Uwes Vorlagen nicht nur zu parieren und zu ergänzen, sondern manchmal sogar noch zu übertreffen!

Okay, ich denke, wir haben die Geschichte The Hand Of Dooms nun weitgehend aufgearbeitet. Also springen wir mal nahezu in die Gegenwart: Wann hat du erste Zeichen erhalten, dass es Zeitgenossen - noch dazu aus Übersee - gibt, die ernsthaftes Interesse daran haben, "PoisoNoise" neu aufzulegen? Warst du sofort Feuer und Flamme, oder war es ein schwierigeres Unterfangen dich zu überreden, dem Re-Release zuzustimmen?

Das kam von Charly, vor knapp zwei Jahren. Der rief eines Tages überraschend bei mir an: Ein Typ aus den USA sei an ihn herangetreten, ob er nicht mit ihm eine Wiederveröffentlichung unseres PoisoNoise-Albums realisieren wolle. (Entdeckt hatte er die Scheibe durch eine private CD-Rom-Neuauflage eines deutschen Fans.) Charly selbst hatte aber keine Zeit und / oder Lust dazu. Da auch die damalige Veröffentlichung auf meine Initiative zurückging und sich außerdem die Mastertapes in meinem Besitz befanden, reichte er die Staffel also an mich weiter!

Ich war natürlich erstmal skeptisch, aber als ich mit Tim McGrogan - so hieß der Interessent, Labelchef des renommierten Hardrock-Labels Shadow Kingdom Records - dann einige Male gemailt und mich davon überzeugt hatte, dass sein Anliegen seriös war, fing ich langsam Feuer! Besonders auch deshalb, weil Tim gleich nach zusätzlichen Tracks fragte und auch die Möglichkeit einer Doppel-CD in den Raum stellte. Tim war vor allem an einem CD-Re-Issue interessiert, da er CDs besser verkaufen kann.

Mich interessierte aber eher Vinyl, und besonders die Vorstellung, "PoisoNoise" in einer Wiederveröffentlichung zum Doppel-Album zu erweitern, gefiel mir! Hatte ich doch seit den Tagen mit der Band noch diverse Aufnahmen in der Schublade, die meiner Ansicht nach - obwohl oder gerade weil es keine Studio-Aufnahmen waren - den Spirit der Band noch um einiges besser und scharfkantiger repräsentierten als die LP.

Erfreulicherweise war Tim nun auch in dieser Hinsicht sehr entgegenkommend und sicherte mir eine 500er-Vinyl-Auflage in bester Pressqualität zu! Ich machte mich also an die Arbeit und durchforstete mein Archiv gründlich nach den besten Übungsraum- und Live-Aufnahmen. Das Ergebnis war dann zunächst die Doppel-CD mit den Aufnahmen der Original-LP plus Bonus-Material, das - wie mir inzwischen auch andere bestätigten - tatsächlich noch deutlicher die "wahren" Hand of Doom zum Vorschein bringt.

Etwa ein Jahr später gab es dann, als Lizenzpressung des deutschen Labels "High Roller Records", endlich die Vinylfassung. Und die brachte gegenüber den CDs nochmal einen deutlichen Zugewinn: Abgesehen davon, dass das Material nun in bester Pressqualität auf schönem, schweren Vinyl vorlag, wurden alle Aufnahmen nochmal klanglich optimiert, und die Edition enthielt mit einem Extra-Track auf der dritten Seite sowie einer beigelegten Bonus-Single sogar noch drei Stücke mehr als die CDs.

So oder so zeigen die zusätzlichen Aufnahmen bis dahin ungehörte Qualitäten der Band: Die Aufnahmen mit Ralf als zweitem Gitarristen erzeugten eine ungeheure Dichte, die wir zu viert noch nicht erreichen konnten. Und das Live-Material aus Eschwege demonstriert noch eindrücklicher, welch unglaubliche Power tatsächlich in dieser Band steckte!

Dem kann ich nur beipflichten! Bemerkenswert, dass die Aufnahmen für die Vinyl-Version klanglich nochmal bearbeitet wurden - diese ist der CD also eindeutig vorzuziehen, zumal das Ganze so umso authentischer durch die Lautsprecher rockt. Ich finde nur, dass das Material des Covers etwas billig wirkt...

Da es noch weitere Aufnahmen zu geben scheint, könnte ja auch irgendwann eine weitere Veröffentlichung ins Haus stehen. Ist das im Bereich des Möglichen?

Wie würdest du eure damaligen Glanztaten aus heutiger Sicht einschätzen? Kannst du nachvollziehen, warum es so lange Zeit später neue - mutmaßlich junge - Fans gibt, die auf euren räudigen Rock 'n' Roll steilgehen?

Was mögliche weitere Veröffentlichungen von HoD angeht, so muss ich Dich enttäuschen! Zumindest, was meine Person angeht, habe ich sämtliche noch verfügbaren Aufnahmen für das Re-Release erschöpfend ausgewertet. Es gibt zwar von diversen Tracks noch verschiedene Alternativ-Versionen. Auf der zweiten LP der Wiederveröffentlichung sowie der Single ist davon jedoch das Beste und Hörenswerteste bereits ausgewählt worden! Und weitere Stücke - zumindest mit meiner Wenigkeit - exisitieren meines Wissens nach nicht!

