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Griechenland 2018

Iced Earth, Thessaloniki (23.01.) / Fates Warning, Thessaloniki (26.01.) / Fates Warning, Athen (27.01.)

Schon im Vorjahr hatten wir geplant, auf Gonzos Animation hin nach Griechenland zu düsen, um ein wenig (Metal-)Kultur zu genießen. Als die Hauptperson jedoch von der Influenza dahingestreckt worden war, bliesen wir den Trip kurzerhand ab.

Im zweiten Versuch sollte es aber klappen. Alle waren fit, und zudem geriet das Reiseprogramm diesmal sogar ausschweifender. Die Hessen-Posse flog schon mal voraus.

Dienstag, 23. Januar

Gegen 7 Uhr in der Früh begab ich mich zum Bahnhof, wo Lars praktisch zeitgleich ebenso eintrudelte. Mit dem ICE fuhren wir non-stop zum Flughafen Frankfurt, um uns dort nach einigem Suchen in der Check-in-Schlange einzureihen. Die Mitfliegenden brauchten alle eine halbe Ewigkeit am Schalter, warum auch immer, bei uns ging es dann ziemlich flott. Anschließend blieb noch Zeit für ein erstes Pils am sündhaft teuren Airport-Bistrot, bevor wir die nervigen Sicherheitskontrollen passierten. Leicht nervös war ich wohl schon, wie mir meine Achselhöhlen signalisierten. Irgendwo am hinterletzten Gate bei mächtig Verkehrslärm wurden wir mit einiger Verspätung endlich in den Flieger gehieft. Einmal an Bord lief es dann aber ganz fluffig, kaum Turbulenzen, gute Aussicht, und nach etwa zweieinhalb Stunden landeten wir auch schon in Thessaloniki. Der dortige Flughafen präsentierte sich angenehm übersichtlich, so dass wir auch schnell den Bussteig ausfindig gemacht hatten. Schmale zwei Euro kostete das Ticket, das uns ins kilometerweit entfernte Zentrum brachte. Der Bus füllte sich unterwegs ordentlich, während wir überlegten, wann wir wohl sinnvollerweise aussteigen sollten. Lars navigierte per Handy absolut passend, so dass der Weg zum Hotel ein kurzer war. Der erste Eindruck von der Stadt war ein eher hässlicher, die Wohnbebauung gleichmäßig unschön, auf den Straßen brausender Verkehr. An einer solchen befand sich auch unsere Herberge, doch unsere Zimmer lagen zum Glück an einem recht ruhigen Hinterhof und machten auch sonst einen ganz guten Eindruck. Ein schlichtes Laken als Bettdecke war aber mal eher ein Scherz, immerhin lagen noch Wolldecken im Schrank. Da es schon langsam auf den Abend zuging, musste selbstredend eine Stärkung her. Per Happy-Cow lotste ich uns ins nahe rOOTS in einer interessanten Seitenstraße, wo heute Indian Vegan Night war. Mit lecker Leitungswasser wurden wir begrüßt, und bald schon traf die Bestellung ein. Jeder genehmigte sich einen üppig-knackigen Salat, dazu Curry Tikka Masala (Lars) bzw. Tandoori Tofu. Es schmeckte vorzüglich und war womöglich die beste Speisung des ganzen Urlaubs. Ein zweites Bier zu ordern, gestaltete sich etwas mühsam, aber so sollte es uns noch öfter gehen in den kommenden Tagen. Alsbald machten wir uns auf den Weg zum Principal Club, der sich einigermaßen zog, zumal er an einer schnöden breiten Straße entlang führte. Der Schuppen selbst gemahnte an die neue Batschkapp, auch in etwa von der Größe her. Von der Kassendame namentlich angesprochen nahm ich sogleich unsere Tickets entgegen. Noch wirkte die geräumige Halle recht dünn besiedelt, wodurch auch die Zapfstellen gut zugänglich waren. Wir entschieden uns für zwei Alpha á 4 Euro und behielten diesen Bestellvorgang für den Rest des Abends bei, auch wenn drei im Sparpaket für 10 Tacken im Angebot waren.

