Donnerstag
Nun fuhren wir also hin im
brandneuen Firmenskoda, unterwegs trafen wir noch Franzi,
Daniel und Lukas, um dann nach seltsamer Ehrenrunde durch
Dessel auf einem überschaubaren Wiesenparkplatz zu landen,
wo wir unser ganzes Geraffel ausluden. Danis frisch
erworbener Klappbollerwagen brach gleich mal unter der Last
etlicher Paletten Kaltgetränke zusammen, doch was noch
blöder war, es fing an zu regnen oder besser gesagt zu
schütten, kaum dass wir den ungewissen Weg zum
Campinggelände in Angriff genommen hatten. Kurz unterm Baum
ausgeharrt, der bald schon keinen Schutz mehr gegen die
Wassermassen bot, schleppten wir uns weiter über Straßen,
Wiesen, durch Wasserlachen und Matschtümpel, bis wir
immerhin mal den Einlass geschafft hatten und das
obligatorische Armband (mit Chip) an den ermüdeten
Handgelenken trugen. Einige feuchte 100 Meter weiter
erreichten wir schließlich den Zeltplatz ohne wirklichen
Plan, wie weit es denn noch war bis zu freien Flächen. Eine
Vorhut erkundete die Lage, und die war schlecht. Auf teils
überschwemmtem Weg stauten sich die Ankommenden, weil man
noch nach hinten ins Nichts geleitet wurde, während weiter
vorn die Ordner beharrlich sturr blieben und uns nicht auf
die gähnend freien Abschnitte ließen. Fuck, mehr als Bier
trinken und beobachten, wie einem Schwimmhäute wuchsen,
konnte man nicht tun. Mohr war schon mit den Nerven runter
und hätte sich am liebsten zurück auf die sauerländische
70er-Jahre-Couch gebeamt.
Ich holte ihn in seinem
Schmollwinkel samt 1,5-Liter-Mineralwassersixpack ab, zurück
zur wartenden Amphibiengruppe, wo das Blatt sich wendete:
Der Regen hörte endlich auf und wir sahen, dass unsere
Kapeiken bereits im Begriff waren, die Zelte zu errichten.
Danke, Schicksal! Wir drei alten Säcke verfrachteten uns in
das von Lars eigens erworbene Großzelt mit Vorhalle und
Teilunterkellerung, das sogar in angemessener Zeit
aufgestellt war. Trotzdem dämmerte es schon langsam nach dem
endlosen Schleppen und Warten, so dass wir das deutsche
EM-Gruppenspiel gegen Polen gleich mal knickten (und nichts
verpassten). Mit Mohr ging ich dann durch Drehkreuz und
Körperscanner aufs Festivalgelände, wo die gefräßigen
Muntenautomaten erste Fuffis verschlangen. 0,25 Liter
abgestandenes Jupiler im geschmacksneutralen Plastebecher
gab's demnach für schlanke 2,75 €, wir haben's ja. Mit
frisch benetzten Kehlen latschten wir also ins riesige
"Marquee", wo man durch Primal Fear erstmal auf
überschaubarem Niveau unterhalten wurde, aber wir waren ja
eh mit Akklimatisieren beschäftigt, kriegten davon also
nicht allzu viel mit.
