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Metal Church & Armored Saint Tour 2019

Balingen, Bang Your Head!!!/Aschaffenburg, Colos-Saal/Essen, Turock/Hamburg, Grünspan

Metal Church auf Tour mit Armored Saint? Da musste ich hin. Bang Your Head!!! am Wochenende vorher war dank guten Billings auch wieder eine Option.

Beim Blick auf die Running Order entwickelte sich bald folgender Plan: Zum BYH nur am famosen Samstag, die Woche drauf dann die drei anberaumten Clubkonzerte besuchen. Als Vorprogramm bzw. Start in eineinhalb Wochen Urlaub doch wohl ein sauberer Plan.

Balingen, Bang Your Head!!! (Samstag, 13.07.2019)

Von meinen Kapeiken, die sich das gesamte Festival geben wollten, kam mir zu Ohren, dass Mohr in Hersfeld wieder kehrt machte, nachdem er eine aktuelle Wettervorhersage präsentiert bekommen hatte. So ganz falsch lag er anscheinend nicht, denn es schiffte teilweise wohl ganz ordentlich. Was ich auch in meinem Absteigeort Hechingen noch ansatzweise mitbekam, wo ich beim Kinder- und Heimatfest schon mal Open Air simulierte, indem ich bei einer ganz okayen Coverband zwei Weizenlängen lang zuschaute. Recht interessantes Konzept dort übrigens: Die stattliche Bühne steht beinahe mitten auf dem Rummelplatz, gegenüber findet in mehreren Vereinszelten die Bewirtung statt. Viel los war angesichts der ständigen Schauer allerdings nicht gerade. Nach Mitternacht schlurfte ich zurück zu meiner Pension und ließ mich von der Netflix-Option noch zu einer Folge "Stranger Things" verleiten. Blöderweise wollte es anschließend mit dem Pennen nicht richtig klappen, das übliche Vorfestivalproblem mal wieder. Morgens ging ich müden Auges mit meinem Frühstücksgutschein in die Bäckerei nebenan, wo die Dame hinterm Tresen offensichtlich so gar nix für Veganer übrig hatte (mit ihrem kurz darauf eintreffenden Lebensabschnittsgefährten aber umso bemühter flirtete). Ich leierte ihr schließlich Laugenstangen mit Marmelade plus Tee aus dem Kreuz, was immerhin den Magen füllte. Anschließend war noch Zeit für einen kleinen Stadtrundgang, der einen recht schönen, wenn auch von viel Verfall geprägten Ort zeigte. Nach kurzer Bahnfahrt war ich dann früh am Festivalgelände, dort herrschte noch entspannt-verpennte Atmosphäre. Beim Tennisclub Endingen wurde bereits bewirtet, also gönnte ich mir ein frisch Gezapftes gefolgt von einer Fanta. Kurz darauf traf ich Jürgen mit meinem Ticket, und schon spülte es mich aufs noch weitgehend leere Festivalgelände. Die gewohnt üppige Bühne versprach ein amtliches Live-Erlebnis, doch bevor es losging, drehte ich erstmal eine Runde. Reichlich Merchkramstände waren vor Ort, dazu der Holzdildo-Händler (verkauft der eigentlich was?) nebst der üblichen Ausgabestellen für Speis und Trank. Während man vegane Futteroptionen auch im Jahr 2019 beim BYH mit der Lupe suchen musste, wurde beim Bier die 1-Euro-Grenze für 100 ml sauber gerissen. Die Schwaben nehmen es halt von den Lebenden. Pünktlich um halb 12 legten schließlich Screamer los und einen amtlichen Tagesauftakt aufs Parkett. Heavy Metal mit Melodien, Biss und dem einen oder anderen Thin-Lizzy-Moment kann nur gewinnen, wenn er so gekonnt vorgetragen wird, ein schöner Beginn. Bald traf ich auch Gonzo und Macke, ebenso Jenny und Lars, die trotz der widrigen Umstände der vorigen Tage ziemlich gut drauf waren. Für die nächsten paar Stunden bildeten wir eine Bezugsgruppe. Ram folgten auf der Bühne, konnten in Sachen Leichtfüßigkeit aber nicht an ihre Vorrocker anknüpfen. Respektabel wie weit es die Truppe mit ihrem recht klischeehaften Sound gebracht hat, aber so ein bisschen verkrampft kommen sie schon rüber. Immerhin hatten sie mit "Gulag" ihren Ohrwurm parat. Flotsam And Jetsam versprachen, das erste wirkliche Highlight zu werden. So völlig begeistern konnten sie mich jedoch nicht, dafür fiel die Setlist zu "new school" aus, und auch die Performance hätte mehr Schmiss vertragen können. Eric A.K. ist zwar noch echt gut bei Stimme, aber der große Entertainer wird er in diesem Leben nicht mehr. Eher wirkt er auf mich immer routiniert bis leicht gelangweilt. Die drei "No Place For Disgrace" - Songs zum Schluss kamen allerdings schon verdammt gut. Zwischendurch lief mir der Ostzonen-Tyrant doch tatsächlich mit einem Hersfelder Hessentags-Becher über den Weg, der ihm an den Zapfbuden anscheinend brav befüllt wurde, Sachen gibt's.

