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Doom Shall Rise V

Chapel, Göppingen, 27. & 28.4.2007

Am Ende des ausgefallenen Sommers wurde mir klar, dass ich weder Zeit noch Lust haben würde, über jedes miterlebte Festival größere Abhandlungen zu schreiben. Vielleicht eine Zusammenfassung sollte es werden. Das grandiose Doom Shall Rise allerdings, das nun schon zig Monate zurück lag, hatte solch nachhaltige Eindrücke hinterlassen, dass es eine eigene Seite bekommen musste. Hier das Ergebnis.

Hach, war das wieder schön! Der Lenz voll am Ausbrechen, lauter nette, freakige Leute und natürlich zwei ganze Tage lang Doom bis zum Abwinken. Kann man ein Wochenende im April perfekter verbringen? Schwerlich. Das einzige kleine Ärgernis wurde Bruder Mohr und mir bewusst, bevor es so richtig los ging. Die günstigst in Stauffer-parknähe gelegene und zum dritten Mal angesteuerte Herberge wird ihren gesalzenen Preisen nämlich immer weniger gerecht. Für rund 90 Schleifen pro Nacht im DZ kann man wohl etwas mehr als ne kleine Butze mit spartanischer Nasszelle, videotextfreiem Klein-TV und nicht vorhandener Minibar erwarten. Dass gleich beim Einchecken abkassiert wurde, machte die Angelegenheit auch nicht sympathischer. Von daher würde ich fürs nächste Mal sagen, Hotel International, fuck off! Ansonsten liefs aber äußerst geschmeidig. Natürlich waren auch wieder unsere Lieblingsmitdoomer aus NRW am Start, die jederzeit für Fachgespräche, ne Runde Helles oder moralische Unterstützung aller Art zu haben waren.

Das musikalische Programm am Freitag ging eher zäh mit technischen Problemen und relativ räudiger Mucke von Low Man's Tune und My Shameful los. Mael Mordha ließen es anschließend mit ihren gälischen Heldenepen aber ordentlich krachen. Sie erreichen zwar nicht die Klasse ihrer Landsbrüder von Primordial, stoßen aber ins gleiche Horn, auch wenn Kollege Gonzo dies vehement abstreitet. Die imposante Kriegsbemalung war auch nicht von schlechten Eltern. Richtig gefreut hatte ich mich auf Memory Garden, die ich vorher lediglich einmal in Wacken (müsste '99 oder 2000 gewesen sein) live erleben durfte. Die Jungs haben zum Glück nichts verlernt und machten ordentlich Dampf mit metallischer Wucht und angenehm eunuchigen Vocals. Scheiß auf das ganze Gegrunze! Die kommende MG-Scheibe dürfte wieder Pflichtkauf werden. Weniger feucht machte mich die Aussicht auf den Earthride-Gig, denn Mister Sherman ist für meine Begriffe ne Idee zu fertig für großartige Darbietungen. Außerdem langweilen mich diese unzähligen, uninspirierten Maryland-Combos, die meinen, Teil einer legendären Szene zu sein. Na gut, unterhaltsam war es schon, dieses Wrack alles aus sich rausholen zu sehen. Gar denkwürdig des Frontmanns Ritt auf dem imaginären Bock - ein unvergesslicher Moment! Ansonsten aber wie befürchtet eher verzichtbares Songmaterial.

Viel geiler war dafür der freitägliche Schlusspunkt in Form von Forsaken. Zweimal innerhalb von 7 Tagen hab ich die Malteser auch noch nicht gesehen... Natürlich war die Show noch intensiver als beim Elements Of Rock, denn hier war schließlich ihr Publikum. Auch wenn beim DSR gerade die klassischsten Bands selten die größte Resonanz bekommen, hatten Leo & Co. wie gewohnt gewaltigen Spaß inne Backen. Ich glaube, der Kerl durfte sich sogar über ein kleines Geburtstagsständchen freuen... Gleich zwei Sabbath-Cover und eigene Hits wie "Daylight Dies" und "Via Crucis" machten nicht nur mich froh und sorgten für ein fulminates Sahnehäubchen auf DSR-Tag 1.

Anschließend wurden vor Ort bzw. in der kryptischen Kneipe noch diverse Absacker und Scheidebiere gereicht, während man mit dem einen oder anderen Mitgast ins Gespräch kam. Besonders in Erinnerung geblieben ist auf jeden Fall ein äußerst imposanter Vogel namens Marshl. Ich hab zwar keine Ahnung mehr, was der Freak uns so erzählt hat, aber im Grimassen reißen war er einer der Besten. Den Zettel mit seiner hingekrakelten Webadresse www.marshl.de hab ich vorsichtshalber mal aufgehoben... Patrick machte es genau richtig, indem er sich in seiner Penntüte geradewegs auf die Kirchwiese bettete, schließlich war es trocken und nicht allzu kalt. Wenn er allerdings vorher geahnt hätte, dass ein Besucher einen Schlangenbiss erleiden sollte, hätte er sichs vielleicht doch anders überlegt. Der Graue und ich hatten ja unser Hotel, wir mussten nur noch das kurze Stück hinlaufen. Was sich im euphorisierten Zustand als äußerst schwierige Übung erwies. Ich seh mich noch immer in irgendwelchen Straßen umher irren, die ich geographisch so gar nicht einordnen konnte. Da war ich wohl mal falsch abgebogen - genau wie Mohr. Und verloren hatten wir uns zwischenzeitlich auch noch, welch Durcheinander! So ca. 2 Stunden nach Verlassen des DSR-Geländes hatte ich dann doch endlich das Hotel erreicht, wo ich mich zunächst dem Frühschoppen einiger anderer DSR-Besucher anschloss, um etwas später durch Mohrs Klopfen nochmal aus dem Bettchen getrieben zu werden. Zum Glück hatte auch er es endlich geschafft, wenn auch unter Erleiden einer recht auffälligen Schläfenschramme. Dann endlich Heia.