Anschließend gab es aber
immerhin noch ein Schmankerl, denn wie schon vor drölfzig
Jahren an gleicher Stelle gab sich Udo die Ehre,
erfreulicherweise unter dem "Dirkschneider"-Banner mit
reinem Accept-Set. Das hieß gut 20 Songs Solinger
Stahlklassiker, das musste ja geil werden. Wurde es auch,
schließlich ist man mit den ganzen Hits groß geworden, also
hatten wir echt Spaß. Der kleine Runzelmann knurrte und
krächzte in gewohnter Manier und hatte wohl selbst mehr
Freude, als ihm eigentlich lieb gewesen wäre, schließlich
betont er ja immer, dass er mittlerweile längst genug
starkes U.D.O.-Material hätte, um die Accept-Nummern gar
nicht mehr zu brauchen. Aber nun merkte man, dass letztere
halt doch mehr können. Mohr und ich genossen es also,
blubbten uns gegenseitig fachmännische Kommentare ins Ohr,
waren mit dem Sound aber nur halb zufrieden. Am besten klang
es auf der Rampe am Zelteingang, worunter wahrscheinlich ein
Ultraflach-Mischpult von eifrigen Flundermenschen bedient
wurde. Eine ähnliche Setlist hätte ich demnächst dann gern
von Accept selbst, denn gitarrenmäßig klingt das von Wolf
Hoffmann halt doch noch eine Klasse besser. Gegen 2 Uhr
suchten wir anschließend was Gediegenes zu futtern, fanden
aber nur Standard-Pommes, also hinein damit in die gierigen
Schlünde. Bald darauf hauten wir uns in die Penntüten, die
beiden Kollegen in der Schlafkammer, ich im geräumigen
Vorraum.
Freitag
Der Schlaf gestaltete sich halbwegs
brauchbar, und da die Sonne sich nach Aufgang weiter rar
machte, hielten wir es auch recht lang unter der Zeltplane
aus. Echten Komfort bedeutete das sich in Spuckweite
befindliche Sanitärzelt mit Waschrinnen, Duschen und
wassergespülten Vakuumsitzklos. Hygienetechnisch befand sich
also alles im Lot. So zog der Vormittag beschaulich vorüber,
bis wir uns ins Getümmel wagten. Lars und Mohr mussten
nochmal zum Auto, wir verabredeten uns zu Raven, doch
sollten wir es schaffen, uns den ganzen Tag nicht ein
einziges Mal mehr zu treffen. Zur Mittagszeit stand ich also
unbegleitet vor den altgereiften Gallagher-Brüdern nebst Mr.
Hasselvander. Das Trio ist schon optisch nach wie vor sehr
unterhaltsam, auch wenn man sich fragt, wie lang sie noch
ihre bewegungsfreudige Show durchziehen können, denn
angesichts der morschen Knochen wirkt das alles nicht sehr
gesundheitsfördernd. Guter Frühschoppen-Sound natürlich.
Anschließend traf ich auf
unsere drei Jungspunde, mit denen ich erstmals Richtung
Doppelhauptbühne ging, um dem Soilwork-Gig beizuwohnen, dem
vor allem Daniel entgegenfieberte. Nun ja, ich fand's ganz
okay, kannte tatsächlich sogar einen Song, aber die
Performance des Herrn Strid hätte dessen Spitznamen "Speed"
gern mehr Ehre machen dürfen. Gerade auch während der
Ansagen wirkte er arg relaxt, um nicht zu schreiben
gelangweilt. Passte nicht wirklich zum relativ wuchtigen
Sound. Was die aufgefahrene Technik betraf, war man aber
schon gleich beeindruckt. Zwei fette Bühnen direkt
nebeneinander mit entsprechender PA und Videoanlage, die
sich gewaschen hatte. Selbst im grellsten Sonnenlicht konnte
man noch gestochen scharf verfolgen, was auf der Bühne vor
sich ging, Live-Konzertfilm quasi. Nachteil dabei
allerdings, dass die Augen meist dort kleben blieben, was
bisweilen ein komisches Gefühl der Distanziertheit
verursachte, weil man es so ja quasi auch im Live-Stream
hätte schauen können.
