| Recht früh am Freitag Morgen ging es 
				los, mit einem mittäglichen Zwischenstopp an der Bremer 
				Waterfront, Lars brauchte noch dringend einen Wasserkanister 
				(der nie benutzt werden sollte). In Offenwarden angekommen, sah 
				man bereits vorm Ortsschild Park- und Campinggelände, wo noch 
				viel freie Fläche war. Zunächst mal mussten wir aber den 
				Wesens... äh, Antigentest im geräumigen DLRG-Zelt absolvieren, 
				denn hier herrschte 1G-Taktik, Stäbchen für alle. Nachdem ich 
				den Delinquenten vor mir beobachtet hatte, schwante mir 
				Unangenehmes, und tatsächlich, der sich mir annehmende Tester 
				meinte es besonders gut, indem er beim kombinierten 
				Rachen-/Nasenabstrich extra tief in mich eindrang. Holy Moly! 
				Immerhin waren zumindest alle gerade Eincheckenden negativ und 
				auch sonst bekam man nichts mit von etwaigen Unglücksvögeln, die 
				nicht aufs Gelände gelassen worden. Ansonsten lief der Einlass 
				ländlich-sachlich ab, ein Bediensteter öffnete das Tor, damit 
				wir samt Geraffel im Auto auf die Wiese fahren konnten, Vorsicht 
				war nur beim schmalen Graben inmitten des Grüns geboten, mit 
				welchem einige Räder bzw. Sprunggelenke noch Bekanntschaft 
				machen sollten. Zwei Jungs, die wir schon am Testzelt trafen, 
				platzierten sich neben uns und kredenzten sogleich Zimtlikörchen 
				und Faxe, es hätte uns schlimmer treffen können. Auch weitere 
				Nachbarn zeigten sich ausgesprochen nett, am Campground passte 
				es atmosphärisch schon mal wunderbar. Schließlich durchquerten 
				wir einen schicken Blechverschlag zum Festivalgelände, wo noch 
				überschaubarer Betrieb herrschte, es aber vielversprechend nach 
				guten Voraussetzungen für ein amtliches WE aussah. Etwas 
				irritierend der Landschlachterei-Schriftzug am Getränkestand, 
				aber dass es hier kein Tierrechts-Workshop mit 
				Gender-Beauftragter werden würde, hatte ich eh kommen sehen. Die 
				Bühne hatte die genau passende Größe für das von einigen 
				Gebäuden und Bäumen umsäumte Gelände, als Untergrund überzeugte 
				recht satter Rasen. Man fühlte sich ein bisschen wie auf einer 
				großen, üppig organisierten Party auf dem Gelände eines 
				ehemaligen Bauernhofs, nun Seminar- und Ausstellungsensemble 
				(was von der Realität wohl nicht weit entfernt ist). X-Ing 
				hatten wir beim Aufbau nur im Hintergrund dudeln hören, von 
				Dezibel Biest bekamen wir immerhin noch ein bisschen was mit. 
				Deutschsprachiger, teilweise angepunkter Rock, der ziemlich 
				geschmeidig vorgetragen wurde. Die Texte schienen auch was zu 
				können, und so ist mir "Für immer jung" sogar im Ohr geblieben. 
				Gutes Motto! Anschließend galt es, die Zeltbühne zu erkunden. Im 
				ziemlich handlichen Format, vielleicht 15 x 6 Meter, standen 
				dort ne Frau und ein Mann mit Klampfen bewaffnet auf 
				entsprechend schmalem Raum und verbreiteten sogleich eine innige 
				Atmosphäre. Entsprechend ihres Outfits verströmten sie einen 
				Hauch von Summer of Love, ihr akustischer Hippie Folk passte 
				bestens. Da das Duo quasi immer spielte, wenn draußen umgebaut 
				wurde, sollten wir Nothing Left 2 Lose nicht zum letzten Mal 
				gesehen haben. Auf der Hauptbühne machten sich unterdessen 
				Ancient Curse bereit, ein recht fettes, trotzdem auch 
				anspruchsvolles Metal-Brett auf die Bühne zu zaubern. Die schon 
				seit den 80ern aktive Band kannte ich bisher allenfalls vom 
				Namen her, umso schöner, dass die Herren auch Jahrzehnte später 
				noch immer richtig gut im Saft stehen.  | Ihr erstes Album seit über 20 Jahren 
				erschien ja 2020, als live so gut wie gar nichts ging. Hier und 
				heute hätten sie auf jeden Fall ein größeres Publikum verdient 
				gehabt, aber den anwesenden Metalheads dürfte der stilsichere 
				Vortrag gewiss gefallen haben. Danach drängte es uns zur 
				Hauptmahlzeit des Tages, was ausnahmsweise ja kein veganes 
				Problem hätte sein sollen. Kulinarische Höhenflüge konnte 
				unsereins allerdings nicht vermelden, denn neben einem 
				Crêpes-Stand sichteten wir lediglich eine 
				Bratwurst/Pommes-Schmiede, laut leicht bedauernd geäußerter 
				Auskunft der Damen vom Grill zumindest komplett vegan. Die nicht 
				besonders überzeugende Currywurst mit Fritten sorgte zumindest 
				für anhaltende Sättigung. Frisch gestärkt statteten wir im 
				Anschluss dem bis dahin bedauernswert unterbeschäftigten 
				Cocktail-Mann einen Höflichkeitsbesuch ab, den er uns mit ca. 