 The Silent Wedding aus Athen begaben sich bald in ihre Anheizerrolle und hatten natürlich auch ein paar eigene Fans dabei. Übermäßig zünden konnte ihre Dream Theater light - Chose jedoch nicht, dazu klangen sie mir ein wenig zu seicht, allein schon durch das viel zu dominante Keyboard. Immerhin blieb ein passables "Gutter Ballett" - Cover zum Schluss in wohlwollender Erinnerung. Iced Earth stellten darauf wenig überraschend ein ganz anderes Kaliber dar. Mit ordentlich Druck starteten sie in eine geschmackvoll zusammengestellte Setlist, die eine ausgewogene Mischung aus Kompositionen jüngeren Datums und unsterblicher Klassiker darstellte. Auch wenn Hits wie "Burning Times" oder "I Died For You" natürlich immer die Nase vorn haben werden, kacken "Great Heathen Army" oder "Black Flag" daneben nicht unbedingt ab, sondern sorgen für die nötigen frischen Akzente. Der Sound war gut, die Stimmung auch, und irgendjemand musste ja das heimische Gebräu trinken. Das griechische Publikum tat es eher nicht und beschränkte sich weitgehend aufs Rauchen, zeigte sich aber trotzdem energiegeladener als deutsche Auditorien, was mit dem jüngeren Durchschnittsalter zu tun gehabt haben könnte. Wir waren jedenfalls so ziemlich die ältesten Säcke weit und breit. Spaß hatten wir trotzdem zuhauf, besonders wenn der Bandchef drauflos schredderte, wie nur er es kann. Mit Stu Block hat er nun ja auch einen mittlerweile etablierten Sänger an Bord, der bestens ins Gefüge passt, auch wenn mir dessen pathetische Ansagen bisweilen etwas auf den Zeiger gingen. Der Rest der Besetzung verrichtete solide seinen Dienst, ohne nennenswert aufzufallen. Im letzten Drittel ging es jedenfalls langsam ans Eingemachte mit der "Something Wicked" - Trilogie und dem vom Chef selbst intonierten "Stormrider", einzig "The Hunter" wurde außen vor gelassen. Schließlich noch die Zugabe bestehend aus dem schmissigen "Clear The Way" sowie "Watching Over Me", das ich entspannt anging, um dann doch Klüsenpippi zu kriegen. Amtlicher Schlussapplaus nach knapp zwei Stunden Show, die Band ließ sich zu Recht feiern, und plötzlich ging Lars vor mir zu Boden im leichten Tumult. Mit blutender Schramme am Finger tauchte er triumphierend wieder auf, um ein original Schaffer-Plek zu präsentieren, putzig. Wir nippten noch ein bisschen Alpha, bis wir mehr oder weniger heraus komplimentiert wurden. Auf dem Rückweg machten wir halt an einer der mit eigenem, brüllend laut rödelnden Aggregat betriebenen Imbissbuden, um den nächtlichen Pommesappetit zu stillen, und schließlich bestand Lars noch auf einer Einkehr in einen ganz netten Pub mit halbrockiger Beschallung aber recht ekligem Bier (aus Weizengläsern). Gegen 02:30 h landeten wir wieder im Hotel, wo ich beim Stolpern über die Duschenbegrenzung ungeplant die Stabilität meines Steißbeins testete. Von Crippled Black Phoenix' "Live at Burg Herzberg" ließ ich mich schließlich (nicht zum letzten Mal) in den Schlaf lullen.

Mittwoch, 24. Januar

Das Hotel-Frühstück kam für mich zu früh, doch Lars ging hin und ließ mich wissen, dass ich nichts verpasst hätte. Außer Dosenobst wäre für mich wohl nichts Nennenswertes im Angebot gewesen, also konnte ich das Thema gleich abhaken. Eine Notration Brot und Aufstrich plus Riegel hatte ich ja wie immer dabei. Bei sonnigem aber nicht allzu warmem Wetter machten wir uns am Tag ohne festes Programm auf den Weg, die Stadt ein wenig zu erkunden. Bemerkenswert waren die überdachten Marktstraßen, wo allerhand Lebensmittel und mehr feilgeboten wurde. Neben lecker Obst und Gemüse fielen mir jede Menge Leichenteile unschön auf. An einem Stand sah ich gar zwei Boxen randvoll mit lebenden Schnecken. Schnell weiter. An der mit reichlich Autoverkehr gesegneten aber trotzdem recht netten Uferpromenade quatschten uns gleich mal zwei vermeintliche Reggae-Jamaikaner bezüglich Hakuna Matata an, um uns im Handstreich bunte Freundschaftsbändchen zu verpassen, die Lars locker 5 Euronen "wert" waren. Mit uns kann man's ja machen. So ausgerüstet schlenderten wir weiter zum Weißen Turm, dem vermeintlichen Wahrzeichen Thessalonikis, bevor wir eine der Lokalitäten an der Uferstraße aufsuchten. Dick angezogen ließ es sich dort für drei Bierchen bestens in der Sonne aushalten, erster Freiluftschoppen des Jahres also im Januar, feine Sache. Landestypisch gab es auch hier Wasser zur Begrüßung und Knabbereien zum Bier, jedoch mussten man für Bestellung zwei und drei wieder selbst aktiv werden. Während wir chillten, kamen etliche Straßenverkäufer vorbei, die vom Bleistift über Post-it bis Tatü alles mögliche anboten, was mensch womöglich hätte gebrauchen können, dazu der eine oder andere "normale" Schnorrer. Ansatzweise leicht nervig zeigte das wohl (wie auch regelmäßig anzutreffende Bettler im Stadtbild), dass im Land eine nennenswert arme Bevölkerungsschicht vorhanden sein musste. Gleichzeitig sah man aber auch genügend wohlstandserprobte Einwohner, die es sich gutgehen ließen. Daneben konnten wir noch beobachten, wie zwei fleißige Handwerker zwei Stockwerke über uns eine neue Markise anbrachten, zum Glück ließen die Jungs außer ein wenig Bohrstaub nichts auf uns herabfallen.