Derlei Probleme gab es mit den
Zeltbühnen nicht, wo nun Grand Magus im "Metal Dome"
aufspielten. Diese sorgten bei den zahlreich Anwesenden auch
für ordentlich Stimmung, aber genau genommen ist es doch
wirklich billiger Bumsmetal, den die Truppe seit zig Alben
abliefert. Wenn auch halbwegs gut gemacht, primitiv ist es
trotzdem und bestimmt bald nicht mehr so einfach zu
ertragen. Diesmal ging es noch, so dass meine Laune zu
positiv war, um ernsthaft ein Selbstmordattentat bei Virgin
Steele in Erwägung zu ziehen. Stattdessen legten wir zu
viert ein längeres Päuschen am Lager ein bei Bier,
Dosenfutter und qualitativ schwankender Beschallung seitens
der Nachbarn. Gegen 17 Uhr machten wir uns wieder auf zu den
Bühnen, denn langsam ging es musikalisch in die Vollen. Ein
bisschen was bekamen wir noch von Heaven Shall Burn mit, die
ordentlich Alarm machten. Da wurde ein Mehrfaches der
Energie von Soilwork entfacht, so muss das sein.
Nun wollte ich Foreigner sehen und
bewegte mich recht weit nach vorn, wobei ich unsere
Jungschar aus den Augen verlor. Das Backdrop versprach viele
Songs des legendären "4"-Albums, was die Setlist leider
nicht ganz halten konnte. Der Altherren-AOR klang trotzdem
geil und wärmte von innen, wobei Frontmann Kelly Hansen sehr
agil und kommunikativ wirkte, während Mick Jones einfach nur
rumstand und Gitarre spielte. "Urgent" und "Juke Box Hero"
kamen großartig, aber leider deutete sich bereits das Ende
an, wo es doch gerade erst richtig angefangen hatte. Hansen
ließ schließlich Erinnerungen an meinen einzig erlebten
katholischen Gottesdienst aufkommen, indem er uns
aufforderte, die Nachbarn zu drücken, wozu bei vielen aber
wohl der Pegel noch nicht ausreichte. "I Want To Know What
Love Is", so richtig erfüllt wurde der Wunsch hier also
nicht. Immerhin fand ich hernach aber eine Lösung für meinen
schon wieder knurrenden Magen. Unter all den Fressständen
entdeckte ich tatsächlich einen rein pflanzlichen. Bei "Just
Like Your Mom" - Catering verleibte ich mir einen wirklich
leckeren Burger ein, es sollte nicht der letzte sein an
diesem Wochenende, auch wenn man für den Preis beinahe ein
mehrgängiges Menü im Sterne-Restaurant hätte bekommen
können.
Um den schon wieder bedrohlich
dräuenden Wolken keine Angriffsfläche zu bieten, schaute ich
mal im "Metal Dome", wo ich ungewollt Zeuge der wohl
beschissensten Band des ganzen Festivals wurde. Amaranthe
sind nun wirklich der Pickel am Furunkel des kalkweißen
Arschs der Trällerelsenszene. Nix wie weg! Viel, viel
schöner war es da doch um die Ecke im Classic Rock Café bei
coolen, alten Videoclips und mittelgroßen Bieren. Zu
Megadeth zog es mich wieder nach draußen. So geschmeidig hab
ich Mustaine und Gefolge wahrscheinlich noch nicht gesehen,
was an des Meisters guter Laune gelegen haben könnte. Wenn
ich nicht irre, huschte des öfteren ein lässiges Grinsen
übers breite Maul. Instrumental war auch alles im Lot, nur
der "Gesang", nun ja... Wirkte extrem angestrengt, wie der
Mann sein Geröchel hervorbrachte, gut geklungen hat es eh
noch nie. Die Setlist war okay, wenn auch wenig
überraschend. Anschließend erblickte ich tatsächlich
bekannte Visagen, Gonzo und Macke liefen mir in die Arme! Da
musste gleich mal ein Freudebecher herhalten. Ersterer,
rastlos wie eh und je, schleuste uns weiter zu Zakk Wylde,
der aber auf einem komischen Trip zu sein schien. Konnten
wir nix mit anfangen, also kurz bei Apocalyptica geguckt und
schließlich doch wieder vor der Mainstage gelandet, wo Amon
Amarth ganz gut Alarm machten. Hätten wir auch gleich
dableiben können.
Nun war es also so weit, der für uns
vermutlich allerletzte Gig der lebenden Legende stand an,
Black fuckin' Sabbath. Da musste man sich erstmal kneifen.