Nun war's an der Zeit für die gepanzerten Heiligen. Hat man sie jemals nicht begeistern sehen? Die Truppe aus L.A. ist und bleibt einfach ne Bank. Sicher kommen mit jedem Jahr ein paar Fältchen dazu, aber energetisch ist das, was die Truppe abliefert, nach wie vor kaum zu toppen. Vor allem John Bush und Joey Vera agieren teilweise wie hochmotivierte Twens, es ist schon eine Augenweide. Akustisch natürlich ebenfalls astrein, was auf der Bühne verzapft wurde. Einzig in der Mitte der Setlist schlichen sich mit "Underdogs" und "For The Sake Of Heaviness" zwei nicht ganz so zwingende dafür recht überraschende Nummern ein. Ansonsten ein klassikerlastiger Mix, wie man ihn sich wünschte, mit zwei Nummern von "Symbol Of Salvation" als Highlights. Viel besser konnte es jetzt nicht mehr werden. Zumal Candlemass' Ruf ja inzwischen einigermaßen ramponiert ist, da freut man sich schon, wenn die Band überhaupt auftritt. Heute tat sie das, zum ersten Mal in meinem Beisein mit Johan Längquist, dem Sänger des grandiosen Debüts. Und der Typ machte es wirklich nicht schlecht, wirkte auf der großen Bühne recht souverän. Stimmlich klingt er mittlerweile allerdings deutlich tiefer und rauer als auf "Epicus...", man erkennt das Organ kaum wieder. Ein bisschen seltsam, dass nur zwei Songs von jenem Werk gebracht wurden, dazu ein neues Stück plus fünf Messiah-Titel. Aber es kam alles cool und versöhnlich rüber, zumal Leif Edling wieder einen recht lebendigen Eindruck machte, während die restliche Band gewohnt souverän agierte. Kann man so machen und gibt mir mehr als die Version mit Mats Levén. Meine Nummer eins des Tages kam aber nun erst: Metal Church. Beginnend mit zwei neueren Nummern, boten sie einfach einen super Set, der kaum Wünsche offen ließ. Außer vielleicht den nach "Metal Church", dem Song, aber man kann nie alles haben. Mike Howe ist nach wie vor in Topform und sicher einer der fluffigsten Fronter von Welt. Irgendwie ganz anders als John Bush, aber beide auf ihre Art völlig brillant. Die neueren Songs mögen etwas einfacher gestrickt sein als die alten, weisen aber beinahe durchgehend beste Hooks auf, was wiederum ne große Kunst ist. So muss sich ein Song wie "By The Numbers" nicht vor "Start The Fire" verstecken. Die eine Stunde Spielzeit war jedenfalls viel zu kurz, und ich froh, die Band noch ein paar Mal in den nächsten Tagen sehen zu können. "Fake Healer" bildete einen großartigen Schlussakkord. Vor lauter Begeisterung zerstreute sich unser Grüppchen anschließend wie von selbst, ich genehmigte mir erstmal einen überraschend schmackhaften Klecks Nudelpfanne. Dann wartete ich den Start von Skid Row ab, musste aber bald feststellen, dass ich so gar keinen Bock auf die Band hatte, es war nicht die Zeit für Poserrock. Also probierte ich mein Glück in der Halle, und siehe da, überraschenderweise wurde ich mit Omnium Gatherum warm. Melodischer, gleichzeitig recht frickeliger Death Metal funktionierte gerade recht gut. Das zog ich mir glatt bis zum Ende rein. Anschließend drohte draußen noch Avantasia als Headliner, was ich mir eigentlich auch anschauen wollte, nach ein bisschen Warterei verließ mich aber doch die Lust. Also trabte ich zur vorletzten Rückreisemöglichkeit Richtung Hechingen an den Bahnhof Balingen Süd und lernte im Zug noch ein nettes, schräges Pärchen kennen, das im gleichen Ort untergebracht war. Spontan kehrten wir in der Pinte neben meiner Pension ein, die zombiehaften Stammgäste an der Theke schienen etwas irritiert vom plötzlichen Frischfleisch. Bei Gesabbel über Doom und die Welt brach langsam der nächtliche Schleier über mich herein. Am anderen Morgen kam ich recht früh wieder in Gang, gut fünf Stunden Weg waren schließlich zu bewältigen. Am verwahrlosten Stuttgarter Hauptbahnhof genehmigte ich mir zur Stärkung ein astreines Thai-Curry, bevor ich im ICE-Bordbistro bei bester Unterhaltung durch Personal und Mitreisende zurück in die osthessische Provinz gondelte.

