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Keep It True XVI

19. & 20. April 2013, Tauberfrankenhalle, Lauda-Königshofen

Es geht auch anders: Im Gegensatz zum Vorjahr versackte ich diesmal nicht im Biergarten des SV Königshofen, sondern bekam richtig viel vom Festivalprogramm mit. Und dieses stellte sich trotz anfänglicher Skepsis bei manchen Leuten dann doch wieder als sehr amtlich heraus. Also wurde es ein weitgehend großartiges Old-School-Wochenende im Namen des Stahls.

 

Unsere Gastgeberin vom letzten Jahr konnte uns diesmal nicht unterbringen, vermittelte uns aber glücklicherweise an eine Freundin im Ort. Also stiegen wir furchtlos im Haus Amon ab und tranken dort sogar Tee, gespukt hat es in den drei Tagen trotzdem nicht. Zunächst sollte es wieder zum Warm-up nach Dittigheim gehen, wohin Lars und Mohr Taina und mich aber erst nach plötzlicher längerer Verzagtheit begleiteten, komische Vögel! Allerdings stellte sich die dortige Party überraschenderweise als Freiluftveranstaltung heraus, so dass wir nach zwei Getränken unser restliches Pensum einpackten, um den Abend in der Unterkunft ausklingen zu lassen. Schließlich waren wir drauf eingestellt, in der Halle abzuhängen und hatten entsprechend wenig Klamotten mit. Hätte man im Vorfeld vielleicht auch kommunizieren können.

Halb besoffen schläft es sich einfach schlecht, musste ich mal wieder feststellen. Dafür gab es aber auch keinen Kater, also ging es einigermaßen fit und pünktlich zum Opener Borrowed Time, der allerdings keinen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte. Auch die nach einer Frischluftpause betrachteten Air Raid haben kaum nennenswerte Erinnerungen in meinem matschigen Hirn hinterlassen können. Vielleicht lag es ja an der unfassbar stickigen Hallenatmosphäre, an die sich mein Kreislauf erst gewöhnen musste. Wäre schon schön, wenn man da hin und wieder auch mal durchlüften könnte. Rechtzeitig zu High Spirits hatte ich mich aber akklimatisiert, so dass ich bei bester Laune den ersten Höhepunkt des Programms genießen konnte. Wie schon im Vorjahr beim Rock Hard Festival machten die supereingängigen Refrains der Chris-Black-Truppe mächtig Laune. Da muss man einfach fröhlich grinsend mitwippen oder -bangen, nur geil! Anschließend stand die Futterbeschaffung auf dem Plan, die uns zur zunächst wenig aussichtsreich wirkenden Dönerschmiede spülte. Jedoch bekam ich dort tatsächlich eine einigermaßen schmackhafte vegane Pizza, Glück gehabt. Bis alle bedient waren, dauerte es jedoch etwas länger, weswegen wir gleich zwei Bands verpasst hatten.

Erst zu Holocaust waren wir wieder am Start, auf die ich mich richtig gefreut hatte, nachdem ich sie nur einmal vor 20 Jahren in Wacken live sehen durfte. Richtig toll fand ich die Show jedoch nicht gerade. Es wurde natürlich fast nur ganz alter Kram gespielt, der aber für meinen Geschmack wenig mitreißend rübergebracht wurde. Zwar sieht John Mortimer noch ziemlich fit aus, stimmlich ist er allerdings sehr knödelig unterwegs. Außerdem hätte ich unbedingt auch wenigstens einen Song von der großartigen "Hypnosis Of Birds" hören wollen, die aber völlig außen vor blieb. So lief der Set vorausschaubar auf das unvermeidliche "Heavy Metal Mania" zu, als ich mich bereits uneuphorisch auf die Tribüne verlagert hatte. Bei Medieval Steel befand ich mich mit meinen Kapeiken aber wieder in Riechweite der Tierleichenbräterei, wo wir Zeuge eines sehr amtlichen Auftritts wurden, der ein ums andere Mal die legendäre Mohr-Faust hervorzucken ließ. Astreiner, gut abgehangener Metal vom Fass - sollte man sich vielleicht doch mal was von zulegen.

 Eher noch überzeugender gestaltete sich der anschließende Liege Lord - Auftritt, zumal ich in dem Fall dann auch mal ein bisschen was vom Material kannte. Das sah natürlich auch der Graue so, der vollends in Fahrt kam, mit seinem gleichfarbigen Kollegen abrockte und auch zufällige Passanten nicht verschonte... Blieben noch Possessed, auf die ich nicht sonderlich heiß war, da mir deren Gerumpel immer ziemlich am Allerwertesten vorbeiging. So schlimm klangen sie dann aber gar nicht, sondern fast schon technisch versiert. Außerdem wirkte es recht beeindruckend, wie evil Jeff Becerra doch in seinem Rolli performte. Also zog ich mir das ganze noch eine Weile rein, bevor ich den bereits angekündigten Frühaufbruch hinlegte, da ich ja Schlafdefizit hatte. Dazugelernt hatte ich aber leider nicht, denn wiederum musste ich feststellen, dass es sich halb besoffen einfach schlecht pennen lässt...