Was es allerdings noch gibt, sind etliche Tapes von späteren Bands, mit denen ich nach HoD zu Gange war. Da sind noch einige echte Kracher dabei! Vielleicht gibt's davon ja eines Tages auch noch mal ein Best-of auf CD / Vinyl, falls sich dafür noch mal ein Plattenpresser erwärmt!

Zu meiner heutigen Einschätzung: Alles, was man auf der Wiederveröffentlichung hören kann, kickt mich heute noch genauso wie vor dreißig Jahren! Es spiegelt eine Energie und einen Rebellengeist wieder, die zwar in einer ganz bestimmten Zeit entstanden, die im Kern aber zeitlos sind! Von daher kann ich mir schon vorstellen, dass gerade auch Jüngere auf unser damaliges Treiben heute wieder gut abfahren! ... Besonders schmeichelhaft fand ich in diesem Zusammenhang die Äußerungen eines gewissen Sir Lord Doom in einem Blog im Internet, der verkündete, er wolle sich für seine künftigen musikalischen Aktivitäten meine Art zu singen zum Vorbild nehmen!

Na, das ist doch mal erfreulich, wenn sich ein Musiker auch noch mit seinen Frühwerken identifizieren kann.

Magst du ein paar Namen der späteren Bands in die Runde werfen, vielleicht mit kurzer Stilbeschreibung, damit die Plattenfirmenleute schon mal mitkriegen, um was sie sich demnächst zu kümmern haben?

Ob deine damaligen Bandkollegen von "PoisoNoise" auch noch gekickt werden? Der Reunion-Gig zur Feier des Re-Release steht meines Wissens noch aus...

Die Namen dürften wohl außer wenigen Insidern niemandem etwas sagen, da es von keiner der Bands irgendwelche offiziellen Veröffentlichungen gibt! Dennoch will ich mal ein paar davon "in die Runde werfen", wie Du es so schön nennst, einfach deshalb weil sie teilweise sehr klangvoll sind: Automaten in Aspik, Die Herren der Lage, Fossilien von Morgen, Genua Policemen ("We have a HIT for you!") Lords of Kraut at the Church of Noise, Aliens in Wonderland ...

Was den Kick der Bandkollegen angeht: Zumindest von Klaus und Charly weiss ich, dass sie beide nach wie vor voll auf die Hand-Of-Doom-Mucke abgehen. Einen Reunion-Gig wird es allerdings wohl leider nicht geben! Das muss dann einfach jeder für sich feiern!

Ist vielleicht besser so, denn wahre Legenden haben Reunions eh nicht nötig.

Die Namen deiner Bands klingen in der Tat mehr als vielversprechend! Hoffentlich kriegt man auch davon bald was zu hören. Hast du denn aktuell was Musikalisches am Laufen?

Ist alles schon Schnee von gestern oder vorgestern! Aber vielleicht kommt ja mal jemand auf die Idee, einen "Best of the later Iggi"-Sampler zu initiieren? Dafür würde ich mir dann schon mal die Mühe machen, die schönsten Kracher dieser Gangs ans Tageslicht zu zerren!

Was aktuelle Aktivitäten angeht: die gibt es in Form meiner Mitwirkung an einem A-Cappella-Quartett, dem StimmZoo aus Marburg. Kürzlich ist unsere zweite CD erschienen, mit dem bescheidenen Titel "Tierisch Gut!". Wen's interessiert, der kann das unter www.stimmzoo.de mal auschecken!

Achja, in Kürze gibt's noch ein Re-Release eines Projektes von mir aus den Achtzigern, die FunTastiKlons und ihr Tape "Musik für zwei Ohren", eine Art Elektro-Trash, extrem simpel, aber auch brutal eingängig. Dieses Teil wird auf einer 5-LP-Box mit entlegeneren Acts der Neuen Deutschen Welle auf Vinyl-On-Demand wiederveröffentlicht werden. Und dann sind auch noch Re-Releases der EP "UnPop" von den Lustigen Mutanten und von mehreren Tapes der Gefährlichen Klons - zwei weitere meiner Projekte aus der NdW-Zeit - in Arbeit!

Mein lieber Schwan, du hast ja wirklich allerhand in petto!

Wenn du noch was auf dem Herzen hast, das du in diesem Interview loswerden möchtest: Hier ist die Stelle für deine letzten Worte.

Allen, die noch auf der Suche sind nach ihrer musikalischen Identität, möchte ich zurufen: Macht euer EIGENES Ding! Es ist gut und sinnvoll, am Anfang einer Laufbahn als Musiker von seinen Vorbildern zu lernen. Schlecht ist, wenn man dabei stehen bleibt! Es gibt viel zu viele Bands, die mehr oder minder klingen wie irgendwelche – immer besseren! - Vorbilder, und viel zu wenige, die wirklich einen erkennbar eigenen Stil pflegen! Deshalb: lasst euch nicht davon verunsichern, was andere für richtig halten! Vertraut eurem eigenen musikalischen Instinkt und entwickelt einen persönlichen, unverwechselbaren Stil!

Vielen Dank für deine Zeit und Mühe, war mir wirklich ein Vergnügen!

Danke ebenso!


Dank zudem an Iggi und Charly für die aus den Archiven hervorgekramten Bilder.

Tofukeule, Mai 2011

Interview (Teil 2)

The Hand Of Doom - Die Story

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