 

Aschaffenburg, Colos-Saal (Dienstag, 16.07.2019)

Noch nicht ganz erholt vom BYH-Ausflug stand zwei Tage später schon der erste Club-Gig im altbewährten Colos-Saal an. Lars litt zwar unter akutem Schlafmangel, ließ sich aber doch zum Mitkommen bewegen. Ausnahmsweise setzte ich mich ans Steuer meines Kleinwagens, und so rollten wir recht entspannt nach Unterfranken. Vorm Club hatte sich schon eine imposante Menschenschlange gebildet, als wir zunächst im Sidekick zur Stärkung Pommes und Salat einwarfen. Als wir schließlich reingingen, war der Laden natürlich gut gefüllt, und wir trafen mit Nook und Spango sogar zwei heimische Visagen. Ansonsten erblickten wir aber lediglich eine handvoll bekannter Gesichter, die meisten schaffen es halt auch bei solchen Hochkaräter-Touren nicht mehr, sich mal aufzuraffen. Pünktlich wie angeschlagen ging es los, und Armored Saint versprühten schon gleich wieder die ihnen im Blut liegende Metal-Energie. Ist schon geil, wenn man zum Konzertbeginn gleich von "Raising Fear" abgeholt wird, anstatt erst noch ne halbgare Vorgruppe erdulden zu müssen. "Can U Deliver" hielt den Pegel ganz oben, gleicher Start wie in Balingen, nur dass in dem engen Club eine innigere Atmosphäre herrschte. Völlig geil natürlich auch wieder John Bush an der monströsen Rassel, die er so inbrünstig schüttelte, als würde er deren Innenleben heute noch ans Tageslicht befördern wollen. Die Band war einfach wieder verdammt gut in Form. Zu den zehn in Balingen performten Nummern gesellten sich noch "Head On" und "Seducer", so dass wir eine etwa 70-minütige Show vom Feinsten genießen konnten. Der Applaus fiel entsprechend üppig aus.

