Irgendwie wurde unsereins ab Mitte des
Sommers ja noch rechtzeitig bei Laune gehalten, trotzdem war
natürlich ne Menge Urlaub und ganz viel Energie übrig.
Passenderweise lockten plötzlich zwei vielversprechende Konzerte
an einem Wochenende in Berlin.
|
Wie kaum anders zu erwarten, wurde die
Show von Atlantean Kodex auf unbestimmte Zeit verschoben, aber
der Doom sollte stattfinden! Um die Sache rund zu machen, sollte
es anschließend noch einige Tage in die Sächsische Schweiz
gehen, lag ja quasi fast auf dem Weg.
|
Entspannt am späteren Vormittag starte
ich zu meiner ersten Bahn-Fernreise seit einem geschlagenen
Jahr. Der ICE ist ungefähr so voll besetzt wie aus früheren
Zeiten gewohnt, nur die ganzen maskierten Gesichter erinnern
daran, dass ja irgendwas anders ist. Trotz längeren Aufenthalts
in Erfurt bin ich nach 3,25 Stunden schon in Berlin, eine zügige
Angelegenheit. Mit der S-Bahn geht's dann weiter nach
Friedrichshain, die eigentlich befohlene FFP2-Pflicht im
Nahverkehr scheint zum Glück nicht sonderlich ernst genommen zu
werden. In meinem Kiez-Hotel darf ich um 14:30 h noch nicht
einchecken, also lass ich mein Gepäck dort und eiere ein
bisschen durch die noch eher verpennt wirkende Gegend auf der
Suche nach einem Plätzchen zum Niederlassen. In der Außengastro
an der Straße gibt's schließlich drei Flens vom Fass, bevor ich
dann auch mein sehr gemütliches Comfort - Einzelzimmer beziehen
kann.
|
Gegen den aufkommenden Hunger werfe ich
alsbald einen üppigen Falafel-Teller ein, bevor ich zu Familie
Keck am Hackeschen Markt fahre. Dort sind die Tische draußen
weitgehend belegt, meine Freunde haben sich im Inneren was
gesucht. Taina begeht heute runden Geburtstag! Lang schon haben
wir uns nicht mehr getroffen, aber danach fühlt es sich gar
nicht an. Nach Begrüßung und Bescherung hängen wir bei einigen
Getränken nett zusammen ab, Norman und ich kommen irgendwann auf
einen Cocktail namens Hemingway, der uns gut zu Gesicht steht.
Ein größerer Exzess bleibt erwartungsgemäß jedoch aus, und so
verabschieden wir uns am späten Abend bis zum nächsten Tag. Der
Fußweg zu meiner Station mit Dom und Fernsehturm vor der
Ladichte versprüht tatsächlich was von Weltstadtflair, gegen
Mitternacht bin ich schon zurück im Hotel.
|
Zum Start in den Samstag besuche ich das
"All About" in der Rigaer Straße, wo mir eine nette Bedienstete
Tee und Pancakes serviert. Schnell wird es Mittag, und ich
begebe mich bei eher feuchtem Wetter zum Bahnhof Zoo, wo unter
anderem die Freie Linke zu einer Demo für Frieden und Freiheit
aufgerufen hat. Da mir die einsehbaren Banner und die Leute
weitgehend zusagen, schließe ich mich nach kleinem Umweg an.
Abgesehen von ganz vereinzelten Teilnehmern fühlt es sich nach
einem kritischen, tendenziell linken Aufzug von vielleicht 400
Menschen an, mit dem ich mich zwei Stunden lang durch die
Straßen bewege. Unverhältnismäßig viele Ordnungshüter begleiten
uns, stoppen die Demo hin und wieder und greifen sich scheinbar
willkürlich manchmal Einzelne raus, es ist schon interessant.
Die angeordnete Maskenpflicht wird offensichtlich zu
Gängelungszwecken genutzt, denn ein tieferer Sinn lässt sich an
der frischen Luft mit viel Auslauf nun mal nicht erkennen. Nicht
weit vom Schloss Charlottenburg ist dann Schluss, eine
anberaumte Kundgebung kommt nicht recht in Gang, so dass ich
mich langsam entferne, um mich mit einem veganen Döner-Teller zu
stärken. Am sehr frühen Abend mache ich mich nun auf den recht
weiten Weg nach Marzahn, eine Tram-Linie bringt mich ohne
Umstieg nahe ans Ziel. Dort ist es erstmal gar nicht einfach,
das letzte Stückchen Fußweg anzugehen, aber nach einigem Hin und
Her finde ich das eigentlich kaum zu übersehende ORWO-Haus, ein
recht abgeschieden stehender, einladend runtergekommener
Plattenbau. Am Einlass drückt mir Veranstalter Tom einen
Flachmann Korn in die Hand, welch schöne Begrüßung! Nebst
Familie Keck gibt es dann herzliche Begrüßungen mit dem
B.S.T.-Tross und der einen oder anderen weiteren nicht
unbekannten Nase. Da auch die Thekendamen gute Laune verbreiten,
herrscht hervorragend gelöste Stimmung unter den paar Dutzend
Doom-Connoisseuren. Mit der Mucke geht's auch bald los, die
Lokalmatadore Kalibos machen den Anfang. Die Band ist mir bis
dahin gänzlich unbekannt, lässt es aber gleich ordentlich
krachen. Bei auffallend gutem Sound legen die vier Jungs ein
ziemlich sludgiges Brett auf die Bühne, was gerade nach so
langer Durststrecke prima reinläuft. Fronter Markus röhrt sich
ziemlich einen ab, noch besser gefällt mir aber, was Tobias an
der Klampfe abliefert. Sehr vielseitig, der Mann!
