40 Jahre Rock Hard, 20 Jahre Rock Hard
Festival, das sollte eigentlich Anlass genug für ein richtig
hochkarätiges Billing sein. So spektakulär las es sich dann
allerdings nicht, doch pupegal.
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Geschmackvoll ausgewählt werden die
Bands schließlich immer, Highlights ergeben sich quasi von
selbst. Und die bewährte Reisegruppe allein ist ja eh schon
Garantie für das bestmögliche Pfingstwochenende.
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Freitag
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Zu fünft plus Gepäck in Lars's Cermedes
ging es relativ komfortabel gen Pott, schlank wie wir alle sind.
Die Unterkunft stellte sich wie erhofft als geräumig und bestens
ausgestattet heraus, eine gute Wahl, das Ganze lag in einer Art
Luxusstraße, die fast wie eine Oase im Gelsenkirchener Barock
wirkte. Screamer würden wir eh nicht rechtzeitig schaffen, also
genehmigten wir uns bei Monis Bierbude gleich zwei Runden
Stauder, ein herrliches Fleckchen für eine gelegentliche Rast.
Dann im Amphitheater der gewohnte Spießrutenlauf zwischen all
den vertrauten Freaks hindurch, das Wetter schön sonnig aber
nicht zu warm. Die Getränke- wie Essenspreise eigentlich kaum
noch akzeptabel, aber was willste machen, hinein musste es ja
doch. Immerhin war fast immer ein Fassboy in der Nähe, um
Bestellungen direkt am Mann ausführen zu können.
Motorjesus rockten fluffig und schnodderig drauflos,
das ließ sich gut an. Mit Sacred Reichs "Independent" zum
Schluss hatte ich nun wirklich nicht gerechnet, coole Nummer.
Dann Omma Sabina mit Holy Moses auf ihrer
Abschiedstour. Die Grande Dame des gepflegten Elchkuhsounds
hatte mächtig Hummeln im Hintern und hüpfte wie'n Jungspund über
die Bühne, sehr überzeugende Performance. Auch die Mucke als
solche konnte gefallen, ein ziemlich technisches Geschrubbe samt
Gastauftritt von Andy Classen. So kann frau abtreten, oder auch
weitermachen.
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Immer weiter machen jedenfalls
Vicious Rumors, zumindest Geoff Thorpe und Larry Howe,
die beide irgendwie frisch gepudert wirkten, so aufgedreht
absolvierten sie den Gig. Am Mikro derzeit Ronny Munroe, da
konnte nicht viel anbrennen, und so bekamen wir ein Feuerwerk an
gut gereiften Klassikern serviert. Da weiß jemand, wie man auch
trotz permanenter Besetzungswechsel die alten Säcke im Publikum
froh machen kann. Benediction taten wir uns
dann eher nur so von weiter weg rein, was aber gar nicht mal so
übel klang, eher schnörkelloses Todesblei. Von Triptykons
early Celtic Frost Show hatte ich nicht allzu viel erwartet, und
wurde keines Besseren belehrt. Viel stumpfes Gerödel, viele
"Uh!"s, und eine Bassistin, die recht affektiert ihre eine Pose
durchzog. Da blieb zum Glück genug Raum, um mit Regina und
Ludwig ausgiebig das Thema "Bettteiler" zu eruieren, auch wenn
wir am Ende auf keinen gemeinsamen Nenner kamen (und dann
wunderten sie sich über die suboptimale Nachtruhe). Den Rückweg
bestritt unser Fünferteam geschlossen, wobei ein Mitglied
durchgehend gestützt werden musste. Zurück in der Fewo ließen
besonders Lars und ich die Nacht bis Drei in der Früh bei
diversen Schmachtfetzen und literweise Leitungswasser gemächlich
ausklingen (die Vase als Pissoir gebrauchte dann trotzdem ein
anderer).