In der Umbaupause orakelte ich, dass Metal Church sicher auch nicht mehr als 80 Minuten zocken würden, ich lag ziemlich richtig... Auch die Seattle-Posse zog einen sofort wieder in den Bann, kaum dass sie die Bühne betreten hatte. Wieder begannen sie mit zwei neueren Stücken zum Anheizen, bevor die triefende Masse bei "Badlands" ihre Sangeseinsätze hatte. Nahezu unfassbar, welche Hitdichte wieder aufgefahren wurde, und ein Segen, dass "No Friend Of Mine" im Set war, textlich eine grandiose Abfuhr an die ja leider immer häufiger zutage tretenden Menschen mit Rassismushintergrund. "In Mourning" hatten wir in Balingen ebenfalls nicht zu hören bekommen, zum Glück spielten sie den einen von etlichen Klassikern aber diesmal kurz vor Schluss. Man hätte gern noch mindestens ne Stunde so weitermachen können, andererseits gingen die schwülwarmen Bedingungen an die Substanz, und am Folgetag sollte wieder die Dienstpflicht rufen. Von daher auch okay, dass wir mit dem unsterblichen "Fake Healer" schon entlassen wurden. Großartiger Konzertabend! Auf dem Weg zum Auto latschte Lars noch mit Ansage in einen Hundehaufen, was die Freude aber nicht trüben konnte. Nach vier Stunden Schlaf trat ich frisch euphorisiert meinen letzten Arbeitstag vorm Urlaub an.


 

Essen, Turock (Donnerstag, 18.07.2019)

Am Bahnhof hatte ich erstmal ne gute halbe Stunde Wartezeit zu überbrücken, während ich die Zugbindung aufheben ließ, um eventuell die Route über Kassel zu nehmen, stieg dann aber doch in den gebuchten ICE nach Frankfurt. Ist halt leider bahntechnisch eine suboptimale Strecke in den Pott, entweder fährt man mit schnellen Zügen einen größeren Umweg oder im Schneckentempo den halbwegs direkten Weg. So machte ich in Düsseldorf Mittagspause mit Falafelteller in einem gut sortierten Imbiss, um anschließend mit der S-Bahn nach Essen zu gelangen. Schnell war ich bei meinem günstigen Hotel, das sich als Topadresse herausstellte. Selten so nett an der Rezeption empfangen wurden, und auch das Zimmer war astrein. Nach kurzem Aufenthalt fuhr ich wieder ein Stück auf dem Hinweg zurück, um am Baldeneysee auszusteigen und ein bisschen Urlaubsfeeling zu kriegen. Schnell fand ich eine Freiluftgastronomie, entschied mich für Stauder vom Fass, musste nach längerer Warterei aber erfahren, dass es gerade Probleme mit der Technik gab. Weizen konnte man aber servieren, immerhin. Da saß ich dann eine Weile inkl. stattlichem Regenschauer herum, beobachtete eine illustre Schar Belgierinnen am Nebentisch und ließ mir die relativ frische Luft um die Nase wehen. Eigentlich wäre ich gern noch ein bisschen am See entlang spaziert, entschied mich aber zum sofortigen Aufbruch Richtung Zentrum, um erstmal gemütlich im Café Nord einzukehren. Die Pasta von der Tageskarte mundete wie dort gewohnt hervorragend, dazu gab's dann tatsächlich auch Stauder. Was anfänglich gut reinlief, mit zunehmender Trinkdauer aber doch etwas seltsam im Abgang wurde. Wahrscheinlich hätte ich einfach früher damit aufhören sollen. Nun wurde es Zeit für den sehr kurzen Gang zum turock, wo ich bestimmt ein paar der üblichen Verdächtigen treffen würde. Um es vorwegzunehmen, traf ich nicht einen einzigen der Westmetaller, keinen Waltroper, keinen Mülli, keinen Mohr oder sonst jemanden, kaum zu glauben. Dabei erfuhr ich hinterher, dass tatsächlich etliche am Start waren, nur dass man sich im prall gefüllten Club einfach nicht über den Weg lief. Man hätte sich vorher doch mal kontaktieren sollen, statt auf den Überraschungseffekt zu spekulieren. Ein bisschen schade, aber es standen ja auch so genug vernünftige Leute um einen herum.

