Bang Your Head!!!Balingen, 22.-24.6.2006 |
Es war wieder so weit, Balingen rief und wir mussten hin. Diesmal ohne Frauen, dafür mit Mohr aus Marsberg, so dass wir nach dem Rock Hard Festival erneut im Dreierpack am Start waren. Die WM-Feierlichkeiten steckten Lars und mir noch ein wenig in den Knochen, und auch unser Ostwestfale war derart früh aus den Federn gekrochen, dass wir alle bereits vor dem Fest von Schlafmangel geplagt waren. Beste Voraussetzungen also für einen dreitägigen Metalmarathon. |
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Das Wochenende fing schon außergewöhnlich an - Lars war drei Minuten vor der verabredeten Zeit am Start, noch bevor Mohr eintrudelte, das gab's noch nie! Nach ereignisarmer Anreise bot sich das gewohnte Bild bereits proppenvoller Campingplätze. Diesmal waren eine halbe Stunde nach offiziellem Einfahrtsbeginn bereits keine Einweiser und Mülltütenverteiler mehr zu sichten, so dass man sich das Parkticket glatt hätte sparen können. Entgegen unserer Befürchtung fanden wir tatsächlich noch ein Plätzchen im alteingesessenen Bereich gegenüber des Benz-Händlers, was uns 2005 nicht vergönnt war. Guter Auftakt. Danach das eine oder andere Werni aus der Kühlbox, bis nachmittags der in diesen Tagen unvermeidliche Fußball auf dem Plan stand.
Im Partyzelt hing tatsächlich 'ne Leinwand, wenn auch nicht übermäßig groß. Einige Dutzend Interessierte fanden sich ein, mussten aber mächtig die Fantasie bemühen, denn sobald die Sonne rauskam, sah man nur noch schemenhaft irgendwelche Schatten über die Matte huschen. Dass Italien das Ding gegen Tschechien gewann, haben wir immerhin realisiert. Leider haben die Azzuri ja auch im Halbfinale noch Geist gehabt... Im Gegensatz zu sonst war nun kein verstärktes Festivalantrinken angesagt, da ich zum ersten Mal überhaupt Tickets für die Clubshow geordert hatte. Irgendwann muss man das ja auch mitgemacht haben. Der Shuttle-Bus kam spät, fuhr dafür aber entsprechend schneller, was für eine stimmungsvoll kurze Fahrt nach Hechingen sorgte. Der Club kam mir ziemlich zerfasert vor. Hier 'ne Theke, dort 'ne Theke, zwischendrin Stufen und ziemlich groß das Ganze. Verlaufen hat sich von uns zum Glück trotzdem niemand. Als erstes kamen Abandoned mit flockiger Thrash-Show wie gehabt, mit den Jungs kann man nicht viel falsch machen. Dann Beyond Fear feat. Ripper Owens, die mich nicht so wirklich vom Hocker reißen konnten. Kann es sein, dass das am wenig filigranen Songwriting liegt? Ganz anders Raven, die auch nahe des Rentenalters noch unbändige Energie versprühen und einen Klassiker nach dem anderen raushauen. Das Kopfmikrogekreische des Frontgallaghers ist sowieso legendär. One for all! Zu guter Letzt Tony Martin, der mit Glatze kaum wieder zu erkennen war. Gesangstechnisch natürlich astrein, verwunderlich nur, dass der Mann Sabbath-Stoff Marke "Children Of The Sea" brachte, was man von ihm nun nicht unbedingt erwartet hätte. Trotzdem 'ne recht geile Geschichte, etliche Hits um die Ohren geschleudert zu bekommen; schließlich und endlich auch "Headless Cross". Insgesamt ein sehr netter Abend im WOM und viel stressfreier als all die Jahre befürchtet. Da könnte man in Zukunft öfter hingehen. Die Rückfahrt im Bus war wieder ziemlich flott, was im angeschickerten Zustand umso besser kam. Dann hielten wir es noch bis etwa halb Vier im Zelt mit der langen Theke aus, wobei ich mich nicht mehr detailliert erinnern kann, was der DJ so für Songs an den Start brachte. Gut weiß ich aber noch, dass wir 'ne vermeintliche Campingplatz-Nachbarin vom Rock-Hard-Festival sichteten, die für genug Gesprächsstoff sorgte, dass die Nacht nicht langweilig wurde. Manche Dinge müssen halt konkret ausdiskutiert werden... Das Erwachen am Freitag war nicht sonderlich böse, so dass es auch kein Problem für uns war, um kurz vor Elf rechtzeitig zu Communic vor der Bühne zu erscheinen. Das Norwegen-Trio brachte einige seiner feinen Songs flüssig zu Gehör, was ein prächtiger Einstand ins Festival war. Ganz so mitreißend wie im Jahr zuvor in Gelsenkirchen fand ich sie allerdings nicht, vielleicht weil der Newcomer-Effekt nicht mehr so zum Tragen kam. Außerdem wirken drei Männchen, die sich vornehmlich aufs Zocken konzentrieren, auf einer so großen Bühne zwangsläufig ein wenig verloren. Wie auch immer, die Mucke war jedenfalls ein gediegener Wachküsser.