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Samstag
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Mit Frühstück und -schoppen starteten
wir genüsslich in den Tag, um pünktlich zu Midnight
Rider wieder am Kanal aufzuschlagen. Mehr als ganz nett
klang die Truppe allerdings nicht, da fehlte mir eindeutig der
geschmeidige Groove. Bald erfuhren wir, dass Nestor erst mit
erheblicher Verspätung eintreffen und entsprechend die anderen
Bands nach vorn rutschen würden. Also nahmen wir erstmal was
Fruchtiges im Schatten zu uns, ließen Knife
unten ballern, und gingen erst wieder zu Depressive Age
vor die Bühne. Spannende Sache, dass die alten Melancho-Thrasher
sich nochmal aufgerafft hatten, wenn auch in recht dezimierter
Formation. Aber schon nach den ersten Takten von "Lying In Wait"
war klar, die Magie funkelte noch erheblich. Vor allem Fronter
Jan bringt's noch astrein rüber, und das war ja schon mal
mindestens die halbe Miete, auch wenn sein merkwürdiges Outfit
für einige gerunzelte Stirnen sorgte. Die Setlist fiel für
meinen Geschmack suboptimal aus, ein neuer Song mit Brutus als
Zweitshouter konnte mich auch nicht sofort überzeugen, und
trotzdem war's ein besonderer und gelungener Auftritt, der
definitiv Hoffnung auf mehr machte. Anschließend passierte etwas
Erstaunliches: Voivod lärmten los - und mir
gefiel es. Schon mehrfach hatte ich es über die Jahre vergeblich
versucht, mit dem schrägen Kram warm zu werden, heute klappte es
unerwartet endlich, wo sie auf den letzten Drücker für Discharge
auf's Billing gekommen waren. Wie Snake über die Bühne torkelte,
während Away federleicht frickeligste Drumfiguren zockte, heute
großartig, hoffentlich kein Ausrutscher.
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Anschließend wurde es wesentlich
schnörkelloser, aber nicht weniger schön. Brian Downey mit einer
Thin Lizzy - Version, die es drauf hatte. Vor
allem der Frontbengel, der glatt als Phil Lynotts Reinkarnation
hätte durchgehen können. Beinahe wurde es mir auf Dauer fast zu
authentisch, so originalgetreu klangen die ollen Klassiker. Ganz
starke "Coverband" auf jeden Fall. Und ein brillanter Anheizer
für Nestor, die anschließend endlich an der
Reihe waren. Weswegen Lars es sich nicht nehmen ließ, einen
Auftritt als Hyper-hyper-Presswurst hinzulegen. Was sich die
schwedischen AOR-Götter allerdings im Handumdrehen verdient
hatten, denn vom ersten Song an hatten sie das Amphi-Publikum um
den kleinen Finger gewickelt. Von stressiger Anreise war nichts
zu spüren, mit beinahe jugendlicher Leichtigkeit hüpften die
mittelalten Herren auf die Bühne und zockten ihr fast komplettes
Album, von dem nahezu jeder einzelne Song ein Hit ist, inklusive
der wunderbar schmalzigen, mit Samantha Fox - Ersatz im Duett
geträllerten Ballade. Einzig die Whitney Houston - Nummer als
Zugabe hätte ich nicht gebraucht, auch wenn fast die gesamte
Belegschaft selig mitjodelte. Auf Thrash hatte ich anschließend
nicht wirklich Lust, Mohr ging's genauso, außerdem machte unser
Pegel sich langsam bemerkbar. Also schraubten wir uns noch nen
10-Euro-Snack rein und latschten zurück zur Bude, um noch ein
bisschen "American Dad" bzw. "Nackte Kanone" zu glotzen.
Währenddessen legten Sodom einen beklatschten, Testament einen
eher ärgerlichen Gig hin, viel verpasst hatten wir
offensichtlich also nicht.
