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The Hand Of Doom - Das Interview (Teil 2)

Streitend ins Leere laufen: Eine "Schülerband" im steten Auflösungsprozess

Nachdem das Interview mit Sänger Iggi vollbracht war, versuchte ich, noch andere Bandmitglieder zu kontaktieren, um eventuell weitere Statements aus deren Blickwinkel zu bekommen. Bei Drummer Karl-Heinz "Charly" Wehde rannte ich dann offene Türen ein, denn nach einem kurzen Anruf vereinbarten wir sogleich ein Treffen bei ihm zu Hause. An einem regnerischen Januarabend musste ich nicht viele Fragen stellen, um von ihm einen umfangreichen Überblick der kompletten Hand-Of-Doom-Historie zu erhalten. Hier nun also alles zur Karriere der Bad Hersfelder Rock 'n' Roll - Legende aus Charlys Sicht.

Tofukeule: Iggi meinte, du seist der bessere Ansprechpartner für die frühere Bandgeschichte...

Charly: Da will ich jetzt mal ein bisschen ausholen: Wir hatten in der Realschule damals eine Schülerband, deren Namen ich gar nicht mehr weiß, für einen Auftritt bei einem Klassenfest am Start. Der Gitarrist kannte Uwe Ellenberger, und so bin ich mit diesem bekannt gemacht worden. Zwischenzeitlich sprang Uwe auch mal kurz bei uns ein. So bin ich also mit ihm in Kontakt gekommen und musste feststellen, dass er damals schon, das müsste 1973 gewesen sein, eine unwahrscheinliche Plattensammlung von mehreren hundert LPs hatte. Alles was Rang und Namen hatte, stand bei ihm im Plattenregal. Ob UFO, Led Zeppelin, Bachman Turner Overdrive oder Blue Öyster Cult, die hier überhaupt noch niemand kannte.

Wie alt war er damals ungefähr?

Uwe war zu der Zeit 17.

Und da hatte er schon mehrere hundert Scheiben, auch nicht schlecht!

Und das als Schüler, der Opa hat es wohl gesponsert. Aus dieser Sammlung erklärt sich auch einiges, was wir dann anschließend gemacht haben. Was auf den ersten Blick gar nicht so offensichtlich ist, aber ich will das jetzt nicht vorwegnehmen, ich komme nachher noch drauf. Es ging dann weiter, dass diese Schülerband auseinandergebrochen ist und ich mit Uwe irgendwie 'ne Band machen wollte. Wir hatten beide schon ein Faible für harte Sachen, er natürlich viel weiter gefächert aufgrund seiner Plattensammlung. Uwe kannte viel mehr als ich, ich habe mich da halt mehr oder weniger drangehängt. Von dieser Schülerband haben wir den Bassisten Hanno Bugge übernommen, mit dem wir dann auch 'nen Übungsraum bezogen haben, wo vorher die Bad Hersfelder Hardrockband Introduction geprobt hatte. Das war 'ne gute Band mit dem leider viel zu früh verstorbenen Bandleader Norbert Thannhäuser, der Gitarrist und Sänger war. Nebenbei, der "Hifi-Gärber" hat damals Bass bei Introduction gespielt.

Der Raum war dort, wo jetzt das Stadthaus steht, früher waren da Lagerhallen für Stoffe o.ä. In einem Keller, oder eher Kellerloch, hatten die sich einen Teil abgetrennt und wohnlich gemacht, in dem anderen Teil konnten wir üben. Das ging vielleicht so drei, vier Monate, und dann haben wir gemerkt, mit Hanno Bugge kommen wir nicht weiter. Er war ein lieber Kerl, aber konnte halt keinen Bass spielen. Uwe und ich haben uns als Anfänger sprunghaft weiterentwickelt, doch er kam nicht mit. Irgendwann sind wir da raus und haben durch Hanno einen Organisten kennengelernt, Ralf Kuhnt. Sehr guter Mann, mit dem wir dann an den Eisteich gezogen sind. (Für Ortsansässige: Heutiger Beginn des Schlippentals; Proberaum war im Stichweg, der zum Lappenlied führt. - tk) Auf der linken Seite stand ein kleines Häuschen, direkt an ein Wohnhaus drangepappt. Nachdem wir dort raus sind, wurde das übrigens gleich abgerissen; ich vermute aus Angst, dass jemand reingehen könnte, der wieder so einen Lärm macht. Im Wohnhaus, dessen Schlafzimmer direkt an unseren Übungsraum angrenzte, lebten ältere Leute. Ich weiß nicht, wie die das ausgehalten haben...

Es kam noch ein Rhythmusgitarrist dazu, Gerhard Meier aus Unterhaun, und so haben wir dort zu viert gespielt, alles noch ohne Bass. Damals sind schon Stücke entstanden wie "There Ain't No Running Away" - das damals "Hand Of Doom" hieß - "Doom Power" oder "Armageddon". Wir haben auch viel nachgespielt: "Born To Be Wild", "The Pusher", "Junior's Wailing" (ein Song, den wir eigentlich die ganze Zeit beibehalten haben, weil er uns ganz gut lag) und ein paar andere Sachen, an die ich mich gar nicht mehr so erinnern kann. Und irgendwann mal mussten wir ja sehen, dass wir einen Bassisten kriegen.

Ich hab' noch was vergessen: 1975 gab's den ersten Auftritt als Hand Of Doom, und zwar in einer ganz anderen Besetzung. Wir haben zu dritt gespielt, ohne Bass, im "Powerslide". Sagt dir das was?

Nö, nicht die Bohne.