Noch schöner wurde es anschließend. Auf Leatherwolf war ich zwar halbwegs gespannt, aber mit einer derart überzeugenden Performance hätte ich nicht gerechnet. Wade "War Machine" Black ließ sein Söldnerimage vergessen und wirkte, als wäre er schon jahrelanges Bandmitglied. Ein Top-Trällerer ist er eh und veredelte somit die bekanntermaßen treffsicheren Stücke in der Schnittmenge aus Stadionrock und Power Metal. Der perfekte Sound fürs Bang Your Head!!! Und die Stimmung ließ sich noch weiter steigern: Gleich danach besorgten es uns Flotsam & Jetsam mit einer Auswahl ihrer Klassiker, die hauptsächlich ihren ersten beiden Göttergaben entstammten. Darauf sind nun mal ausnahmslos Bay-Area-Thrashos aus dem Lehrbuch verewigt, die zudem mit überraschender Spielfreude vorgetragen wurden. Die Band lebt tatsächlich noch, geiler Gig! Da freut man sich gleich umso mehr aufs kommende KIT.
Eigentlich hätte ich Vengeance auch gern gesehen, doch angesichts der unbändig brutzelnden Sonne mussten wir für ein Weilchen die dünn gesäten Schattenbereiche aufsuchen, wo wir auch noch während Raven auskühlten. Dann ging's wieder in die Vollen. Wenn die Olive alias Jon Oliva seine geschätzten vier Zentner Lebendgewicht auf die Bretter wuchtet, herrscht verschärfte Anwesenheitspflicht. Der Mann braucht ja auch nur entspannt ins Savatage-Archiv zu greifen und fördert garantiert einen ganzen Sack voll Klassiker mit Gänsehautgarantie hervor. So auch an diesem sonnigen Nachmittag. Wenn er dann noch die Sauferei vorm Auftritt in Grenzen hält, was anscheinend seit einer Weile seine Prämisse ist, kann er alles an Sangeskunst und Entertainment bieten, was das Bangerherz begehrt. Da sieht man sogar mal einiges an Weibsvolk abrocken, das sich unter die vielen Metalopas gemischt hatte. Ein ganz feiner Auftritt des Mountain Kings!
Weiter im Takt ging es mit Death Angel, die auch ich mir diesmal endlich konkret reinzog. Bisher hatte ich sie irgendwie immer maximal am Rande registriert, da ich auch zu den Scheiben nie den heißen Draht gefunden hatte. Jetzt versteh' ich die vielen begeisterten Stimmen nach den Shows in Balingen oder Wacken erst. Die Vetterntruppe versprühte 'ne Mordsspielfreude und haute uns die thrashigen Nummern nur so um die Lauscher. In Anbetracht dieser mitreißenden Darbietung konnte man auch mal das eigentlich für Foreigner gedachte Luftsaxophon frühzeitig leicht zweckentfremdet zum Einsatz bringen, dachte sich manch Anwesender... Somit war die Stimmung mehr oder weniger ganz weit oben. Also sollte endlich der bereits früher gesichtete Pumpsmann aus dem Siegerland zugetextet und zum Fotoshooting überredet werden. Das schien ihm alles andere als unangenehm zu sein, so dass ich einen ziemlichen Spaß hatte, ihn zu diversen frivolen Posen zu bitten. Danke dafür! Die nun auf dem Programm stehenden Helloween ließ ich nahezu komplett an mir vorbei rauschen, um anschließend umso freudiger dem Gig von Foreigner entgegen zu sehen. Doch was war das für eine Playlist? Es hätte echt nicht gleich die komplette "4" zum Zuge kommen müssen, aber eine ebensolche Anzahl an Songs aus dem Megahitalbum hätte es schon sein dürfen. Stattdessen spielten sie jede Menge Zeug, das unsereinem nur marginal was sagte. Immerhin bekam Lars sein "Urgent", so dass er die Blaseblechbläser zurecht zum Einsatz gebracht hatte. |