Wir schreiben das Jahr 2016, der eigene Körper sendet
bereits regelmäßig Signale, die aufs baldige Ende hindeuten,
und doch steht nun der 67-jährige Ozzy vor einem und kriegt
es immer noch ganz gut gebacken. Ein medizinisches Wunder.
Tony und Geezer könnten es wahrscheinlich noch 20 Jahre
durchziehen, wie es aussieht, schade aber, dass Bill Ward
nicht am Start war. Fand ich recht unfein, ihn, dem man
früher schon regelmäßig den Bart anzündete, auszugrenzen,
das bisschen Getrommel hätte er schon noch irgendwie
hinbekommen. So saß halt ein gewisser Tommy am Drumkit,
zweifellos gut, aber irgendwie schon ein bisschen zu
lebhaft. Egal, mit "Black Sabbath" ging es natürlich los,
Gänsehaut von innen stellte sich ein, auch eine gewisse
Melancholie, und in diesem Zustand genoss ich noch einmal
eine Show der wohl geilsten Band aller Zeiten mit
ebensolchen Songs. Dankenswerterweise zelebrierten sie einen
Klassiker nach dem anderen und verzichteten ganz auf
Material von "13", das man heute auch gar nicht hören
wollte. Licht und Sound waren bestens, und dazu gab es eine
ziemlich fette, beeindruckende Videoshow, die fast schon zu
sehr ablenkte. Im Nu waren 90 Minuten verflogen, endgültiger
Schlusspunkt: "Paranoid". Tschüss und ganz viel Danke an die
Herren Sabbath.
Normalerweise wäre ein Festivaltag
nun zu Ende gewesen, nicht so beim Graspop, wo doch
tatsächlich anschließend gleich der großartige King Diamond
die kleine Abigail zum Leben erweckte. Meine Fresse, und
Prince Denmark war wirklich wieder verdammt gut in Form.
Selten hab ich ihn so punktgenau tirillieren hören, die Show
war gewohnt opulent und natürlich hat auch sonst alles
gepasst. Nach einer handvoll Best-Of-Hits kamen wir in den
Genuss des kompletten Abigail-Werks, besser geht's nicht.
Nach zwei solchen Hammerbands guckte ich auf dem Rückweg
noch kurz bei einer Motörhead-Coverkapelle, um schließlich
die beiden verlorenen Brüder friedlich schlummernd in ihrem
Schlafgemach vorzufinden. Was die wohl den ganzen Tag so
getrieben hatten?
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Samstag
Die Geschichte des Samstags ist mal
eher ziemlich schnell erzählt. Aufgrund des nur mäßig
einladenden Wetters hingen wir nämlich bis nachmittags in
unserem Lager rum und genossen das wohnliche Ambiente
unseres Vorzelts respektive Pavillons. Musikalisch
Zwingendes wurde drüben auf den Bühnen eh nicht geboten,
also hatten wir viel Zeit für Frühstück, -schoppen und
hochgeistige Gespräche. So kam Lars auch endlich dazu, sich
wie verabredet den Text von "Hallowed Be Thy Name" mit Hilfe
mehrerer großbuchstabig bedruckter Blätter draufzuschaffen.
Reichte nur nicht mehr ganz für's morgige Konzert, aber ist
halt auch schwierig bei dem Tempo des Dickinsonschen
Vortrags. Gegen Mittag erkaufte ich mir den Genuss einer
warmen Dusche, eine gute Maßnahme, komisch nur die
eingeschränkten Öffnungszeiten der Brausekammern.