Das war am Neumarkt, Ecke Brüdergasse, wo jetzt Dr. Rifai drin ist, früher war in dem Fachwerkhaus eine Disco. Vorher hieß es "Pop In(n)". Da gab es also einen Auftritt mit einem anderen zweiten Gitarristen, Helmut Imling. Uwe hat damals Plakate gemacht, und da tauchte der Name Hand Of Doom zum ersten Mal auf. Die Idee kam von Uwe, von dem alten Sabbath-Song. Er hat also das Plakat gemacht mit 'nem großen Vogel drauf und drüber stand "Soul Night im Powerslide". Wie die jetzt darauf gekommen sind, dass wir Soul spielen würden, ich weiß es nicht. Jedenfalls war es ein Riesenreinfall, reden wir nicht drüber. Zumindest war dies das erste Mal, dass der Name "Hand Of Doom" hier aushängig war. An diesem Abend war besagter rothaariger Bassist, den wir bald als Klaus kennenlernten, im Publikum. Später sprach Ralf Kuhnt ihn an, da wir ohne Bass nicht mehr weitermachen konnten.

Als er dann zu uns stieß, hat gleich die Bude gewackelt! Überhaupt wie er schon ankam: Zwei Tussen, links und rechts eine, und ein Sechserpack, das war sein schnoddriges Auftreten damals. Als Verstärker hatte er einen kleinen grünen Kasten, von dem ich bis heute nicht weiß, was da drin war, und über einen Lautsprecher im Pappkarton hat er Bass gespielt, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Die restliche Anlage, die wir hatten, sah allerdings auch nicht besser aus. Jedenfalls hat es gepasst mit uns und in dem kleinen Häuschen ging das ca. ein halbes Jahr. Danach sind wir umgezogen in die Wehneberger Straße, wo beim ehemaligen Lebensmittelgeschäft Kohlstädt noch heute das kleine weiße Kabuff steht, in dem wir geübt haben. Dort haben wir praktisch den gesamten Sommer verbracht, '75 muss das gewesen sein. Und in der Besetzung Uwe Ellenberger, Klaus Bode, Ralf Kuhnt, Gerhard Meier, Karl-Heinz Wehde hatten wir auch einen Auftritt zum Schulfest am Obersberg, das muss so eine Art Abschlussfest gewesen sein. Da war von Andreas "Iggi" Rößner überhaupt noch nichts zu sehen. Zum Schulfest, nun ja, ob wir da gespielt haben oder peng... Es war am Anfang schon so, dass wir mit unserer Musik bei Auftritten irgendwo ins Leere gelaufen sind, es hat irgendwie keine Socke interessiert.

Proberaum "Schusterhäuschen"

Das Verständnis untereinander war nun nicht das beste. Uwe Ellenberger ist ein schwieriger Charakter, wohl bis heute noch. Es kam ständig zu Brüchen, Auflösungen, Streit. Nach dieser Obersberg-Geschichte hat sich das Ganze erstmal aufgelöst.

Es gab damals drei Bands im Raum Hersfeld die einigermaßen öffentlich gespielt haben und zwar Slut, Introduction und Coronation. Nachdem sich Slut aufgelöst hatten, sind Sänger/Gitarrist Helmut Bodes sowie Sänger Hans-Martin Webert zu Hand Of Doom gekommen.

(spielt mir Aufnahmen dieser Besetzung vor, zeigt Bildmaterial)

Die beiden Slut-Leute hatten nach einem halben Jahr schon die Schnauze voll und wollten nicht mehr. Es hatte nicht ganz gepasst und im Prinzip war es auch besser so. Wir waren also mal wieder getrennt und dann passierte was Lustiges: Uwe Ellenberger wurde vom Veranstalter des Scorpions-Konzerts in der Bad Hersfelder Stadthalle, dem "Introduction-Gärber", angesprochen, ob er mit seiner Band das Vorprogramm gestalten wollte. Natürlich wollte er das! Das Problem war nur, wir lagen mal wieder überquer und Klaus und ich spielten zu der Zeit in einer anderen Band namens Lipstick. Mit dieser war dann geplant, Vorgruppe für die Scorpions zu machen, was sich jedoch auch zerschlug, da wir über den Tisch gezogen werden sollten. Dabei wollten wir noch nicht mal Geld haben, sondern nur ein Essen, aber selbst das war dem Veranstalter zu viel. Er drückte sich ungefähr so aus: "Dann fresst ihr für 20 Mark, das kann ich nicht machen." Damit waren wir draußen, obwohl er schon mit uns geplant hatte. Kurzfristig reaktivierten sie dann ihre Band Introduction, um das Vorprogramm der Scorpions zu gestalten.

Das ist ja ein Jammer im Nachhinein!

(schmunzelt/lacht)

Da haben die Scorpions also in der Stadthalle und nicht in der Jahnhalle gespielt, wie mir mehrfach erzählt wurde.

Genau, die meisten Konzerte fanden damals in der Stadthalle statt. In der Jahnhalle gab es mal Konzerte mit Ideal, Smokie und in den Sechzigerjahren eine Coca-Cola-Tournee mit verschiedenen Bands. Ansonsten, was Rang und Namen hatte, und damals war mehr los als heute, fand in der Stadthalle statt: Die Scorpions, Exception, Hardin & York, die Petards.

Zu dem Auftritt der Scorpions an sich kann ich sagen, es war nicht berauschend. Wenn wir damals ein bisschen besser beieinander gewesen wären und schon einen Sänger gehabt hätten - Iggi war ja noch nicht dabei - ich hätte vor den Scorpions keine so große Angst gehabt. Die Vorband hat teilweise besser geklungen als die Scorpions, muss ich leider so sagen.

Eben habe ich noch eins vergessen: Mein erstes großes Konzert, das ich gesehen habe, war UFO in der Stadthalle. Michael Schenker war gerade mal ein paar Wochen dabei, und ich kann dir sagen, es war eins der besten Konzerte, die ich bis dato erlebt habe, fantastisch! Das hat alles der damalige Impressario Frank Ulrich gemacht, der die ganzen Bands hierher geholt hat. Mit den Les Humphries Singers, die wohl mal in den 70ern in den Haunewiesen gespielt haben, hat er sich finanziell verhoben, was ihm das Genick gebrochen hat. Jammerschade.

