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Wandertrip Sächsische Schweiz

27.09. - 01.10.2021

Nach dem sehr gelungenen Berlin-Wochenende hänge ich ein paar Tage in der nahe gelegenen Sächsischen Schweiz dran, schließlich war ich dort noch nie.

Und es würde sich absolut lohnen, selten so schön gewandert! Vom Elbeufer in felsige Höhen kann der Weg sehr kurz und steil sein, die Landschaft hat es schließlich passend eingerichtet.

 

Montag

Nach einem ausgewogenen Porridge zum Frühstück verlasse ich die Hauptstadt kurz vor Mittag gen Südosten, wo ich beim Asiaimbiss Zwischenstation am Dresdener Hauptbahnhof mache, bevor es kurze zwanzig Minuten weiter zum Zielort Pirna geht. Nach Ankunft beglückt mich meine Vermieterin bereits am Telefon mit ca. zwei Dutzen "no"-Lauten, offensichtlich bin ich mitten in Sachsen. Den längeren Weg zur Unterkunft nehme ich zu Fuß in Angriff, man will ja schon mal was sehen vom Ort. Etliche Treppen müssen erklommen werden, eine recht schweißtreibende Angelegenheit. Meine Ferienwohnung ist stilecht im Wohnblock im Ortsteil Sonnenstein gelegen, die Einrichtung wirkt ziemlich old school, es passt aber alles.

Da der Tag schon fortgeschritten und das Wetter sonnig ist, lasse ich mich von den ausliegenden Prospekten zum Besuch des Biergartens Schlossschänke animieren, angeblich einer der ältesten seiner Art. Die Aussicht über die Stadt von dort aus ist jedenfalls bestens, das Radeberger mundet. Andere Gäste haben auch Kinder dabei, die Jungs heißen Richard und Lajos, ich bin begeistert. Natürlich meldet sich bald wieder der Hunger, man ist irgendwie ständig mit dem Thema Essen beschäftigt. Ich gehe runter zum Café Canaletto am Markt, der gewünschte Jackfruit-Burger ist jedoch aus, weswegen ich mit einer Ofenkartoffel und Salat abgespeist werde. Der Dämmerspaziergang durch den Schlosspark zurück zur Unterkunft gestaltet sich dann wieder sehr nett, und nach einem kleinen Einkauf bei Rewe lasse ich den Abend vorm TV ausklingen, bevor ich auf's harte Bett sinke.

Dienstag

Um 09:50 h besteige ich an der nahe gelegenen Haltestelle den Bus nach Königstein, die Gebühr für die Öffis ist in meiner Gästekarte bereits drin. In den Dörfen navigiert der Fahrer durch teils ziemlich enge Straßen, was für eine interessante Fahrt sorgt. Von Königstein geht's noch ein kurzes Stück weiter mit der S-Bahn, bevor ich mit der Fähre zum Kurort Rathen übersetze. Heute, bei Schmuddelwetter, habe ich mir gleich die wohl meistbesuchte Attraktion der Sächsischen Schweiz ausgesucht. Dem Menschenstrom folgend wandere ich den recht steilen Basteiweg hinauf, bis eine Bude den Einlass zur ehemaligen Felsenburg Neurathen markiert. Ich entrichte die schmalen 2 € Eintritt und kraxele über und zwischen diversen Felsen hindurch, hier und da gibt's erklärende Texttafeln. Spätestens wenn man sich das Modell der Burg anschaut, wie sie mal ausgesehen haben müsste, wird klar, es handelte sich um ein enorm imposantes Bauwerk in spektakulärer Lage. Auch so ist es noch interessant, dort einfach ein bisschen rumzuturnen. Weiter geht es dann über die berühmte Basteibrücke zur gleichnamigen Aussicht, wo man beinahe senkrecht 200 Meter über der Elbe steht. Leider ist es heute wetterbedingt eher grau und trüb aber trotzdem ganz hübsch. Den gastronomischen Komplex hoch oben lasse ich links liegen und muss feststellen, dass die "Schwedenlöcher" just ab dieser Woche gesperrt sein sollen.