Nach gemütlichem Frühstück nebst Beschallung durch Lars' fulminöse Aktivbox trudelten wir zu Attic wieder in der Halle ein. Langsam wird's schon zur Routine, diese Band laufend zu sehen, aber man muss zugeben, dass die Jungs immer besser werden. Vielleicht haben sie mich bald. Toranaga stellten danach eine echte Überraschung dar, denn von deren auf mich bisher eher verkrampft technisch wirkenden Thrash hatte ich mir gar nichts erwartet. Live und in Farbe klang das Zeug aber durchweg flüssig und gut verdaulich, so konnte es weitergehen. Midnight zockten zwar viel unfrickeliger, boten aber eine unterhaltsame Maskenshow und sorgten mit ihrem räudigen Trio-Sound für mächtig Stimmung im gut gefüllten Auditorium. Da konnten October 31 nicht gegen anstinken. Keine Ahnung, was an der Band toll sein könnte, ich fand das Gebotene einfach belanglos. Eine gute Gelegenheit, die morschen Knochen ein bisschen auszuruhen. Gern hätte man auch ein bisschen frische Luft geschnappt, doch draußen herrschte ungemütliches Spätwinterwetter.

Also blieben wir drin, so dass wir mitkriegten, wie die gediegenen britischen Herren namens Legend loslegten. Wohl brachten sie den unmetallischsten Sound des Wochenendes, zumindest aber klangen sie sehr melodisch und recht zahm, dabei aber trotzdem überzeugend. Wenn Lars spontan ne Scheibe am Merchstand kauft, will das schon was heißen. Weniger glücklich ist er inzwischen mit seinen neuen Jack Starr's Burning Starr - CDs, die er sich in jugendlicher Euphorie nach dem KIT zahlreich kaufte. Dabei klang die Chose live echt fein, und auch die Show kam völlig gediegen. Crystal Vipers Marta an der Zweitgitarre sorgte allein schon für mächtig Sympathiebonus, während Chef Jack aussah, als hätte er mit seinem einstigen Virgin Steele - Kollegen DeFeis immerhin noch den Schönheitschirurgen gemeinsam. Gute Darbietung jedenfalls. Was aber noch nichts war im Vergleich zu dem, was nun folgte: Als Steel Prophet mit "The Ides Of March" und "Montag" brachial einstiegen, war sofort klar, dass die Band trotz längeren Herumdümpelns in der Halbversenkung kaum etwas von ihrer originalen Power eingebüßt hat. Mächtig Druck entfachten die Mannen um Steve "Buckelchen" Kachinsky Blakmoor, dass es eine wahre Wonne war. Wie schön, mal wieder Rick Mythiasins wunderbare Sirene heulen zu hören! Wobei dieser schon als zweiter Sänger des Festivals seinem Job vom Rollstuhl aus nachkommen musste. Zwischendurch hielt es ihn nicht mehr auf seinem Sitz, so dass man dachte: "Hey, Metal heilt, er kann wieder laufen!" Hoffentlich hat sein Arzt die Aktion nicht mitgekriegt... Neben geschmeidigem Speed sorgten die Amis auch für melancholische Gänsehaut-Momente mit der herrlichen Ballade "Earth And Sky" sowie für großes Staunen, indem sie eine astreine Version der "Bohemian Rhapsody" auf's Parkett legten. Hoffentlich haben die Jungs wieder richtig Blut geleckt!

Alles klasse also, bis auf manche Typen, die in ihrem Tran nicht merken, dass auch andere Leute Platz zum Stehen brauchen. Und was gar nicht geht, sind ein paar Gestalten, die mittendrin auf "Führers Geburtstag" anstoßen, widerlich! Vielleicht hat mir das kurzfristig die Laune verdorben, jedenfalls konnten mich Angel Witch nicht wirklich begeistern. Genau genommen plätscherte der Gig wohl irgendwie an mir vorbei. Was auch an der gespannten Erwartung an den kommenden Warlord - Auftritt gelegen haben könnte. Da hatte ich nämlich wie die meisten so richtig Bock drauf. Und wir wurden nicht enttäuscht, mal abgesehen vielleicht von vereinzelten Gewohnheitsmiesmachern. Wenn aber solche Perlen wie "Winter Tears", "Mrs. Victoria" oder "Aliens" kompetent vorgetragen werden, muss einem doch einfach das Herz aufgehen. Man brauchte den Blick ja nicht auf Bill Tsamis verharren lassen, der nahezu ohne Mienenspiel dastand, während er seine großartigen Melodien aus der Klampfe zauberte. Immerhin waren seine Mitstreiter beweglicher, und gerade Live-Aushilfssänger Giles Lavery machte einen wirklich guten Job. Einzig der Show-Abschnitt mit vier Songs des brandneuen Albums sorgte naturgemäß für ein Abflauen der Stimmung, was aber angesichts der sonstigen Euphorie locker verschmerzt werden konnte. Alles in allem ein großartiger Headliner eines feinen Festivals. Nächstes Jahr geht's weiter!

Tofukeule, Juni 2013

 

KIT XVI - Bilder

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