Um nochmal auf die Scorpions zurückzukommen: Ich hab' sie ein paar Mal gesehen. Nach dem Hersfelder Gig bei der ersten Kiss-Tournee in Offenbach, dann auf dem Nürnberger Zeppelinfeld mit The Who, Molly Hatchet, Cheap Trick, AC/DC mit Bon Scott, die alle besser als die Scorpions waren. Und das größte, was ich live gesehen habe, waren die Scorpions mit Blackfoot im Vorprogramm in der Kasseler Stadthalle. Ach du lieber Gott, die Scorps haben sich ja sowas von blamiert! Blackfoot haben sie die Wände hoch und wieder runtergespielt, es war der Wahnsinn. Auf der anderen Seite haben die Scorpions unsere Ohren für die harte Musik auf internationaler Ebene geöffnet, und sie hatten mit Rudolf Schenker einen Mann, der die ganze Sache zusammengehalten hat, was uns gefehlt hat und woran wir letztlich auch gescheitert sind. Bei uns war keiner in der Lage, so eine Rolle zu übernehmen. Uwe hätte es als Vater des Gedanken machen können, doch er war wohl zu sehr mit sich und seinen Egos beschäftigt. So viel also rund um den Scorpionsauftritt, der durchaus mit Hand Of Doom hätte stattfinden können, allerdings ohne Iggi. Retrospektiv würde ich sagen, gut dass wir es nicht gemacht haben, denn dann hätte Uwe alles singen müssen, so dass wir uns mehr blamiert hätten als sonst irgendwas.

Dann stand aber auch schon Iggi vor der Tür, den Klaus wohl bei Formic Acid "weggecastet" hat. Und auch noch was anderes stand vor der Tür, nämlich die über den Ärmelkanal aus England rüberschwappende Punkbewegung. Und das hat uns zu etwa 75 % den Kick gegeben, die Sachen so zu spielen, wie wir sie im Übungsraum behandelt haben und wie man sie auch von der Platte her kennt. Nochmal, der Einstieg von Iggi und das Adrenalin, das die Punkbewegung freigesetzt hat, gab uns einen mächtigen Kick. 1976 gab es den ersten Auftritt mit Iggi, zu viert, in der Obersberghalle.

(zeigt dazugehörige Fotos, bekannt auch vom Rerelease; schenkt Tee nach)

Da war Iggi wohl auch ein bisschen geschminkt um die Augen...

Ja, ja, das war damals so usus. Alice Cooper hat wohl damit angefangen, Kiss haben es so richtig populär gemacht, und auch Leute wie Mick Jagger. So ein halbes Jahrzehnt ging dann ohne Schminke ja auch nichts mehr.

Wir sind dann wieder zurück in den Übungsraum am Eisteich gezogen, weil das "Schusterhäuschen" gekündigt war. Ende '76, Anfang '77 kam Ralf Rossbach dazu und beim ersten Auftritt mit ihm beim Schulfest auf dem Obersberg wurden die Stücke schon in der heute bekannten Fassung mit anständig Dampf dahinter gespielt. Nach einer zwangsweisen Pause von fast einem halben Jahr, als ich krank war, ging es dann weiter mit dem Gig in Eschwege, von dem es die Liveaufnahmen gibt. Eigentlich ist es schade, dass gerade dieser Auftritt getapet wurde, denn es war einer unserer schlechtesten. Doch es war der einzige, bei dem wir je über PA gespielt haben. Wir haben damals eine Anlage gehabt, in die heute eine Schülerband nicht reinrülpsen würde. Ein 100-Watt-Verstärker und zwei selbstgezimmerte Boxen von Uwe bildeten die Gesangsanlage. Mir ist bis heute ein Rätsel, wie Iggi sich mit seinem Gesang gegen den Lärm der Instrumentalisten durchsetzen konnte, dabei hört man ihn auf den Proberaumaufnahmen ja eigentlich klar und deutlich. Die Instrumentalanlagen waren so weit okay, aber gesangstechnisch war es unter aller Sau. Kein Hall, keine Effekte, nichts, und so hört sich das teilweise dann auch an.

Um auf den Eschwege-Gig zurückzukommen: Man wundert sich vielleicht, dass ein Stück wie "There Ain't No Running Away" nicht dabei ist. Wir haben mit diesem immer angefangen und es ist auch in Eschwege getapet worden, allerdings war Uwes Gitarre derart verstimmt, du würdest weglaufen, wenn du es hören würdest. Und beim zweiten Stück "Doom Power" war seine Gitarre immer noch verstimmt, wahrscheinlich hat er es gar nicht gerafft. Mitten im Stück fing er dann an zu stimmen - wir waren total perplex und mussten abbrechen! So ging das Konzert also los. Wir haben uns dann wieder gefangen, während es den zwanzig Leuten, die zu jedem unserer Konzerte mitkamen, egal war, die haben jede Menge Lärm gemacht. Wir haben es rumgekriegt und Gott sei Dank ist es aufgenommen worden, denn das ist das einzige Live-Material aus dieser Zeit. Zwei Tage danach haben wir beim Sommerfest der hier stationierten Amis gespielt, was das Publikum auch nicht groß interessiert hat. Einen ganz guten Auftritt vermachten uns die damaligen Fans im Bürgerhaus Hohe Luft.

(zeigt Fotos vom Hohe-Luft-Gig)

Der VW-Käfer mit fettem "Doom-Staffel"-Schriftzug war wohl von eurem Fanclub?