|
Der Auftritt ist dem schließlich gut
aufgewärmten Publikum einen ordentlichen Applaus wert, während
Norman und ich den Korn mit einem Fläschchen Fanta veredelt in
der Pause zu uns nehmen. Gegen 20:30 h legen die Hamburg City
Doomer los und erreichen aus dem Stand ihre bestechende
Normalform. Besonders aktiv wirkt heute Lutz, dessen Bass im Mix
auch markant zur Geltung kommt. Ansonsten wirken die Jungs gut
geölt wie immer, auch wenn Heikos Bierhalter die lokale
Halbliterhülse kaum tragen zu können scheint. Natürlich ist das
Set wie üblich viel zu kurz, "Ride On" erklingt
ungewöhnlicherweise mittendrin, während in meiner Erinnerung
"Aufgabe" wohl heute nicht zum Vortrag kommt. Zum Ende noch ein
alter Gassenhauer, und nach kaum einer Stunde ist das herrliche
Treiben bereits wieder vorbei. Stramme Leistung! Und schon
bleibt es Wheel aus Helsinki, pardon, Dortmund überlassen, um
kurz vor zehn bereits den letzten Akt einzuläuten. Die
Bühnenpräsenz ist nicht ganz so überzeugend wie bei den
abendlichen Vorgängern, aber das Songmaterial gerade des tollen
neuen Albums haut es selbstverständlich raus. Sänger Arkadius im
Spezialhoodie lässt Muskeln und Stimmbänder spielen zum
kompakt-druckvollen Sound seiner Sidekicks, was die Anwesenden
sichtbar erfreut. Kaum zu glauben, dass auch die dritten im
Bunde kaum mehr als eine Stunde Spielzeit bereithalten, aber
vielleicht ist nach der langen Zwangspause die Kondition ja noch
nicht ganz wieder die alte. So bleibt immerhin mehr Zeit zum
gepflegten Abhängen im Konzertsaal bzw. an der Theke, wo mir
irgendwann das Bier nicht mehr schmecken will, so dass ich
Norman den Sauvignon wegtrinke. Sorry! Wir bleiben jedenfalls,
bis wir quasi rausgekehrt werden, und ich besteige die erstbeste
Tram. Welche sich jedoch als die falsche herausstellt, wie ich
nach einigen unbekannten Haltestellen merke. Ergo steige ich aus
und latsche los in die Richtung, welche ich für die halbwegs
passende halte. Letztlich marschiere ich mir die Hacken wund
beim Gang durch ziemlich schläfrig wirkende Wohnbezirke, habe
kaum Orientierung und finde auch beim Routenplaner keine große
Hilfe. Stunden später komme ich tatsächlich doch an eine
Haltestelle, an der ich eine Bahn besteigen kann, die mich fast
bis zum Hotel bringt. Reichlich geschlaucht falle ich gegen halb
fünf in die Kiste.
|
Nach der nächtlichen Odysse wird es
Mittag, bis ich mich aus der Kiste schäle. Bestes
Spätsommerwetter verlangt nach Open-Air-Aktivität, also wälze
ich die Fußball-Spielpläne und mache mich schließlich auf gen
Kreuzberg. Das Willy-Kressmann-Stadion lässt sich bald finden,
wo in der Berlin-Liga Türkiyemspor gegen Sparta Lichtenberg
anzutreten hat. Es haben sich nur eine Handvoll Zuschauer
eingefunden, deren Verpflegung an improvisiert platzierten
Tischen organisiert wird. Atmosphärisch herrscht also eher
Kreisliga-Niveau, auf dem Platz sieht es aber hochwertiger aus,
auch wenn man dank Laufbahn als Besucher ziemlich weit weg vom
Geschehen steht. Das abstiegsbedrohte Heimteam hält lange Zeit
gut dagegen, hat sogar die besseren Chancen, bis zwanzig Minuten
vor Schluss eine abgefälschte Gurke der Gäste den Weg ins Netz
findet. Kurz darauf fliegt ein Heimspieler vom Platz, in der
Schlussphase trifft Sparta noch zweimal, blöd gelaufen. Da das
Stadionbier für Hunger sorgt, besuche ich hernach den
Außenbereich eines nepalesischen Restaurants in der Nähe.
|
Es gibt lecker Gemüse mit Reis und
Salat, wobei der Blumenkohl etwas länger hätte gegart werden
können. Da eine große Cocktailkarte Happy Hour verspricht, der
Gin aber aus ist, entscheide ich mich zunächst für Cuba Libre,
bevor ich mich an einen "nicht ganz so starken" Zombie wage.
Mundet gar nicht übel, aber zur Sicherheit belasse ich es bei
dem einen. Da der Abend noch jung ist, bewege ich mich weiter
zum Alexanderplatz und hocke mich bei gezapftem Duckstein in
eine Bierbar, wo eine interessante Atmosphäre herrscht. Es ist
ja Wahltag, in Berlin ging es wohl drunter und drüber wie in
einer Bananenrepublik, was einen Seitenscheitel-Nazi alles
ziemlich erregt. Des Weiteren kan man diverse Freaks und
vermorphte Typen beobachten, es bietet sich ein ziemliches
Schauspiel. Bald droht jedoch der Feierabend, mir reicht's dann
auch und ich haue mich beizeiten in die Falle, schließlich hab
ich morgen auch noch was zu tun, die Sächsische Schweiz ruft!
|