Der aufgestellte Bauzaun ist jedoch noch nicht dicht, ich schlüpfe also durch und bin heilfroh, diese spektakuläre Klamm nicht verpasst zu haben. Wenige Menschen kommen mir nur entgegen, es ist steil, eng und einfach beeindruckend. Von meiner eigentlichen Route abzweigend weckt das Schild zum Amselfall mein Interesse. In einer schmalen Schlucht geht es steil bergan, bis überraschend ein recht großes Gebäude auftaucht, das zurzeit eher eine Baustelle darstellt. Anscheinend wurde dort mal gastronomisch was geboten, mitten in der Pampa, sehr interessant. Ich wende mich wieder bergab, umrunde den fischreichen Amselsee, und ziehe eine ganze Weile über einsamere Waldwege. Bis der Felsen Gamrig auftaucht, der eine tolle Aussicht auf die Festung und den Lilienstein bietet, und zudem noch eine geräumige Höhle im Angebot hat. Dann wandere ich zurück nach Rathen, es ist früh am Nachmittag, also gehe ich noch weiter auf schmaler Straße an der Elbe entlang nach Wehlen. Von dort bringen mich Fähre und S-Bahn zurück nach Pirna, wo ich den Platzhirsch am Markt aufsuche. Weil ich genug frische Luft hatte, setze ich mich rein und werde vom aufgeweckten Personal mit Pilzpattie-Burger, Salat und Craft Bier versorgt. Gut gestärkt schaffe ich auch noch den Weg zurück in meinen Wohnblock, wobei mir die verlassene ehemalige Anstaltskirche im Park besonders gut gefällt. Als Abendprogramm gibt's den legendären ersten "Alien"-Streifen, überraschenderweise bereits 1979 gedreht.

Mittwoch

Ab Mittag ist Regen vorhergesagt, also plane ich erstmal nur die Besteigung des Liliensteins, den ich am Vortag bereits aus der Ferne bewundern konnte. Vor 9 Uhr sitze ich bereits im Bus, um dann doch spontan an der Haltestelle "Festung" auszusteigen. Ich gehe also nur noch ein kleines Stück Weg bergan und stehe sogleich auf dem Königstein vor einer der größten Bergfestungen Europas. Es ist ein wirklich massives Teil, das dort vor Hunderten von Jahren auf den Sandstein geklöppelt wurde. So früh am Tag bin ich noch fast allein auf weiter Flur, nur vereinzelte andere Touris sind zu sichten. Ich schaue kurz beim Burgtor vorbei, entscheide mich aber gegen einen Eintritt, weil ich dann sicher stundenlang dort beschäftigt wäre. Stattdessen entdecke ich den Patrouillenweg, der trampelpfadmäßig um das riesige Gemäuer herumführt. In spannenden 30 Minuten bekomme ich so einen guten Eindruck der mächtigen Größe der Festung mit gleichzeitig weiten Ausblicken ins Tal. Anschließend erfolgt der steile Abstieg zum Ort Königstein, entgegen kommende Schulklassen deuten auf zunehmende Belebung des Plateaus hin. Mit der Fähre geht's wieder über die Elbe und weiter zu Fuß durch die Felder zum Südaufstieg auf den "König der Berge" der Sächsischen Schweiz, den Lilienstein, der sich schroff unübersehbar vor mir erhebt. Nun gilt es, über Stufen und Leitern diverse Steilwände zu erklimmen, es wird halbwegs abenteuerlich. Oben angekommen führen Brücken und Stege zu den Westaussichten, wo mir schon leicht mulmig wird aufgrund meiner altersbedingten Höhenängstlichkeit. Spektakulär ist es da oben allemal, trotzdem suche ich bald den Weg zurück zum Plateau, wo man von der einstigen Burgruine kaum noch etwas erkennen kann. Erstaunlicherweise befindet sich dort mitten auf dem Felsen eine Gaststätte, und man fragt sich, wie diese mit Speis und Trank versorgt wird. Ein Lastenaufzug könnte des Rätsels Lösung sein. Leider ist heute eh Ruhetag, schade auch.