Ja, der war von Kenneth Reuber, der heute auf dem Wehneberg wohnt. Das war übrigens die Zeit, in der wir viel im "Zigeunerkeller" waren, die ganze Band außer Iggi, für den es von außerhalb schon problematisch war, zum Üben und wieder heim zu kommen. Vorher war das "Antek" in der Wallengasse unsere Stammkneipe. Im "Keller" waren wir dann bestimmt zwei, drei Mal die Woche. Das lief damals noch unter deutscher Ägide, war immer gut besucht und es lief gute Musik. Hand Of Doom sollten dort auch mal spielen, wir hatten sogar schon aufgebaut. Und zwar war das nach der Plattenaufnahme, als Iggi nicht mehr dabei war und wir eine zeitlang zu dritt tätig waren. Das Konzert war auch in der Zeitung angekündigt. Vom Kneipenraum gab es damals noch eine Verbindung zum Café Bolender oben drüber, welches damals der "Otto" hatte, den wir so nannten, weil er halt aussah wie Otto. Wir hatten kaum die ersten Töne beim Soundcheck gespielt, da kam er schon an: "Ich habe da einen ganzen Bus voller Kurgäste, die hauen mir alle ab. Also Jungs, packt ein!" Da war der Käs' gegessen. So haben wir den ganzen Abend frei gesoffen, war auch ganz lustig.

Das waren also diese drei Auftritte mit Ralf Rossbach... Der letzte war der bei den Amis, wo wir uns wieder gestritten haben wir die Kesselflicker. Danach sind wir uns erstmal ein halbes Jahr aus dem Weg gegangen und das war's eigentlich gewesen. Das war nämlich der Zeitpunkt, als uns alles auf den Senkel ging. Nicht nur mir sondern auch Klaus, und Iggi sowieso. Während zwischen uns Funkstille war, habe ich so ein paar andere Sachen gemacht, wie ich auch bis zum heutigen Tag nie aufgehört habe zu spielen.

Interessanterweise habe ich dann zusammen mit Iggi bei Neckermann in der Breitenstraße gearbeitet, er als Plattenverkäufer, ich unten in der Werkzeugabteilung. Irgendwann kam er an und meinte: "Du, Charly, ich habe vor, mit der Gruppe Hand Of Doom eine Platte zu machen." Das kam für mich wie aus heiterem Himmel. Uwe wurde dann irgendwie eingeweiht, alles war wieder Friede, Freude, Eierkuchen, wir wollten das also machen. Wir haben überlegt, ob wir das zu fünft oder zu viert machen, hierzu ein paar Anmerkungen zu Ralf Rossbach: Seine Aufgabe bei Hand Of Doom war Rhythmusgitarre und evtl. mit Uwe ein paar doppelstimmige Solosachen zu spielen. Dabei war die Rhythmusarbeit nicht unbedingt seine Stärke, d.h. wenn wir die Aufnahmen mit ihm als Rhythmusgitarristen gemacht hätten, wäre das Ganze ziemlich schwach ausgefallen. Mittlerweile hat er sich bestimmt weiterentwickelt, aber damals war es so, dass er ein hervorragender Sologitarrist war und Uwe darin in nichts nachstand, aber es hat rhythmisch bei ihm gewackelt. Und Uwe war damals schon der viehischste Rhythmusgitarrist, mit dem ich je zusammen gespielt habe. Er hatte es einfach drauf, und dazu kam noch, dass es zu 90% seine Stücke waren. Also haben wir uns dazu entschlossen, die Sache zu viert durchzuziehen. Es war von vornherein so geplant, dass die ganze Schaffensperiode dokumentiert werden sollte. Es war uns schon klar, dass es nichts werden würde, womit wir groß rauskommen konnten. Es sollte was für uns, für Freunde und Bekannte sein, und wenn wir noch ein paar Platten würden verkaufen können, um die Kosten reinzukriegen, umso besser.

 Jetzt mussten wir üben, nur wo? Es blieb nichts anderes übrig, wir mussten zunächst mal zu Andreas "Iggi" Rößner nach Eitra. Bei ihm im Keller haben wir einmal geübt. Dazu folgende Anekdote: Seine Eltern waren beide Pädagogen, und nachdem wir da unten fertig waren und hochgingen, seine Mutter hatte wohl schon fluchtartig das Haus verlassen, da stand sein alter Herr vor ihm, schüttelte mit dem Kopf - das werd' ich meinen Lebtag nicht vergessen - und sagte: "Du kannst ja gar nicht singen. Was du da machst, ist ein ständiges Geilsein." - Auf dem Bonusmaterial der Neuauflage ist ja dokumentiert, wie er vor der Plattenaufnahme gesungen hat, das war schon extrem. Dann haben wir in einem Rohbau gegenüber dem Rößner-Haus zwei, drei Mal geübt. Es war Sommer, kein weiteres Haus drumherum, so dass wir dort niemanden gestört haben. Danach sind wir in das Motorradgeschäft Döll mitten in die Stadt gezogen, heute ist dort das Geschäft Rössing, gegenüber des Stadthauses. Da haben wir inmitten von 50, 60 Maschinen die Proben für die Platte gemacht. Es gestaltete sich mit Iggis Gesang dann so heftig, das wir einschreiten mussten. Ich habe damals bei Neckermann in der Mittagspause mal unsere Aufnahmen angehört, als der Chef reinkam: "Gehe ich recht in der Annahme, dass das der Rößner ist?" "Ja, das ist Andreas." "Sagen Sie mal, Herr Wehde, seid ihr damit schon mal irgendwo rausgeflogen?" - Wir haben es dann auf diplomatischem Weg irgendwie geschafft, ihn so ein bisschen einzubremsen, da er sonst alles gesprengt hätte. Man hört ja auch, dass er sich dann so ein bisschen zurückgenommen hat.