Als es wie gewohnt mit "Raising Fear" schließlich losging, musste ich mich noch ein wenig aklimatisieren, aber auch zwei Songs später fand ich, Armored Saint wären nicht ganz so spritzig wie bei den beiden vorherigen Shows. "Last Train Home" kam trotzdem wieder wunderbar hymnisch bei hundertfach mitgeträllertem Refrain, herrlich. Im mittleren Teil des Sets wurde mit "In The Hole" ein zusätzlicher Song untergebracht, wiederum wohl ziemlich selten gespielt und eher kein so großer Hit. Ganz im Gegensatz zum göttlichen "Reign Of Fire", einer von nur zwei Nummern des eindeutig besten Albums "Symbol Of Salvation". Eigentlich zu wenig, aber jenes wurde ja erst unlängst in Gänze aufgeführt, von daher wiederum nachvollziehbar. Letztlich wieder ein sehr guter Auftritt, im direkten Vergleich zu den vergangenen Tagen fehlten allerdings ein paar Prozent. Auch in der Umbaupause fiel auf, dass das im Club kredenzte Kromi im Vergleich zum Stauder vorher enorm frisch und süffig schmeckte. Gut dass die Theke trotz des amtlich gefüllten Raumes immer in Reichweite war... Wie sah es bei Metal Church aus, konnten sie ihre blendende Form bestätigen? Oh ja, nichts deutete auf irgendwelchen Verschleiß hin, die Band war mit den ersten Tönen sofort wieder voll da und blieb auch bei konstant 100 %. Eigentlich schade, dass ich wiederum eher rechtslastig positioniert war, da ich gern mal Kurdt Vanderhoofs grandioses Mienenspiel aus größerer Nähe genossen hätte. Da muss ich bei der nächsten Tour echt drauf achten, denn auch in Hamburg stand ich nicht auf seiner Bühnenseite. Zum Glück konnte ich sein brillantes Geriffe natürlich trotzdem ohral bestens vernehmen, der Typ hat's einfach drauf. Ich würde mal ein gemeinsames Projekt seinerseits mit Jon Schaffer vorschlagen, da könnte was sehr Geiles bei rauskommen. Heute gab es die gleichen Songs in selbiger Reihenfolge wie vorgestern, darunter auch das Groovemonster "Date With Poverty", bei dem ich immer noch Duke Erickson vorm geistigen Auge habe, wie er seinerzeit dazu abging. Doch ist Steve Unger zweifellos ein ähnlich cooler Bassist, keine Frage. Die ganze Show war wiederum ein ziemlicher Triumphzug, die Band wurde entsprechend abgefeiert. Bierselig und frisch geweiht trat ich dann recht umgehend den Weg zum Hotel an, der zum Glück auch leicht zu finden war. Womöglich ereilten mich nächtliche Träume von Typen in glänzenden Rüstungen beim Beten in Kirchen aus purstem Edelstahl...

Hamburg, Grünspan (Freitag, 19.07.2019)

So gegen 08:30 h verließ ich das Hotel, um im Basic Markt zunächst ein bisschen was in den Magen zu bekommen. Ein konkret passendes Frühstücksgedeck war nicht im Angebot, also suchte ich mir zwei Teilchen aus der Thekenauslage aus. Zum Glück bediente mich der junge Herr Angestellte auch irgendwann, nachdem er zuvor in irgendwelche Präparationstätigkeiten vertieft gewesen zu sein schien. Beim Vorortverzehr meines Mahls wurde mir jedoch schnell klar, dass man es mit einer echten Bäckereitheken-Koryphäe zu tun hatte. Die vereinzelt erscheinende Kundschaft verlangte mitels einfacher Bestellungen dem Vogel alles ab. Beim ca. siebten Kunden des Tages versiegten seine Kräfte zusehends, dabei wollte dieser lediglich einen der ausliegenden Sauerteiglaibe. Zunächst ignorierte er den Kunden minutenlang, bis es nicht mehr ging, nahm schließlich die Bestellung auf, um erneut in eine Art Duldungsstarre zu verfallen. Der Einkaufswillige rief bald verzweifelt aus: "Gib mir doch einfach nur das Brot!" Etwa zwei geschlagene Minuten später war der Vorgang dann tatsächlich abgewickelt und das Schauspiel beendet. Heiteren Sinnes verließ ich den Aufführungsort, um den ICE nach Hamburg zu entern. Bis Münster saß ich bequem im Sessel, bis mein Nachbar und ich von Reservierungsspießern vertrieben wurden. Also begab ich mich ins Bordbistro und gab mich Trank, Speis und Lesematerial hin. Auch so ließ sich die Strecke gut bewältigen, die ich ohne Unterbrechung bis Halstenbek verlängerte, wo ich mir gleich mal den neuen Keckschen Luxusstall inkl. Kaninchen zeigen ließ. Da hat Norman auf jeden Fall ein klasse Kleintier-Refugium gebaut, das anschließend sogar noch um weitere Features ergänzt werden sollte. Fluffy und Pauli mümmelten dank Judiths Anfütterung anstandshalber auch ein paar Stängel des mitgebrachten Löwenzahns. Anschließend saßen wir bei Dithmarscher und frisch gebackener Pizza noch schön in "Milwaukee", bis Taina und ich Richtung Kiez aufbrachen. Vorm Club trafen wir auch gleich auf die nicht ganz vollzähligen Buxtehuder, die Stimmung war bereits leicht aufgekratzt. Kein Wunder bei dem anstehenden Package, und das am Freitag Abend. Die Größe der Clubs steigerte sich im Laufe der drei besuchten Orte, somit stellte das Grünspan also die ausladendste Location dar. Wer dachte, dies würde sich in mehr Fläche pro Besucher auswirken, sah sich bald getäuscht, denn auch dieser Schuppen war pünktlich zum Start von Armored Saint richtig stramm gefüllt.