Danach verlor sich unser Grüppchen wie fast jedes Mal aus nicht ganz nachzuvollziehenden Gründen, was dazu führte, dass ich mich bei In Flames allein im Pulk wiederfand. Ich ließ das Liedgut der Schweden mal so auf mich wirken und war recht schnell in den Bann desselben gezogen. Scheiße, war das geil! Körperlich gefühltermaßen auf dem Höhepunkt meiner Leistungsfähigkeit fuhr mir das melodische Todesblei nur so in die Glieder und brachte mich in ekstatische Verzückung. Echt erstaunlich wenn man bedenkt, dass ich bisher kein einziges Album der Band im Regal stehen habe. So ging ich ab wie Nachbars Kleintier, war aber trotzdem ziemlich klar in der Birne, so dass ich mich sogar noch um geschafft mitten im Publikum herumliegende Kollegen kümmern konnte. Dem Spaß tat das aber keinen Abbruch, und obwohl mir der Sänger der Schweden irgendwie angesäuselt vorkam, ging ich vor Begeisterung tatsächlich hin und wieder in die Knie. Mach' ich sonst nie, war an dem Abend jedoch zwingend erforderlich. Mag sein, dass ich dabei ein gewisses Gelenk überstrapaziert habe, hat sich aber erstmal noch alles okay angefühlt. Also bin ich nach dem rauschenden In-Flames-Finale auf ein Schlummifix ins Partyzelt, vielleicht auch in der Hoffnung, meine verloren gegangenen Schergen wieder zu treffen. Die hatten aber wohl schon die Segel gestrichen. Verpasst haben sie auch nur 'ne ganz seltsame Show eines Haufens von Hupfdohlen plus Kerl, die leichtbekleidet zu Gassenhauern von Aerosmith oder Guns 'n' Roses unmotiviert rumtanzten. Was sollte das denn sein? Da verkroch ich mich lieber Richtung Schlafgemach, wo der Saxgott bereits erschlafft im Niemandsland zwischen seiner und meiner Matte regenerierte.
Dann war Nacht und ich nehme an, ich bin ziemlich umgehend eingeratzt. Nächste bewusste Handlung war ein frühmorgendlicher Besuch der in nächster Nähe befindlichen Dixi-Batterie. Doch was zum Teufel war das denn? Mein rechtes Knie ließ mich beim Belasten desselben vor Schmerz aufstöhnen und reagierte extrem unerfreut auf jedwede Art der Bewegung. War ich schlafwandelnd unglücklich in ein Schlagloch getreten? Hatte sich mein Zeltkumpan wild träumend auf mein Bein gerammelt? Oder war doch Tonya Harding in Schwabistan aufgeschlagen, um wahllos irgendjemanden der Fähigkeit zu eingesprungenen dreifachen Rittbergern zu berauben? Die richtige Antwort wird wohl nie gefunden werden. Jedenfalls ging ich nunmehr reichlich gehandicapt in den Samstag und musste die Bälle wohl oder übel flacher halten. So hatte ich kein Problem damit, dass wir die ersten drei Bands des Tages gepflegt ohne unsere Anwesenheit lärmen ließen.
Erst zu Count Raven schleppten wir uns aufs Festivalgelände. Keine Ahnung, wer die beiden Vögel waren, die Herr Fondelius als Ersatz für seine gefeuerten Ex-Mitstreiter angeheuert hatte. So richtig tight klang das Zusammenspiel in meinen Ohren jedenfalls nicht, und auch die Vocals kamen zumindest am Anfang teilweise recht schräg. Ein komischer Auftritt also, den ich zudem zwecks Knieschonung nur im Sitzen über mich ergehen ließ. Während Unleashed knüppelten, waren wir eher anderweitig beschäftigt, um zu Armored Saint wieder voll bei der Sache zu sein. Die Bush-Truppe ist bekanntermaßen 'ne absolute Bank, wenn es um mitreißende Live-Shows geht, so auch diesmal. Eigentlich war das auch die einzige essentielle Band des Samstags, zumindest im Rahmen unseres Ablaufs. Vielleicht waren wir auch einfach zu vernünftig, sprich nüchtern, denn die Pretty Maids konnten in früheren Jahren durchaus mal den einen oder anderen von uns zu halsbrecherischen Aktionen treiben. 2006 schauten wir den Dänen jedoch nur aus größerer Distanz zu und mäkelten an der Songauswahl herum. Verwöhnte Säcke, die wir sind!
