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Doom Shall Rise VIII

26. & 27. April 2013, Chapel, Göppingen

Das achte DSR sollte das letzte sein, so die gar nicht mal überraschende Ankündigung von Frank und Jochen im Vorfeld. Mit dezent-latentem Abschiedsschmerz im Gepäck machten wir uns also auf zur finalen Messe in der einzigartigen Chapel.

 

Damit es nicht völlig nostalgisch wurde, ergänzte Novizin Taina die Reisegruppe mit Mohr, Gonzo und meiner Doomigkeit. In Sachen Unterkunft ging es allerdings back to the roots, denn nach langer Pause hatte ich uns wieder ins logistisch am günstigsten gelegene Hotel International eingebucht. Bald stellten wir fest, dass wir die einzigen Normalos unter lauter Musikern, Veranstaltern und sonstigen Funktionären dort waren. Als Anreiseroute wählte ich blöderweise die etwas kürzere Strecke über Schwäbisch Gmünd in der Hoffnung, dass die dortige Großbaustelle inzwischen doch mal erledigt sein müsste. Doch gefehlt, seit gefühlt 20 Jahren wird dort anscheinend der Ort komplett umgebaut, weswegen noch immer provisorische Verkehrsführung die Szenerie beherrscht.

Trotzdem kamen wir früh genug in Göppingen an, um den Start des wunderschönen Festivals mitzubekommen. Kaum im Stauferpark angekommen, wurde mir auch gleich klar, was mir in Zukunft fehlen wird: Die herzliche Atmosphäre unter all den bekannten und auch weniger bekannten Gesichtern in wunderbarer Location, getragen vom großartigsten Sound, den Menschen Musikinstrumenten entlocken können, ist in dieser Ausprägung einfach unvergleichlich. So war mir schon ganz warm ums Herz, noch bevor Petrified als erste die Bühne weihten. Die Sachsen, die so klingen, wie ihr Logo aussieht, sind die Ausgeburt einer völlig verkauzten Untergrundcombo. Seit Jahren irgendwie existent haben sie es geschafft, mir weder live noch in Form eines Tonträgers vor die Flinte zu kommen. Sie entziehen sich quasi beharrlich dem öffentlichen In-Erscheinung-Treten, von ein paar wenigen Ausnahmen wohl abgesehen. Da passt es umso besser, mal eben den Opener des letzten DSR zu mimen. Und die langjährigen Mitglieder der Gemeinde versprühten gleich mal angenehmsten Stallgeruch. Mit Hingabe und viel Groove klatschten sie uns ihre bisher in schummrigen sächsischen Proberäumen unter Verschluss gehaltenen Songs um die Ohren, garniert mit schnoddrigen Ansagen vom Feinsten. Klasse Auftakt. Und bloß keine weiteren Auftritte bitte, sonst droht der Sell-out. In Form von Victims Of Creation gab es im Anschluss ein kleines Déjà-vu für Mülli und mich, auch wenn wir die Malteser im letzten November in leicht variierter Formation gesehen hatten. Fronthüne Rex kann in dieser seiner zweiten Band aber auch astrein growlen, wie er nun zeigte. Es wurde also deathdoomig, und das mit Klasse. Sehr geil der scheinbar mühelose Wechsel zu erhabenem Klargesang, der die bittersüßen Melodien umso mehr unter die Haut kriechen ließ. Ein wirklich beeindruckendes erstes Lebenszeichen also, das nicht nur mich zum Kauf des taufrischen Debutalbums animierte.