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Sonntag
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Da Mohr und ich am ausgeschlafensten
waren, starteten wir zeitig zum Frühschoppen bei Moni, Rita war
womöglich auch schon dabei. Den Anfang von Iron Fate
verpassten wir leicht, bekamen aber zum Glück noch mehrere Songs
mit, so die zwei besten eigenen Nummern und das formidabel
gecoverte "Walk In The Shadows". Ähnlich geil wie beim KIT
Rising im letzten Herbst, ein Top-Opener. Eine weitere deutsche
Band, die eigentlich höhere Weihen verdient hätte, schloss sich
in Form von Undertow an. Die gleich mal mit
zwei schnellen Nummern starteten, bevor sie zum eher
melancholischen Groove übergingen, bei welchem Joschis Stimme am
unnachahmlichsten zur Geltung kommt. So Einige im Publikum waren
angenehm überrascht von der enormen Güte des Dargebotenen. Im
Anschluss lag dann die Überraschung ganz auf meiner Seite, denn
eigentlich hatte ich Wucan schon als
"überbewertet" einsortiert. Da musste ich mich flugs
korrigieren, denn was die Ossis um Frau Tobolsky ablieferten,
glich einem kleinen Triumphzug. Vor allem die Dame selbst
wickelte natürlich sämtliche Willigen um den kleinen Finger, was
aber nicht nur an Ausstrahlung und Outfit lag, sondern eher noch
an ihren umfassenden musikalischen Fähigkeiten bzw. der
Kombination aus allem. Wir waren jedenfalls kollektiv geflasht,
Mohr hatte all die Jahre Recht gehabt. Von Renft hatte er uns ja
schon vor geraumer Zeit was erzählt, noch bevor Wucan ihr
diesbezügliches Cover rausbrachten... Zum Runterkommen
verfolgten wir danach in Heiner's Biergarten den knapp
verpassten Aufstieg des hsv, anschließend zog ich mich für ein
Weilchen in die Gemächer zurück, um die Augen auszuruhen.
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Zum Co-Headliner Katatonia
war ich zurück, und wäre ich nicht schon halbwegs nüchtern
gewesen, die Schweden hätten meinen Rausch jäh beendet.
Anscheinend fehlte ihnen ein zweiter Gitarrist, was die Sache
sicher nicht einfacher machte. Trotzdem musste man nicht so
lust- und ausstrahlungslos auf der Bühne rumstehen, die Band
präsentierte sich tatsächlich ähnlich dröge wie vor drölzig
Jahren beim Progpower. Ich verstehe die enorme Popularität
nicht. Es groovte zwar alles ganz nett vor sich hin, aber außer
dem Schlusspunkt "Evidence" konnte ich keinen weiteren irgendwie
herausstechenden Song vernehmen. In dieser Form an jener
Position hatte die Truppe für mich nichts zu suchen. Ganz anders
der olle Pelzmützenträger Michael Schenker, der
im Laufe der Karriere dann doch an so einigen Hits beteiligt war
und dementsprechend einen amtlichen Headliner geben konnte.
Anscheinend trällerte Ronnie Romero zum letzten Mal für den
Meister, wie schade, denn der Typ kann's schon ziemlich gut.
Einer der neuesten Songs, "Sail The Darkness", war
erstaunlicherweise fast mein Favorit, und das wollte was heißen
neben all den UFO- und sonstigen Klassikern. Die Stimmung im
halben Rund war jedenfalls nochmal gut am Köcheln, nur hatten
leider die Bierboys anscheinend schon Feierabend, was uns ein
wenig auf dem Trocknen sitzen ließ. Zum Glück brannte auf dem
Rückweg aber bei Monis Bierbude noch Licht, so dass wir nebst
schräger Unterhaltung durch einen aufgedrehten Einheimischen ein
leckeres Absackerstauder goutieren konnten. Rock Hard Festival,
immer wieder gern!
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Tofukeule, September 2023
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