Zu dem Stück "The Meanest Man": Es ist nicht so, dass Iggi es nicht singen wollte, er durfte es nicht singen. In dem Stück kommt das Wort "obey" vor, und über dessen richtige Aussprache haben sich Iggi und Uwe, von dem das Stück inkl. Text war, so gestritten, dass sie sich nicht einigen konnten. An besagtem Tag haben sie sich so in die Wolle bekommen, dass wir dachten, es fliegt uns wieder alles um die Ohren und das Projekt ist geplatzt. Sie haben sich dann doch irgendwie geeinigt und einen Deal gemacht. Wenn ich micht recht erinnere, sollte Iggi dafür, dass er die Nummer nicht singt, ein zweites von ihm geschriebenes Stück auf die Platte kriegen, was dann "Poisonoise" war. Es stand ja damals noch kein Name für das Projekt fest, wir haben erstmal nür dafür geübt. Beim Proben war Iggi wohl schon klar, dass er nach der Plattenaufnahme keine Lust mehr haben würde weiterzumachen (was wir anderen nur andeutungsweise erahnen konnten). Er hat damals schon andere Sachen gehört und einen weiteren Horizont gehabt als wir; außerdem hat er klarer gesehen, dass es mit Uwe über kurz oder lang schwierig sein würde, zusammenzuarbeiten. Er hat sich bei der Plattenvorbereitung zurückgehalten, um nicht zusätzlich böses Blut in die Sache hineinzubringen.

So sind wir dann streitenderweise in einem alten Ford Transit nach Delmenhorst aufgebrochen, um in viel zu kurzer Zeit von drei Tagen - unser Budget gab nicht mehr her - die Aufnahmen durchzuziehen. Die Basistracks hatten wir relativ schnell auf Band, was mir heute leid tut, denn da sind Timingprobleme drin, und manche Sachen hätte man anders spielen können. Aber es hat ganz einfach die Zeit gefehlt, um das vernünftig zu machen, und so wurde es hingerotzt. Eine Woche mehr und die Sache hätte anders ausgesehen. Lustigerweise waren Uwe und Iggi in einem Zimmer untergebracht, Klaus und ich in einem anderen. Vor der Bettruhe kam dann mal der Anruf von Uwe: "Sagt mal, tobt bei euch auch so 'n nackter Affe durchs Zimmer?" Iggi war halt so. Nach den Aufnahmen sollte irgendwann wieder gespielt bzw. geübt werden, und dann hat Iggi gesagt: "Jungs, mit mir nicht mehr!"

Also war euch das nicht schon vor der Plattenaufnahme klar?

Uns nicht, ihm schon. Und im Rückblick betrachtet, hat er recht gehabt, denn alles was danach gekommen ist, hat mit der Sache Hand Of Doom herzlich wenig zu tun gehabt. Wir hätten konsequenterweise auch sagen müssen, das war's gewesen. Wer hätte das Zeug singen sollen? Uwe konnte es nicht, Klaus, der später ganz gut singen konnte, war gesangstechnisch noch nicht so weit.

Es hat länger gedauert, bis die Platte dann gepresst war. Uwe ist nicht in die Gänge gekommen und hat die Bänder ein halbes Jahr auf dem Schreibtisch liegen gehabt, ohne sich um irgendwas zu kümmern. Als es dann doch damit geklappt hat, wollten wir auch mal wieder live spielen, und so kam es zu einem Auftritt im "CC" in Heringen.

(zeigt Bilder und einen Zeitungsartikel aus der HZ, in dem auch die LP beworben wird)

Im Artikel steht natürlich eine faustdicke Lüge drin, der Text ist vom "Langen" gewesen. Es steht drin, dass Iggi gehen musste, was totaler Schwachsinn ist. Wie gesagt hatte er die Zeichen der Zeit erkannt und von sich aus aufgehört.

Über dich steht dort "Schlagzeug und Gesundheitsmüsli"...

Ich war ja mal 'ne Zeit lang krankheitstechnisch "außer Dienst", und so wurden dann entsprechende Späßchen gemacht.

Nach diesem "grandiosen" Konzert - es war fürchterlich - haben wir in selbiger Besetzung nochmal gespielt, in Haunetal-Neukirchen und wieder zu dritt, das war dann ganz gut, auch wenn keine Socke da war. Im Gegensatz dazu war das "CC" ja voll, wobei die Leute tatsächlich auch unseretwegen gekommen sind.

(zeigt Bilder von Neukirchen, spielt Übungsraumaufnahme der Dreierbesetzung vor)

Dieser Song hier hätte auch gut auf die LP gepasst, war aber damals noch nicht existent. Das war also diese Dreierbestzung, in der wir zweimal gespielt haben. Dann setzte auch bei Klaus und mir immer mehr die Erkenntnis ein: Es macht keinen Spaß mehr. Uwe wurde immer schwieriger, und es war der Punkt erreicht, an dem du gar nicht mehr gern zum Üben gegangen bist. Die Musik hat schon noch Spaß gemacht, aber das Zwischenmenschliche hat nicht mehr gestimmt, was zwar schon vorher der Fall war, doch es wurde immer extremer. Wir hätten gern weiter diese Musik gemacht, doch das Problem war, dass es für Uwe in dieser Gegend hier einfach keinen Ersatz gab. Es gab wohl brauchbare Gitarristen, aber die wären nie auf die Idee gekommen, Hardrock machen zu wollen. Wenn wir früher schon jemanden gefunden hätten, hätte es wohl mit Uwe auch nicht so lange gehalten.

Es gab eine Band mit jungen Musikern, die sich Brain Damage nannte und ihren ersten Auftritt im "MP" hatte. Sie haben richtig schönen Heavy Metal in Richtung Priest / Saxon gemacht mit göttlichem Gesang. Klaus und ich hatten auf die Jungs bereits ein Auge geworfen. Beim Konzert waren wir vor Ort, wo wir übrigens öfter anzutreffen waren, da der DJ einer der wenigen war, dem unsere Platte ganz gut gefallen hat. Immer wenn er eine von uns Nasen gesehen hat, spielte er ein Stück davon. Iggi war an dem Tag auch aus Marburg da und ich hatte den DJ vorher geimpft: "Wenn er hier ist, spiel doch mal "Heavy Mad Head", dann freut er sich wie ein Schneekönig." Er hat ihn sogar persönlich begrüßt, Iggi konnte es gar nicht glauben und wurde immer größer da drin.