Zwischendurch schaute ich mal bei den Sanis vorbei, die garantiert erfreut waren, wenigstens ein bisschen Beschäftigung zu bekommen. So wirklich was machen konnten sie mit meinem Knie allerdings nicht, aber der Salbenverband bewirkte zumindest einen gewissen positiven Psycho-Effekt. Dass es nicht der große Abrocktag war, wurde spätestens dann klar, als Lars und meinereiner beschlossen, auf Y & T und Rik Emmett zu pfeifen und stattdessen das WM-Achtelfinale Deutschland-Schweden zu gucken. Nur Mohr bevorzugte den bestimmt erstklassigen Stadionrock. Das Partyzelt war natürlich schon proppenvoll, so dass wir außer dem torjubelnden Volk nicht viel zu sehen bekamen. Meine Idee, irgendwo auf dem Campingplatz einen Fernseher zu suchen, führte überraschenderweise schon auf den ersten Metern zum Erfolg. Zwar war das 'ne echt feine Glotze, aber im Grunde war das Spiel beim Stand von 2:0 schon so gut wie gelaufen. Immerhin konnten wir uns noch über den verschossenen Elfer der Skandinavier freuen.
Stratovarius gingen mir komplett am Allerwertesten vorbei, so dass nur Whitesnake blieben, um den Tag positiv abzuschließen. Da hatten wir aber auf Kies gefurzt. Die Herren ließen sich ewig Zeit, obwohl der Umbau schon lange abgeschlossen war. Dann ging es ganz seltsam mit Deep Purples "Burn" los, bevor Coverdale rumjammerte, sie hätten ja ein Zeitproblem. Nur gut, dass sie im weiteren Verlauf trotzdem nicht auf zwei ellenlange Solopassagen verzichtet haben, wodurch kaum noch Platz war für die ganzen amtlichen Klassiker. War also nicht so der prächtige Headliner. Wer hätte vorher schon gedacht, dass In Flames am Vortag zehnmal geiler sein würden? Da konnte das obligatorische Feuerwerk auch nichts mehr retten, zumal das eigentlich keiner wirklich braucht, denn so viele Kinder sind ja nun nicht am Start. Weiteren Frust gab's beim Versuch, die übergebliebenen Getränkemarken zurückzugeben. Die Leutchen am Stand hatten angeblich keine Kohle mehr und verwiesen uns an die Hauptkasse. Welche verdammte Hauptkasse? So warfen wir dem Kommerzhai eben nochmal etliche Euros in den Schlund.
Brav wie wir den ganzen Tag schon gewesen waren, trabten wir ohne Umschweife zu unserem Lager und versuchten gleich mal zu pennen. Das war aber ein äußerst schwieriges Unterfangen, denn anscheinend hatten sämtliche Camper noch genug Energie, um den verbliebenen Sprit durch die Aggregate zu jagen und stundenlang ihre Anlagen auf Volllast zu fahren. Gegen Morgen wurde es dann endlich ruhiger, so dass ich mir gern noch ein Mützchen Schlaf gegönnt hätte. Gevatter Mohr fing gegen halb Sieben (!!) allerdings schon mit dem Packen an, weshalb wir unser Camp letztlich so früh wie nie verließen. Auch wenn der Samstag also nicht der ganz große Reißer war, lief es angesichts der Umstände trotzdem noch ganz gut. Dafür waren Tag 1 und 2 aber auch wirklich rundum gelungen. Balingen war demnach wieder unbedingt eine Reise wert. Blendendes Wetter, relaxte Party-Stimmung im an Käuzen reichen Publikum und eine amtliche Latte an Bands sind einfach Garanten für ein grandioses Wochenende. Organisatorisch kann man auch nur wenig bemängeln. Wie immer gab es leichte Verwirrung beim Getränkekauf, da nicht an jedem Stand alles ausgeschänkt bzw. pfandmäßig zurück genommen wird. Eine Vereinheitlichung oder zumindest klare Kennzeichnung würde da helfen. Die bereits erwähnten Markenrückgabeprobleme müssen eigentlich auch nicht sein. Dafür wurden aber die Dixis so oft frisch gemacht, dass die Dinger fast schon unangenehm sauber waren. Hat man auch nicht überall. Ach ja, das Sanitöter-Camp sollte ab nächstem Jahr unbedingt mit einem Kernspintomographen ausgestattet werden... mit einigen Pics von Lars |