Es war wohl fast schon 17 Uhr, als
wir uns in Bewegung setzten, um zunächst beim Metalmarkt
vorbeizuschauen, wo Lars' einstige Arbeitgeber Clumsy und
Nelly versuchten, Geschäfte zu machen. War wohl schwieriger
als gewöhnlich, da das Konsumzelt doch ziemlich versteckt
auf dem Gelände platziert worden war. Man fragte sich eh,
wieso sich das Leute antun, wenn man hört, welch strengem,
bizarren Regime die Händler unterlagen. Für mich wär das
nix. Als Clumsy auch noch die Strenge seiner Aufseherin
wegen zu langen Smalltalks zu spüren bekam, verdufteten wir
lieber zu Kadavar. Und diese gefielen mir heute nicht ganz
so gut wie zuletzt beim HoD. Vor allem das Gepose des
Drummers ging mir recht bald auf den Keks. Musste der Typ
echt durchgängig einen auf Muppet-Tier machen? Konnte ich
auf Dauer nicht ernst nehmen. Sonderlich lang ging die Show
eh nicht mehr, bevor wir schon wieder auf dem Campground
landeten. Womöglich wollte noch jemand duschen oder zu Stuhl
gehen, so genau lässt sich das nicht mehr rekapitulieren.
Immerhin standen wir in dicker
Regenmontur bald erneut in der Matschepampe, um Ghost zu
sehen. Zwar schon halbwegs vorne aber doch zu weit weg, um
mit bloßem Auge nennenswert was von dem Treiben auf der
Bühne zu erkennen, glotzten wir wohl die meiste Zeit Video
mit nett gestyltem Papst nebst Ghouls. Die Songs gefallen
mir eh, also war's ein nettes Vorprogramm für Slayer. Die im
Anschluss so auftraten, wie man es erwarten konnte: Bei
überschaubarem Bewegungsradius die Mucke für sich selbst
sprechen lassen und auch nicht viel quatschen zwischen den
Songs. Lässig-diabolisches Auftreten halt. Kommt schon immer
wieder gut, dem reiferen Alter entsprechend. Warum sie das
abgenudelte "Thunderstruck" als Intro nahmen, bleibt ein
Rätsel. Cool dagegen das Hanneman-Backdrop im Heineken-Style
und vor allem die verschleppte Explosivität solcher
Klassiker wie "Dead Skin Mask" oder "South Of Heaven", zum
Abschluss das unvermeidbare "Angel Of Death". Wir waren's
zufrieden, nahmen eventuell noch ein Schlummifix und
trollten uns langsam zu den Bettstätten. Nightwish und
Volbeat schenkten wir uns. Da hatten wir anscheinend gerade
mal drei Bands gesehen, und trotzdem flog der Tag schnell
vorbei. Langsam dachten wir sogar schon über die Abreise
nach, aber erstmal war pennen angesagt.
Sonntag
Sonntag Morgen, ca. halb neun,
wurden wir auf herrlichste Weise geweckt: Maiden machten
Soundcheck mit "Children Of The Damned" und uns ging
kollektiv das Herz auf ob der wunderbaren Klänge. Das war
mal ein geiler Start. Danach schmeckte natürlich bald das
erste Bierchen, auch unserem Fahrer, und so war recht
schnell klar, dass wir doch erst Montag früh zurückgondeln
würden. Trotzdem ging mittags die Packerei los, da unsere
Companeros auf jeden Fall schon in der kommenden Nacht
starten mussten, und auch wir drei Alten brachten eine erste
Ladung Zeug zum Auto. Also war wieder längeres Schleppen
angesagt, was uns sowohl In The Woods als auch die
Overkill-Show kostete. Schade drum. Zu den nach vorn
verlegten Saxon waren wir dann immerhin am Start und trafen
wie verabredet Gonzo. Biff & Co. mal wieder zu sehen, kam
echt gut, die Truppe war in top Verfassung. Überraschungen
in der Songauswahl gab es kaum, auch wenn Mr. Byford
zwischenzeitlich die Setlist aufaß, um das Publikum
bestimmen zu lassen. "Suzie Hold On" wurde anscheinend nicht
gefordert, stattdessen kam das unvermeidliche "Crusader"
sowie Stücke über Klamotten oder Dampflokomotiven. Kennt man
alles, ist trotzdem in gewissen Abständen sehr unterhaltsam.