Das Konzert war also richtig gut, und irgendwann, als Uwe mal nicht da war, haben wir mit Gerhard Ferraro - Gitarrist, Sänger und Songwriter - was zu dritt gemacht. Unser Übungsraum war dort, wo heute die Firma Kirchner ist, früher war da ein altes Gestüt, und über den Pferdeställen war eine nicht mehr genutzte Wohnung, die wir uns hergerichtet hatten. Und siehe da, es hat mit uns dreien ganz gut geklappt. Das war der Anfang vom Ende mit Uwe Ellenberger. Zu Uwe muss ich sagen, er war ein ganz talentierter Junge, nicht nur was das Gitarre Spielen betrifft. Er konnte auch gut zeichnen, über die Karikaturen hättest du dich kringelig gelacht. Er hat dich gesehen und konnte dich sofort auf Papier bannen, ein unheimliches Talent! Er hatte auch viel Witz, den er allerdings nicht im Zaum halten konnte, was Klaus und mich ziemlich angepisst hat. Dazu hat der Junge tolle Stücke geschrieben, auch viel abgeschrieben aufgrund seiner großen Plattensammlung. Wenn du dir mal "There Ain't No Running Away" im Vergleich zu alten Uriah-Heep-Stücken wie "Look At Yourself" anhörst, weißt du, wo es herkommt.

Iggi sagte was von wegen "Pennälertexten", die Uwe gemacht habe. Nee, da muss ich ihm vehement widersprechen, in meinen Augen und Ohren ist das Lyrik. Er hat sich wohltuend von einigen internationalen Hardrockkapellen durch seine guten Texte unterschieden, basierend meistens auf Geschichten des Kollegen Lovecraft. Zumindest seine frühen Werke wurden zum Großteil inspiriert von Lovecraft, Poe, Hodgson, Arthur Machen und Blackwood. Und die Texte haben Hand und Fuß und sind auch nicht grammatikalisch falsch, wie Iggi meint. Teilweise sind sie schon gemeingefährlich, Beispiel "The Meanest Man": Da gibt's ein Buch von einem österreichischen Zuhälter namens "Der Minus-Mann", was auf englisch etwas komisch klingt, daher der leicht abgeänderte Titel. Ich kann dir sagen, das ist kein schönes Buch. Das ist die beklemmende Lebensbeichte eines Ganoven, der seit frühester Jugend kriminell war und den Großteil seines Lebens im Gefängnis verbracht hat. Diesen Vogel hab' ich sogar mal in einer Fernsehdiskussion zum Thema Zuhälterei gesehen, wo er sich mit einem Hamburger Typen die Bälle zugespielt hat. Er ist nicht dumm und hat durchaus was in der Birne, ist aber total verkommen.

Hier hab ich 'nen Text aus der Nach-Rößner-Zeit, darin geht es um den Vampir von Hannover, wozu es auch einen Film mit Götz George gibt, "Der Totmacher". Es geht um Harmann, einen Massenmörder aus den Zwanzigerjahren, von dem behauptet wird, er habe das Fleisch seiner Opfer gegessen. Das hat Uwe mal in Lyrik umgesetzt. Die Themen waren halt ziemlich düster...

Passt aber immerhin zu einer Band, die sich Hand Of Doom nennt.

Auf die Texte wurde großer Wert gelegt, und das war auch gut so. Auch Iggis beide Stücke auf der Platte, "Poisonoise" und "Heavy Mad Head", hatten Hand und Fuß.

Wir haben dann also weitergemacht mit Jürgen Preßler, Rhythmusgitarrist aus Spangenberg, und Gerhard Ferraro, später besser bekannt als "Schlagerstar" Franco Ferraro.

(zeigt Bilder, spielt Übungsraumaufnahmen an)

Das war dann schon mehr von Bands wie Priest und Saxon beeinflusster Metal.

Hast du dann auch Texte geschrieben?

Ja, allerdings nicht so gut wie Uwe, dazu hat mir das Talent gefehlt.

(zu einigen Fotos:) Das war auf der Burg Herzberg, da haben wir ein Video gedreht, sogar mit Burgfräulein.

Heute weit und breit kein Rock 'n' Roll mehr: die Mauer am Eisteich

Ich spiel dir jetzt mal 'ne Studioaufnahme vor, aber nicht erschrecken, das war ziemlich weichgespült. Wir haben das absichtlich kommerzieller gehalten, so lief das Stück auch mal im HR bei einer Nachwuchssendung. Das ist aus dem Jahr '82; insgesamt haben wir drei Stücke im Studio aufgenommen. Es war ein hartes dabei, "Long Long Journey" (spielt Übungsraumaufnahme vor) - das ist von Scorpions' "The Zoo" inspiriert. Nicht nur Uwe konnte abschreiben, sondern auch sein Nachfolger.

Wer hat zu der Zeit die Stücke geschrieben?

Gerhard Ferraro, das konnte der gut. Vom Komponieren her stand er Uwe Ellenberger eigentlich in nichts nach. Er hat es auch verstanden aus allem, was er so gehört hat, die Essenzen rauszuziehen und für sich zu verwerten. Aber es ist ja eh alles schon mal dagewesen.

In der Besetzung haben wir dann relativ oft gespielt, es waren wohl sechs Auftritte. Zwei- oder dreimal bei den Rockers - Hell's Henchmen, Cracks oder wie sie alle hießen.

Irgendwann ist Gerhard Ferraro dann auch abgesprungen, denn er wollte mit der Musik richtig Geld verdienen. Er hätte bestimmt auch das Talent gehabt, war allerdings ein ziemlicher Chaot, so dass daraus nichts geworden ist. Er hat es nicht auf die Reihe gekriegt, seine Skills richtig einzusetzen. Im Prinzip die gleiche Geschichte wie bei Uwe. Der könnte heute ganz anders dastehen, wenn er seine Fähigkeiten halbwegs in die richtigen Kanäle geleitet hätte und nicht privat so abgefahren wäre. Das war's im Prinzip...