Anschließend musste ich draußen erstmal tief durchatmen. Es zog mich auch nicht wirklich wieder rein, als Serpent Venom loslegten. Offensichtlich war mir deren Liedgut in dem Moment ein bisschen zu anstrengend. Problematisch finde ich bei den Londonern eh, dass bis auf "The Outsider" kein Song wirklichen Wiedererkennungswert aufweist. Also ging ich erst gar nicht weiter Richtung Bühne, sondern ließ die Truppe aus sicherer Entfernung mal machen. Einen ganz anderen Vibe entfachten anschließend Sideburn, von denen ich mir nicht viel erwartet hatte. Ihr rockiger, an Bands wie The Quill gemahnender Sound passte mir aber bestens in den Kram. Statt schwerfälliger Lavaklänge gab es nun also leichter Verdauliches mit ordentlich Groove, was von nicht kleinen Teilen des Publikums sehr begrüßt wurde. Die Rockstar-Qualitäten des ganz in Weiß posierenden Sängers Jani taten ein Übriges, um die Chapel ordentlich in Wallung zu bringen. Die Stimmung war somit einigermaßen angeheizt, weswegen die Quorthon-Huldigung durch Ereb Altor im Grunde weitere Energien hätte freisetzen müssen. Bei einigen Nebenleuten tat sie das auch, nur erfuhr meine anfängliche Begeisterung wegen des massiven Sample-Einsatzes schnell gehörige Dämpfer. Nix gegen dezente Konserven-Unterstützung, aber in dem Fall ging mir das Playback deutlich zu weit. Da brachte auch das amtliche Gepose der Isole-Mannen die Authentizitäs-Kuh nicht vom Eis.

Also war es an Victor Griffin, mit seiner neuen Spielwiese In-Graved für einen gelungenen Abschluss des Freitags zu sorgen. Gern hätte ich den Altmeister wieder abgefeiert, doch dazu war mir der Auftritt dann doch zu suboptimal. Es fing schon mit Soundproblemen und Gepöbel in Richtung des Mischers an, und mit dem größtenteils neuen, kaum bekannten Material, traf die Truppe nicht wirklich ins Schwarze. Vielleicht entfalten die Songs nach mehrmaligem Genuss ja ihre Qualitäten, auf Anhieb wollten sie bei mir jedoch nicht recht zünden. Zumal das Georgel des Keyboarders mir schnell auf den Senkel ging. Außerdem kann man vom Headliner des DSR wohl erwarten, dass er ein paar seiner unsterblichen Klassiker zur Aufführung bringt. So endete Tag 1 also nicht ganz befriedigend, schön war's trotzdem.

Die Zeit bis zum Start des samstäglichen Programms verbrachten wir mit einem Einkauf im Nuclear Blast - Shop sowie der Suche nach einer für alle passenden Nahrungsquelle. Beim leicht schrägen aber netten Asiamann fanden wir was einigermaßen Leckeres und tranken mal eben die Weizenvorräte weg - was nicht schwerfiel bei nur noch zwei vorhandenen Hefeteilchen.

Da die ganze Aktion länger als geplant dauerte, verpassten wir blöderweise den Opener Mountain Throne und stiegen also mit den Schweizern Phased in den allerletzten DSR-Tag ein. Leider blieb bei mir vom psychedelisch unterwanderten Sound des Trios nicht allzu viel hängen, so dass ich mir jetzt auch nichts aus den Fingern saugen will. Bei Griffin Device sieht es zum Glück anders aus, immerhin hatten sie mich schon beim letztjährigen MDM Festival überzeugen können. Auch auf den heiligen Chapel-Brettern machte das zweite Malteser-Outfit wieder eine gute Figur. Diesmal ohne Growls und auch sonst traditioneller ausgerichtet als ihre Zwillingsband vom Vortag, boten sie ihr mit kompositorischen Qualitäten gesegnetes Liedgut dar. Nur eine Veröffentlichung von den Jungs sollte langsam mal drin sein, damit man sich den Stoff auch in den heimischen vier Wänden reinziehen kann. Anschließend wurden wir Zeuge der Aufführung einer noch nicht dagewesenen Schlurfgattung: Midryasi brachten uns den Circus Doom. Frontclown Convulsion machte seinem Namen alle Ehre und schien eventuell besser in eine Manege denn auf eine Bühne zu passen. Unterhaltsam war die Show zweifellos, auch wenn die Mucke trotz geschmackvoll gewählter Pentagram- bzw. Vitus-Coversongs nicht gerade wie gemacht fürs DSR schien.