Über einen regelrechten Rundweg erschließen sich weitere üppige Aussichten im Norden, wo ich dann auch zum Abstieg ansetze. Über Treppen und Leitern geht es wieder richtig steil nach unten, und ich wundere mich über entgegenkommende Wanderer, die tatsächlich ihren Hund sich dort hinaufquälen lassen. Da das Wetter glücklicherweise irgendwie doch zu halten scheint, folge ich der in meinem schlauen Buch beschriebenen Tour, die durch Feld und Wald weiter bergab führt, bis irgendwo mehrere kleine Häuschen mitten in der Pampa auftauchen. Ich befinde mich wohl auf irgendwelchen mittlerweile bewaldeten alten Schutthalden, einige Meter weiter steht sogar ein ehemaliges Café, eine befahrbare Straße sieht man jedoch weit und breit nicht. Da kommt man bei Bedarf wohl nur über die nahe Elbe hin, wenn Zeug angeliefert werden muss. Menschen treffe ich hier fast gar keine mehr, dafür Zottelrinder und angehäufte Freilandkakteen, als ich über eine Anliegerstraße am Fluss entlang zurück zur Fähre marschiere. Gegen 16 Uhr bin ich wieder in Pirna mit mächtigem Hunger, den ich im Melisa Kebab Haus gestillt bekomme dank eines gewaltigen Tellers mit Falafel, Pommes, Gemüse und Salat. Das Ganze liegt dann auch schwer im Magen, und da plötzlich die Sonne rauskommt, zieht es mich nochmal in den netten Biergarten, den ich bereits kenne. An der Schlosstreppe fällt mir eine Gedenktafel auf, die an ca. 15ooo auf dem Sonnenstein in den Jahren 1940/41 vergaste Menschen erinnert, hauptsächlich geistig Behinderte und psychisch Kranke. Mich schüttelt es. Den Sonnenuntergang gegen halb sieben kann ich zum Glück trotzdem genießen, anschließend suche ich mir einen neuen, wiederum idyllischen Fußweg zurück zum Basislager, nicht ohne vorher noch kurz einen Kleineinkauf bei Kaufland zu tätigen. Bei "Aliens - Die Rückkehr" klingt der Tag aus, und endlich kann ich auf der harten Matratze mal ganz gut pennen.

Donnerstag

Den am Vorabend gefassten Plan einer Tour durch die Kamnitzklamm in der Böhmischen Schweiz werfe ich spontan über den Haufen. Das sonnige Wetter lässt sich doch bestimmt besser auf felsigen Höhen genießen. Also nehme ich den üblichen Bus, diesmal weiter nach Osten bis Bad Schandau. Von dort aus wandere ich zunächst steil bergauf zu den Holzvillen von Ostrau, dann unschön an der Straße und einem breiten Forstweg entlang, bis nach ein paar Kilometern endlich die ersten Felsen nebst zahlreichen anderen Wandersleuten in Sicht kommen. Eine vielköpfige Gruppe Jugendlicher pausiert leicht angeschlagen vorm Großen Schrammtor, das ich durchschreite, um dann den Wildschützensteig zu erklimmen. Dieser hat es in sich und stellt wohl den spektakulärsten Aufstieg während meiner kurzen Erlebniswoche dar. Durch teils sehr enge Stellen muss man mal wieder viele Stufen und Leitern erklimmen, bei Gegenverkehr wird's schwierig auszuweichen. Oben angekommen wird man durch die sagenhafte Schrammsteinaussicht belohnt. 300 Meter über der Elbe kann man schön weit in die Ferne gucken, diverse Felsen immer im Blick, ein echtes Highlight. Derart beglückt bin ich unaufmerksam beim Lesen der Wegbeschreibung, kraxele den ganzen Jägersteig hinunter und latsche erstmal einen Kilometer in die falsche Richtung. Irgendwann merke ich es endlich, kehre um, wieder bis fast ganz oben, und dort schnalle ich auch, wo ich hätte langgehen sollen. Die Route setzt sich weiter in sehr schöner Form fort, es geht auf und ab, nicht mehr ganz so steil, aber stets felsig und mit Aussicht. Schließlich lande ich auf einem befahrbaren Waldweg, der mich auf den rechtselbisch höchsten Gipfel der Sächsischen Schweiz führt, den Großen Winterberg. Dort ist es auffallend kühl und schattig, die vorhandenen Gebäude wirken eher verlassen, aber erstaunlicherweise ist eine gastronomische Bude in Betrieb mit auffallend vielseitigem Angebot.