Danach haben wir es noch mit anderen Leuten versucht, auch wieder mit dem zwischenzeitlich ausgeschiedenen Klaus, das hat sich von '83 bis '86 hingezogen. Das hatte mit Hand Of Doom jedoch nur noch den Namen gemeinsam, wie du eben selbst anhand des "Metal-Zeugs" gehört hast. Den Namen haben wir genommen, weil es die LP gab und wir noch "They Who'll Creep At Night" und "There Ain't No Running Away" spielten; die zwei Nummern kannte hier eigentlich jeder. Dabei hätten wir konsequenterweise nach dem Ausstieg von Iggi die Sache beerdigen können. So haben wir uns bis ins Jahr 1986 weiter rumgequält.

Habt ihr dann auch noch Auftritte gehabt?

Ja, nach dem Ausstieg von Gerhard Ferraro gab's Auftritte im Heeneser Bürgerhaus, im evangelischen Gemeindezentrum und bei einem Rockertreffen. '84 oder '85 müsste der letzte gewesen sein.

Da hab' ich euch knapp verpasst, denn kurz danach kam meine Karriere als Konzertgänger erst langsam ins Rollen. Aber da wart ihr ja eh nicht mehr die wirklichen Hand Of Doom...

Den Namen haben wir mehr aus Gewohnheit beibehalten, da wir uns nicht bei jedem neuen Bandmitglied umbenennen wollten. Wie gesagt hätten wir schon nach Iggis Abgang Hand Of Doom beerdigen sollen.

Ein Fan aus der Schweiz meinte vor wenigen Jahren, es war eine kleine Tragödie, denn es hätte eigentlich schon ein bisschen mehr herauskommen müssen. Angesichts der Umstände war es aber schon ein Wunder, dass wir wenigstens die LP zustande gebracht haben, sonst hätten wir heute nichts außer ein paar alten Kassettenaufnahmen.

Um nochmal auf die damalige Szene zu kommen: Man konnte damals bessere und interessantere Bands sehen. Da diese sehr viel eigene Sachen gemacht haben, war es allerdings schwierig, ein Publikum dafür zu finden.

Was ja noch heute so ist, wo die Leute viel eher zu den Cover-Bands gehen, als wenn eigener Kram gespielt wird.

(spricht über die Travellin' Band (CCR-Cover), in der er gespielt hat, u.a. mit Dirk Licht)

Kannst du noch was zu deiner musikalischen Karriere nach Hand Of Doom sagen?

Da kam viel Tanzmusik, womit ich mich auch finanziell so ein bisschen aus dem Sumpf gezogen habe, da ich 'ne Weile keine Arbeit hatte, bevor ich beim DRK gelandet bin. Das war 'ne schwierige Zeit, und als Verwaltungsangestellter ohne Parteibuch und ohne Beziehungen war und ist es in Bad Hersfeld schwierig, eine Stelle im Öffentlichen Dienst zu bekommen. Durch Zufall bin ich über eine Zeitungsanzeige an einen Alleinunterhalter gekommen, der einen Schlagzeuger mit Gesang gesucht hat. Mit dem konnte ich zweimal die Woche spielen, so dass ich nicht weniger Geld hatte als heute, aber dafür mehr Freizeit. Die Musik, die ich spielen musste, war allerdings schlimm, und ich konnte das Ganze auch nur mit viel Alkohol über die Bühne bringen. Wenn das so weitergegangen wäre, wäre ich heute bestimmt nicht mehr hier, weil ich mich auf irgendeinem Nachhauseweg garantiert gewickelt hätte (deutet einäugiges Fahren an).

Dann gab's die erwähnte Travellin' Band, dann Dr. Doom mit Klaus zusammen, da haben wir Rhythm 'n' Blues gemacht. Wobei das "Doom" von Hand Of Doom kam und das "Dr." von Dr. Feelgood, was wir beide gern gehört haben und immer noch tun. Dort haben wir mit Burkhard Steinke zusammen gespielt, der heute bei Streamline ist. Das war das letzte musikalische Projekt, das ich mit Klaus gemacht habe, seitdem schweigen die Gewehre, bei ihm zumindest.

Nach der Travellin' Band bin ich bei den Heartbeats gelandet, eine 60er/70er-Popgruppe, wo ich auch heute noch bin, wir spielen so 10-15 mal im Jahr. Bei Ismet sind wir öfter aufgetreten, wo ich auch mit den inzwischen aufgelösten Barrock gespielt habe.

Wie es zum Reissue kam, erzähle ich dir noch: 2006/2007 hatte ich immer mal so Anrufe: "Bist du derjenige, der bei jener Band gespielt hat?" Keine Ahnung, ob sie die anderen nicht erreicht haben, oder ob sie zufällig immer bei mir gelandet sind. Ich hab' mir da auch gar nichts dabei gedacht. Dem einen hab' ich mal ein paar Platten zugeschickt, das war ein Schweizer, mit dem ich auch noch längeren Briefkontakt hatte. Und einer von denen war Andreas Neudert, das war 2004, der hat mir diese CD gebrannt, wo die Outtakes bzw. Übungsraumaufnahmen drauf sind, die ich dir eben vorgespielt habe. Über Andreas Neudert ist wohl auch der Kontakt in die USA zustande gekommen, wobei ich aber nicht weiß, ob er direkt mit Shadow Kingdom Records in Kontakt war. Jedenfalls bin ich dann über die Barrock-Webseite gesucht worden. Ich habe dem Typen gemailt, woraufhin er schrieb, dass er daran interessiert sei, die Scheibe neu aufzulegen. Es kam auch gleich zur Sprache, dass wir das in erweiterter Edition machen wollten, womit ich gleich einverstanden war. Das Problem war nur, dass ich kurz darauf Mitte 2008 eine Kur antreten sollte und mich so um nichts kümmern konnte. Iggi, der die Mastertapes hatte, hat sich Gott sei Dank bereit erklärt, die Sache in die Hand zu nehmen, und er hat das dann auch gut hingekriegt. Die Outtakes sind alle aus seinem Archiv. So kam es, dass Uwe vermutlich nichts davon mitbekommen hat, zumal keiner weiß, wo er steckt. Das letzte Lebenszeichen von ihm war praktisch ein gemeinsamer Jam vor etwa drei Jahren.