Bis mittags zu pennen war nach der verspäteten Bettruhe überhaupt kein Problem. Also schlenderten wir gegen halb drei wieder zum Ort des Geschehens, wo Tag 2 angenehm entspannt mit rockigem Sound von Last Supper startete, die besonders durch den äußerst coolen Organisten auffielen. Sehr schön auch die Begrüßung durch Herrn Meitzler, der uns für den Vorabend einen sehr vernünftigen Umgang mit den Alkoholika attestierte. Is klar, Franz! Centurions Ghost hatte ich noch vom Reverend-Bizarre-Abschiedsgig in recht lebhafter Erinnerung und auch heute hauten sie ordentlich ins Tofumett. Frontfrettchen James machte auf mich allerdings den Eindruck, dass er nachmittags noch nicht so ganz seine Tageshöchstform ausspielen konnte. Trotzdem sauber

 Serpentcult machen Doom mit Frau am Mikro, also genau mein Ding. Könnte man meinen, ist aber nicht so. Schon die Vorgänger-inkarnation Thee Plague Of Gentlemen fand ich weder Tofu noch Seitan und genau so ging es mir mit den Belgiern erneut. Die Essenz der Songs will sich mir einfach nicht erschließen, sorry. Stereochrist behielten die heftige Schlagseite der beiden vorherigen Bands bei und sorgten für ordentlich Alarm im Pulk. Mir wurde es langsam zu untraditionell bzw. aggressiv, zumal zum Down-Cover auch noch Earthrides Sherman auf die Bühne stürmte, um uns an seiner unbändigen Energie teilhaben zu lassen. Bei seinem eingesprungenen Rittberger Richtung Publikum hat ers dann leider übertrieben, denn Auffangen wollte den Kamikaze so spontan natürlich keiner. Ergebnis: Fersenbruch!

 Erstmal richtig geil fand ich anschließend die Ösis namens Our Survival Depends On Us. Zwar auch nicht gerade von Engels-stimmen getragen ergossen sich herrlich apokalyptische Klangwälle ins Auditorium, die mein Seelchen gar angenehm streichelten. Scheiße nur, dass der alpenländische Soundmann stocktaub war. Selbst mit tonnenweise Watte in den Höröffnungen war es in der vorderen Chapelhälfte ohne Schmerzen nicht mehr auszuhalten. Da konnte auch sein Kollege hinterm Mischpult nur noch mit dem Kopf schütteln. Als der Frankenfranz dann noch meinte, OSDOU würden stark an Neurosis erinnern, war die Freude über den eigentlich fetten Gig noch mehr verpufft, denn er hatte eindeutig recht.

Nachdem der Fronter von Faith am Freitag zigmal mit unserem Gandalf für Fotos posiert hatte (wieso eigentlich?), war ich umso gespannter auf ihre Show. Leider ließ die Vorfreude nach den ersten Songs aber schnell nach, denn obskure Streichinstrumente allein machen nun mal noch keine gelungenen Songs. Inzwischen war auch Major Tom einge-trudelt, der endlich reif genug zu sein schien, um zumindest nen halben Tag Doom Shall Rise zu verkraften. Ist da nächstes Jahr sogar schon mehr drin? Angefixt genug dürfte er jedenfalls sein, nachdem er dieses fulminante Quartett zum Finale hat miterleben können.

Alter Falter, das war aber auch ein Brett! Vier etablierte, altgereifte Bands, die alle nicht zum ersten Mal beim geilsten aller Festivals zum Zuge kamen, zeigten der geneigten Meute noch mal mit voller Wucht, warum wir uns alle eigentlich versammelt hatten. Dreaming, schnörkellos, mit fettestem Groove und sächsischem Charme, immer wieder gut. Ganz groß der Abschlusstrack "Birth Means Defeat". Officium Triste, die Großmeister des Doom Death, Grunzvocals können so schön sein! Mal abgesehen vom Bassderwisch gabs zwar kaum Bewegung auf der Bühne, aber wer braucht die schon bei solch erhabenen Melodeien? Dann der emotionale Höhepunkt, die Schwabeninstitution Mirror Of Deception. Seit kurzem live zu richtigen Abräumern mutiert, gings jetzt noch mal in die Vollen. Abwechselnd abrockend und elegisch leidend schaffte es die Hausband spielend, die Essenz des Doom auf den Punkt zu bringen. Zwar unterschlugen sie diesmal "Weiß", dafür kredenzten sie aber das nicht minder himmlische "Vanished" und setzten dem Emotionsfass die Krone auf. Wenns nach mir ginge, würden MoD in Zukunft jedes Jahr zum DSR aufspielen. The Gates Of Slumber konnten zu guter Letzt zwar keinen absoluten Höhepunkt mehr setzen, aber eine gepflegte, kauzig-fette Show boten sie allemal. Nach den drei Krachern vorher war ich auch langsam einigermaßen am Ende der Kräfte... Insgesamt trotz "fehlender Headliner" war die fünfte Auflage des DSR musikalisch gewohnt brillant und vom Spaßfaktor das wahrscheinlich großartigste Doomfest bisher und überhaupt, hallelujah!

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