				dreifach Sprit im Caipi vergolt. Headgear versuchten derweil mit 
				einer moderneren Form des Metal zu punkten, machten das auch mit 
				viel Dynamik, ganz mein Fall war die Mucke jedoch nicht. Im Zelt 
				gab sich nun noch ein anderer Act die Ehre, das Kara Rock Duo, 
				ebenfalls Frau und Mann, jeweils mit bemerkenswertem Beinkleid, 
				und wie der Name schon sagt, rockiger orientiert als die 
				Kollegen. Kam ebenfalls gut, die Dame performte mit angenehm 
				rauer Stimme. Keep on rockin' in the free world! Mit nur einem 
				Musiker mehr rockten Glutsucht im Anschluss draußen noch viel 
				heftiger. Intelligente deutsche Texte trafen auf einen 
				schmissigen Hardrock-Sound, und für's Auge war auch was geboten. 
				"Im Auftrag des Herrn wird wohl nichts mehr passieren", da hatte 
				der Herr am Mikro und mit Gitarre garantiert Recht inkl. 
				Ohrwurm-Potenzial. Die Chose weckte Erinnerungen an die 
				verblichenen Schaffrath. Mir scheint, ich könnte mir mal wieder 
				angewöhnen, mir auf Festivals den einen oder anderen Tonträger 
				zuzulegen. Da der kühle Abend langsam anbrach, brauchten wir 
				mehr Klamotten, wobei einer von uns am Zelt bereits mit der 
				Waagerechten liebäugelte. Zum Glück konnte ich ihn dazu bewegen, 
				sich auf jeden Fall Rage anzuschauen, was sonst echt 
				bedauerlich gewesen wäre. Auch wenn ich Peaveys Truppe schon 
				lang nicht mehr ultimativ essentiell finde, legte sie doch 
				einen echt fulminösen Gig hin. Mit Spielfreude, positiver 
				Energie und nicht zuletzt starken Songs hatte ich so ein 
				bisschen was wie ein Aufflammen alter Rage-Liebe. Lars war gar 
				derart hingerissen, dass er einen regelrechten Moshpit 
				anzettelte und alles aus dem Ü-50-Fleisch herausholte. 
				Irgendwann hatte er auch mit mir kein Erbarmen mehr und riss 
				mich mit in den Pulk. Dort gleich aufs Maul gelegt, Brille 
				weggeflogen, doch Lars hielt sie umgehend trophäengleich in die 
				Höhe. Meine Fresse, wenn die alten Leute einmal losgelassen 
				werden... Immerhin kannte ich ca. die Hälfte der Songs, "Don't 
				Fear The Winter" durfte gegen Ende natürlich auch nicht fehlen. 
				Ein nahezu legendärer Auftritt, würde ich meinen. Danach war 
				noch ein bisschen Chill-Out nebst Wunden Lecken bei Nothing Left 
				2 Lose angesagt, Tanzwut guckten wir nur noch kurz an, war eh 
				nicht unser Fall. Es folgte die Nachtruhe bei besten 
				Penntemperaturen.
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				| Erstaunlich lang hielten wir es morgens 
				in meinem Quechua aus, die Sonne zeigte sich nämlich bedeckt. 
				Angeblich wurde auch Frühstück am Festivalgelände vorbereitet, 
				uns war aber nach einem kleinen Abstecher zumute, weswegen wir 
				uns gegen 10 Uhr in Richtung Sandstedt aufmachten, also ca. 
				zweieinhalb Kilometer an der wenig frequentierten Straße entlang 
				gingen. Der tags zuvor gesichtete Biergarten versprach, um 11 zu 
				öffnen, also holten wir vorher bei der Bäckersfrau gegenüber ein 
				bisschen Verpflegung, die wir am Kirchhof dezent zu uns nahmen. 