Stimmt es, dass du noch einige Exemplare der Originalscheibe im Keller hast?

Ich habe noch welche, allerdings auf dem Dachboden. Bei einer letzten Transaktion habe ich sechs Stück für umgerechnet jeweils 20 Euro weggegeben in Unkenntnis der Tatsache, dass sie damals vor dem Rerelease eigentlich 100 Euro wert waren. So gesehen hätte ich mit dem Verkauf von fünf Platten im Grunde unsere damaligen Kosten von 1000 Mark pro Mann raushaben können. In den Neunzigern hatte der Malibu-Versand mal aufgefordert, "selbstgeschmiedete Dröhnewerke" zu schicken, was ich auch gemacht habe. So konnte ich 20 Stück zu jeweils zehn Mark verkaufen.

Ein Exemplar mit Textblatt hast du nicht zufällig?

Nein, hab' ich auch nie besessen. Wenn ich mich jetzt hinsetzen und die Zeit nehmen würde, ich kriegte die Texte schon irgendwie zusammen (zitiert den Anfang von "There Ain't No Running Away"). Also, wenn da Interesse besteht, das könnte ich schon machen. (Ja, schon!)

(Ich erzähle ihm von dem Vorhaben einiger Vogelsberger Metaller, die sich nach Anfixung durch Dieter "Ditze" Bröhm vergeblich versuchten, Hand Of Doom zu covern, da niemand wirklich die Texte heraushören konnte.)

Diesen Gesang zu covern, dürfte allerdings schwierig sein. Es ist wirklich schade, dass ich diese Aufnahmen zur Vorbereitung der LP nicht mehr habe. Wenn du das hören würdest... Es ist nicht zu beschreiben, was Iggi sich zurechtgeschrien hat. Es war bestimmt nicht böse gemeint und auch nicht zu seinem Nachteil, dass wir ihn so ein bisschen eingebremst haben. Sein Vater, den ich eben zitiert habe, hat das ganz richtig getroffen. Diesen Gesang hinzukriegen, dürfte wirklich schwierig sein. Wobei, es gibt hier so einen Schreihals - kennst du die NoNotes?

Sicher.

Das geht so in die Richtung.

(Gespräch über Accept, NoNotes, Scorpions, Motörhead, Sex Pistols, Heeps "Look At Yourself" als Einfluss für "There Ain't No Running Away", Mix-CDs mit HoD + New York Dolls + Dictators + The Godz...)

(spielt mir Neudis Remix von "They Who'll Creep At Night" vor, dann die New York Dolls und die Dictators)

Die Idee, dass die NoNotes mal ein Hand Of Doom-Stück covern sollten, ist vielleicht wirklich gar nicht so abwegig...

Das ist für mich 'ne Band, die so auf der Schiene weitermacht, die wir damals auch gefahren sind, nur dass sie halt viel mehr covern.

[...] Wenn ich mir überlege, wie schwierig es zu Hand Of Doom - Zeiten war, mal jemanden zu finden, der Fotos gemacht hat, von Tapedeckaufnahmen im Übungsraum ganz abgesehen, oder gar mal 'nen Super-8-Film - das war außerhalb der Vorstellung. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, wo fast jeder 'ne Digicam oder ein entsprechendes Handy dabei hat. Oder auch das Equipment: Es würde heute keine Schülerband mehr darüber spielen, was wir damals hatten, dabei war es sauteuer. Ich habe damals eine Ausbildung zum Installateur gemacht, wofür es in den Ausbildungsjahren zwischen 280 und 300 DM im Monat gab, während ein paar gute Becken 500 DM gekostet haben, wovon ich ja gleich drei oder vier Stück brauchte, und da hatte ich immer noch kein Schlagzeug, Das Zeug kriegst du heute in besserer Qualität wesentlich günstiger.

Was ich halt heutzutage ein bisschen vermisse, ist die Seele. So gut die heutigen Aufnahmen auch sein mögen... Das klingt alles nicht mehr nach Schlagzeug, ich höre da nur noch "Patsch-bumm". Bei alten Alice-Cooper-Aufnahmen hingegen höre ich, der spielt auf 'ner Snare, und ich höre einen Unterschied zwischen Crashbecken 1 und Crashbecken 2. Heute ist alles nur noch zugedeckt, ein einziger Soundbrei.

Die heutige Aufnahmetechnik ist einfach nichts mehr; die Bands sind natürlich schon klasse. Das ist halt der Hauptgrund, warum ich mir neue Sachen gar nicht mehr gern anhöre, weil sie halt so blöd aufgenommen sind (nennt aufgepimpte ZZ Top-Scheiben als abschreckendes Beispiel).

(nochmal über Hand Of Doom sinnierend:) Nix anderes als 'ne Schülerband waren wir. Wir waren zwar länger zusammen, aber von dem, was wir an Auftritten geleistet haben und wie es so innerhalb der ganzen Geschichte war, war's wirklich nicht mehr als 'ne Schülerband.


Spezialdank an  Charly, auch für die Bilder. Großes Bild von Iggi.

Extraspezialdank an Ditze für die Initiation.

Tofukeule, Juli 2011

Interview (Teil 1)

The Hand Of Doom - Die Story

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