Ich bin nicht mal der einzige Gast, jedoch leert es sich schon bald und ich belasse es bei einem Kellerbier. Nun führt mich ein längerer Bergsteig durch den Wald talwärts bis zum idyllischen Dörfchen Schmilka, das auch einen einladenden Biergarten aufweist. Ich bleibe aber standhaft und will wenigstens kurz meinen Fuß auf tschechischen Boden setzen. Also gehe ich an der Straße entlang noch ein ganzes Stück an einem Grenzgebäude vorbei, bis ich schließlich Hrensko erreiche. Ein recht seltsamer Ort, es gibt Tankstelle, Supermarkt, Hotels und Stände mit Ramschwaren jedoch kaum normale Wohnhäuser. Hier ist anscheinend alles auf die Klammtouristen ausgerichtet. Bevor ich weitere Erkundungen anstellen kann, bewegt sich die Fähre herüber auf die tschechische Seite und ich nutze die vielleicht nicht so schnell wiederkommende Gelegenheit. Drüben liegt der Bahnhof Schöna - Herrnskretschen, es befinden sich dort aber nur drei einsame Gebäude an einer sehr schmalen Kopfsteinpflasterstraße. Ob es wohl irgendwo dazu auch eine Ortschaft gibt? Mit Bahn und Bus gondele ich zurück nach Pirna, es geht auf acht Uhr zu. Zufrieden und geschafft steige ich an meiner heimatnahen Haltestelle aus, bis ich merke, ich hab den Geldbeutel im Bus liegen lassen, oh no! Leichte Panik macht sich breit, das Servicetelefon der Verkehrsgesellschaft ist natürlich nicht mehr besetzt. Wo der Bus mit meiner Kohle wohl hinfährt? Ich studiere den Farplan, gucke auf Maps und habe die Hoffnung, dass das Gefährt auf dem Rückweg wieder an mir vorbeikommt. Tatsächlich, bald taucht er auch schon auf, ich erzähl's dem Fahrer und finde das Portmonee, wo ich es hinterlassen habe. Der Abend ist gerettet, zur Belohnung gibt's eine große Dose Ravioli und Amelie im TV, pennen tu ich wieder eher schlecht, womöglich hab ich mich unterwegs leicht verkühlt.







Freitag

Ab Dresden geht es non-stop und ziemlich fix im ICE zurück nach Hersfeld, die Bahn ist wieder gut besetzt. Dann muss ich erstmal die Bude noch etwas aufhübschen und einen Einkauf machen, da Judith, Taina und Norman schon bald auf ihrem Weg in die (echte) Schweiz zum Zwischenstopp erscheinen. Womit ich die kecke Familie nicht nur an meinem ersten sondern auch am letzten Urlaubstag treffe, eine sehr abrundende Angelegenheit für diese mehr als gelungene Woche.

 

Tofukeule, März 2022
Doom in Bloom Berlin 

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