				Dann startete auch schon bald die Bewirtung vorm Sandstedter 
				Hof, es gab Steuermanns, ein recht geschmackvolles Gebräu. Wir 
				waren nicht mal die einzigen Gäste, die Bediendame hatte mit 
				coolem Auftreten alles im Griff. Sogar Festnahrung legte sie uns 
				am späten Mittag nah, so dass ich in Form eines herzhaften 
				Flammkuchens tatsächlich das leckerste Mahl des Wochenendes 
				bekam. Wir erfuhren, dass der Chef den Cocktailstand beim 
				Festival schmeißt, und dass am ersten Weihnachtstag vor Ort ein 
				Umtrunk stattfinden soll. Wir haben unser Erscheinen schon mal 
				vorsichtig angedroht. Der Weg auf dem Deich war leider gesperrt, 
				weswegen wir unterhalb desselben zurück gingen, um ziemlich 
				pünktlich zu D-Wall vor der Bühne aufzutauchen. Recht 
				klassischer Heavy Metal mit Dame am Mikro, das lief uns gut 
				rein. Schade dass sich nur eine Handvoll Frühaufsteher auf dem 
				grünen Rasen eingefunden hatte. Im Zelt war beinahe mehr los, wo 
				Sam wieder Beats baute und Angelika Klassiker wie "Zombie" oder 
				"Ruby Tuesday" zum Besten gab. Bei Megabosch begaben sich 
				draußen dann deutlich mehr Nasen vor die Bühne, selbst 
				Crowdsurfer kamen zum Einsatz (Lars war aber unschuldig). Hmm, 
				die Truppe zog einen ziemlichen Klamauk ab, man sah es schon am 
				Outfit, so eine Art Gwar light auf Steinzeit-Sleaze. 
				Entsprechend simpel klang die Mucke, deutsche Texte, nicht alles 
				100 % politisch korrekt, aber auf jeden Fall unterhaltsam. Sowas 
				kommt halt an beim partyfreudigen Volk. Nikki Puppet ließen es 
				trotz seltsamen Namens anschließend wieder viel seriöser 
				angehen, auch wenn die Sängerin mit skurrilem Federschmuck 
				glänzte. Der harte Rock / sanfte Metal konnte jedenfalls 
				gefallen und passte gut zum langsam sonniger werdenden Wetter.  | Nun stand mit Miracle Man die einzige 
				Cover-Band auf dem Programm, natürlich ging's um Ozzy. Also 
				kannten wir ausnahmsweise alle Songs, sowas ist zwischendurch 
				echt entspannend, zumal wenn es so gekonnt vorgetragen wird. Ein 
				feiner Schlusspunkt für den frühen Abend, nun brauchten wir ne 
				Pause. Schon gar nicht unpraktisch, wenn das eigene Zelt so nah 
				ist. Magistarium verpennten wir wohl komplett, bei Ohrenfeindt 
				erwachte ich langsam wieder. Der Sound waberte recht amtlich 
				herüber, so dass ich einiges von den Kiezrockern mitbekam. Durch 
				Funk und Fernsehen bekannt und auch schon mal live gesehen, da 
				waren mir tatsächlich so einige Songs vertraut. Echt nicht übel, 
				wenn man auf eine deutsche Version von AC/DC steht. Gegen 22 Uhr 
				hatte ich Lars schließlich so weit, dass wir einen letzten Gang 
				nach drüben unternehmen konnten. Nothing Left 2 Lose waren "On 
				The Road Again", inzwischen hatten sie sich ein ansehnliches 
				Stammpublikum erspielt. Derweil versammelten sich auch draußen 
				wieder die meisten der Zahlenden, da nun Thundermother auf dem 
				Programm standen. Es war klar, dass man die Band irgendwann mal 
				sehen würde, denn sie spielt ja scheinbar bei jeder sich 
				bietenden Gelegenheit. Dass das All-Girl-Kollektiv einen relativ 
				biederen Hardrock bieten würde, hat nicht wirklich überrascht, 
				immerhin war's ganz kompetent gemacht. Nachbar Lukas lief uns 
				noch euphorisiert über den Weg, um zu gestehen, dass es nach 
				jahrelangem übertriebenen Arbeitseifer erst sein zweites 
				Festival sei. Der Junge ist auf einem guten Weg, auch wenn die 
				Zeiten für Party gerade nicht optimal günstig sind. Wir 
				schlürften noch ein paar gut gezapfte Haake Beck im Hintergrund 
				und nahmen schließlich als Betthupferl eine Runde Fako, sehr 
				erfrischend. Kurz nach Mitternacht hatten wir unser Pulver dann 
				verschossen. Nach einer wiederum passabel erholsamen Nacht, 
				verabschiedeten wir uns von den Nachbarn und tuckerten von der 
				Wiese. Wenn dat mal nicht das schönste Festival des Jahres war! |