Die Band wirkte erneut nicht so komplett am Anschlag wie schon am Vorabend, was aber völlig ausreichte, um das Auditorium bestens in Wallung zu bringen. Positioniert war ich ähnlich wie in Essen, auch hier waren es nur ein paar Schritte zur Theke an der rechten Seite. Dazu lauter geile Leute um einen herum, es konnte nur ein brillanter Abend werden. Hat schon echt was , bei einer solchen Tour mehrere Shows zu sehen, um bei bekannt heißer Performance die jeweils spezielle Stimmung des Abends aufzunehmen. In Hamburg fühlte es sich am ehesten nach Heimspiel an mit den Kapeiken im Umfeld, die alle einen Mordsspaß in den Backen hatten. Kann bei AS auch nicht anders laufen. Heute wieder eine leichte Variation der Setlist, indem "Seducer" wegfiel und dafür "Mad House" zum Schluss gebracht wurde. Das passte, der Laden war aufgemischt. Um von Metal Church wie gehabt noch einen drauf zu bekommen. Sicher gab's auch Leute, denen AS besser gefallen haben, aber ich fand die Auftrittsreihenfolge so absolut stimmig. MC haben in der Summe einfach das stärkere Material, und von der Performance her stehen sie den Saints kaum nach. Im Gegenteil konnte man feststellen, dass sie bei jeder Show das Maximale abgeliefert haben, zumindest qualitativ gesehen, zwei, drei Songs mehr hätten sicher nicht geschadet. Die Setlist blieb wiederum unverändert weil absolut bewährt. Bei Mike Howes Vorsprechen des Refrains zu "Watch The Children Pray" musste ich heute gar an eine Joan Baez - Liveaufnahme mit ähnlichen Interaktionen denken, auch wenn es weit hergeholt schien. "By The Numbers" brannte sich an diesem Abend besonders ein, ich hatte es noch am folgenden Tag im Kopf herumschwirren. Ein letztes Mal die "Zugabe" mit "In Mourning" und "Fake Healer", und der Triumphzug war schon vorbei. Welch geiler Scheiß. Nach einigen Verabschiedungen schlug Taina die Luxusrückfahrtvariante direkt mit dem Taxi vor, wogegen ich nichts einzuwenden hatte. Nach einem Absackertee war dann Nachtruhe angesagt, die nur vom fast verhungerten Kater unterbrochen wurde. Morgens noch nett Frühstück am Teich mit Ginfrühschoppen, bevor mich Norman auch schon wieder zur Bahn brachte. Mit Metal Saint on tour? Mit das Beste, was man im Urlaub machen kann.

 

Tofukeule, August 2019

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