Ganz im Gegensatz zu dem, was danach die Nordlichter von Spirit Descent zur Aufführung brachten. Diese gaben sich redlich Mühe, maximal episch rüberzukommen, was ihnen durchaus auch gut gelang. Vielleicht war es schon eine Spur zu theatralisch, wie sich die Jungs pausenlos gebärdeten, aber es haben ja auch nur die wenigsten diese natürliche Erhabenheit eines Robert Lowe. Einen bleibenden Eindruck konnten sie also hinterlassen, wenn ich auch das Songmaterial wegen mangelnder Vertrautheit bisher nur bedingt einschätzen kann. Weniger extrovertiert agierten als nächste unsere Hotelkollegen von Shattered Hope. Allerdings herrschte während ihres Auftritts auch weitgehende Dunkelheit auf der Bühne, so dass man eh nicht sehr viel von ihnen sehen konnte. Ziemlich fett kam jedoch ihr keyboardgeschwängerter Death Doom rüber. In der Form gefällt mir eine Orgel dann doch viel besser als bei In-Graved... Anscheinend hatte das griechische Sextett nicht erwartet, so gut anzukommen, denn schon kurz nach ihrem Gig musste ich feststellen, dass Querblatt-Tom mir das letzte CD-Exemplar vor der Nase weggeschnappt hatte. Nachdem die reformierten Naevus beim letzten Hammer Of Doom eine solide wenn auch nicht gerade ekstatische Show abgeliefert hatten, konnte man heute wirklich staunen, mit welchem Elan Uwe und seine Jungs zur Sache gingen. Da wurde mächtig gepost und völlig losgelöst abgerockt, dass man sich fragen musste, ob man selbst schon zu tief ins Glas geguckt oder die hyperaktive Band irgendwas eingeworfen hatte. Jedenfalls passte es wunderbar zu meiner Stimmung, in dieser Phase einen Sack voll Hits von "Sun Meditation" beklatschen zu dürfen. Dementsprechend großen Spaß hatte ich, und nicht nur Mohr pflichtete mir bei. Aus meiner Sicht das Highlight des Festivals.

Doch schon gleich konnten wir schnell wieder abkühlen bei harschem Death Doom von Ophis. Langsam machte sich die heute erhöhte Beck's-Schlagzahl bemerkbar, so dass die düsteren Weisen wohl gerade nicht der ideale Soundtrack waren, doch wenigstens realisierte ich noch die vorhandene Klasse im Material der Kieler. Nun denn, der finale Gong rückte unweigerlich näher - konnte Urgestein Chritus das Sahnehäubchen auf's letzte DSR setzen? Leider nein, fand ich. Zumindest klang der Anfang des Goatess-Sets so, als würden die Musiker gerade zum ersten Mal versuchen zusammenzuspielen. Fast musste man Angst haben, es würde ein völliges Debakel. Ich war jedenfalls ziemlich entsetzt, was die neue Band des Lord Vicar - Fronters zu bieten hatte. Zu allem Überfluss ging mir langsam der Saft aus, so dass ich zwar bemerkte, dass sich die Truppe im weiteren Verlauf fangen konnte, doch die Bettschwere ließ sich nicht mehr ausblenden. Außerdem drohten ja dramatische, tränenreiche Szenen in der abschließenden Nacht, da wollte ich mich wohl lieber klammheimlich aus dem Staub machen. Im Nachhinein schade, denn ich entschwand tatsächlich, bevor Frank und Jochen mit "Black Sabbath" ein ehrwürdiges Abschiedsständchen zum Besten gaben. Hätte ich das mal geahnt... Seid euch sicher, ihr großartigen Veranstalter des coolsten Festivals aller Zeiten, in die nicht enden wollenden "Doom Shall Rise!"-Chöre stimme ich noch heute astral täglich ein. An diesem späten Samstag Abend befand ich mich leider schon auf dem Weg in unser Hotel, wo uns anderntags die griechische Reisegruppe beim Auschecken um ein Haar das Gepäck stiebitzt hätte. Zum Glück konnten wir die Verwechslung aufklären und uns anschließend vom Rezeptionsbediensteten mit Schweinchenkrawatte auf äußerst unterhaltsame Weise den Weg zum Bahnhof erklären lassen. Ein heiterer Abschied also, der die Hoffnung zur Rückkehr lässt. Bei einer neuen Fleischwerdung des Chapel-Geistes wären wir sicher dabei. Bis dahin verbleiben wir mit unermesslichem Dank an alle Beteiligten für acht grandiose, unvergessliche Festivalwochenenden.

Tofukeule, August 2013

 

DSR VIII - Bilder

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