Einen Burger später mussten Mohr und
ich erstmal relaxen, also hauten wir uns kurz auf die
Matratzen. Viel mehr als ne halbe Stunde hatten wir aber
nicht, denn wir waren ja gleich wieder mit Gonzo und Lars
zum Kirschbier verabredet, außerdem wollten wir Anthrax
gucken. Diese hätten gern die komplette "Spreading The
Disease" darbieten können, brachten aber eher einen Mix aus
alt und neu und spielten irgendwie nur recht kurz. "Indians"
zum Schluss gefiel immerhin sehr, außerdem wirkte
Fronthirsch Belladonna viel besser integriert, als die
Presse glauben machen könnte. Mittlerweile war ausnahmsweise
die Sonne öfter mal zu sehen, was prompt zu leichtem Brennen
auf der Fleischmütze führte. Genug Suhlen blieben dem
Gelände erhalten, auch wenn die gemäßigteren Bereiche recht
schnell abtrockneten. Zur Überbrückung schauten wir uns
Trivium an, die einen amtlichen Gig hinlegten.
Dann war Maiden-Time. Nach dem
üblichen UFO-Intro kam zunächst neuerer Kram, dann das
bereits am Morgen vernommene "Children Of The Damned",
Neues, Klassiker, Neues... bis es am Ende bei mehr oder
weniger geilen Songs blieb. "Hallowed Be Thy Name" kam
natürlich auch zu Ehren, ohne dass wir unsere Aufgabe dazu
wirklich brauchbar hätten erfüllen können. Zum Glück
ersparten sie sich die totgenudelten "Running Free" und
"Sanctuary", stattdessen setzte "Wasted Years" einen
versöhnlichen Schlusspunkt. Technisch war alles fit, Bruce
agil wie eh und je, aber Mr. Gers bleibt einfach peinlich
mit seiner Luftgitarrenshow. Zudem find ich diese ziellos in
die Länge gezogenen Kompositionen neueren Datums schlicht
überflüssig. Sollten sie durch die zuhauf vorhandenen
Klassiker ersetzen und fertig.
Gerade noch drohten die müden
Glieder zu erlahmen, da brachte uns ein Espresso wieder auf
Vordermann. Gerade rechtzeitig, um für Twisted Sister
gewappnet zu sein, ohne dass wir übermäßig heiß drauf
gewesen wären, schließlich waren wie nie wirklich Fans. Aber
was war nun los? Dee Snider fegte über die Bühne, als hätte
er sich den ganzen Tag lang Espresso reingepfiffen. Der Typ
soll über 60 sein? Sein Pensum während nur eines Songs würde
ich selbst nach 8 Wochen Malente nicht mehr schaffen. Aber
der Vogel rennt ja nicht nur rum, er versprüht unbändige
Energie, die mächtig Laune macht. Dazu zündeten auch die
ganzen Songs, die unsereins allenfalls partiell kennt. Wir
waren jedenfalls echt völlig baff und konnten uns nicht
erklären, wieso wir zu den TS-Shows in Balingen nie so den
richtigen Draht fanden. Wir konnten nur grob vermuten, dass
wir dort möglicherweise zu später Stunde substanziell immer
schon geringfügig zu desolat unterwegs gewesen waren... Gut
dass wir nicht schon nach Maiden abgehauen waren, dies hier
war definitiv der Headliner. Spitzenshow, fuck Trump! Gegen
halb zwei kehrten wir zum Basislager zurück, wo der Pavillon
nach einer heftigen Böe längst in Trümmern lag. Nach kaum 5
Stunden Schlaf ging es auch schon ans endgültige Aufbrechen,
wobei wir in vorher kaum erwartet brauchbarem Zustand waren.
Schau einer an, zu was die gichtigen Knochen noch in der
Lage sind. Vier Tage Großevent sind also noch machbar, aber
erstrebenswert nur, wenn das Billing mindestens so stark ist
wie beim Graspop 2016. Wird also wohl des letzte Mal gewesen
sein...
Tofukeule, Juli 2016 |