Nun hatten wir ein wenig Appetit, der uns in eine der häufig anzutreffenden Join Juice Bars führte, die erfreulicherweise eine ordentliche Vegan-Abteilung auf der Karte hatten. Neben dem Saft entschied ich mich unglücklicherweise für einen Noodles Salad, welcher sich als ziemlich schwierig zu essen herausstellte. Das knackige Gemüse war top, aber die mit viel Biss servierten Reisnudeln waren so lang und steif, dass ich mir mit dem zur Verfügung stehenden Besteck ziemlich einen abbrechen musste. Typisches Gericht für eine negative Energiebilanz. Nachdem wir vergeblich eine Drogerie gesucht hatten (Apotheken hingegen sahen wir im Dutzend), klapperten wir einige der ausgewiesenen Sehenswürdigkeiten ab, z.B. die Rotunde und den Galeriusbogen. Auffallend war, dass sämtliche alten Gemäuer einige Meter tiefer lagen als das aktuelle Bodenniveau. Da müssen sie das Städtchen ja mal ganz schön aufgebockt haben im Laufe der Jahre. Nach dem vielen Rumlaufen war mir nach einer kleinen Liegepause im Hotel, aber für die Nachtruhe war es natürlich noch zu früh. Also gingen wir nochmal los Richtung Ladadika, dem ausgewiesenen Szeneviertel, wo wir in der Rover Bar in einen Soundcheck platzten. Zwei Bands mit scheinbar recht ähnlicher Besetzung ließen sich ziemlich viel Zeit beim Justieren, aber es waren eh noch kaum Gäste da. Um nicht im Weg rumzustehen, suchten wir uns eine Etage weiter oben einen Balkonplatz, von wo aus wir das Treiben im geschmackvoll eingerichteten Club entspannt beobachten konnten. Laut fb-event sollte es erst um 21:45 h losgehen, doch schließlich schlug die Glocke sogar 11, bis Overpower endlich starteten. Einige Besucher waren auch rechtzeitig aufgetaucht, so dass eine ganz nette Atmosphäre herrschte. Die Mucke riss uns jetzt nicht gnadenlos von den Hockern, ließ sich an einem eher gemächlichen Abend aber gut goutieren. Adult Oriented Rock 'n' Roll mit leichtem Punkeinschlag wäre wohl eine halbwegs passende Beschreibung für das Dargebotene. Der Song "Long Day" ist sogar hängen geblieben, außerdem kann ich mich dunkel an ein Neil Young - Stück erinnern. Uns war es nach der ersten Band jedenfalls schon spät genug, wir mussten ja auch noch irgendwo Pommes essen, also machten wir den Schuh, und nach besagtem Nachtmahl erreichten wir gegen halb zwei wieder unser Domizil.

 

 

Donnerstag, 25. Januar

Das späte Aufstehen wurde langsam zur Gewohnheit, so auch heute, man musste schließlich irgendwie das ebenso späte Zubettgehen kompensieren. Für die erste Mahlzeit des Tages steuerten wir einen auf mexikanisch getrimmten Imbiss an, wo ich erneut Probleme beim Verzehr bekommen sollte. Diesmal war es der Burrito, der recht untight komponiert war und deswegen beim Essen in Teilen zu Boden ging. Der Salat hingegen lief gut rein. Ein bisschen mehr Pikanterie hätten wir uns gewünscht, so blieb das Ganze etwas fad wenn auch nahrhaft. Zum Abrunden gönnten wir uns draußen unterm Heizpilz jeder noch ein Heißgetränk. Da unsere beiden Compagnons im Anflug waren, wussten wir nicht genau, wann wir sie in Empfang nehmen würden, gingen aber trotzdem mal Richtung Oberstadt. Und dort wurde es tatsächlich ziemlich nett, denn die Hektik des Zentrums wich schnell einer ruhigen Beschaulichkeit. Entlang eines langen Abschnitts der alten, trutzigen Stadtmauer erklommen wir die Anhöhe, vorbei an in der Sonne dösenden Vierbeinern und idyllischer werdenden Wohnhäusern. Der Ausblick über die Stadt bis zum Meer war recht beeindruckend. Wahrscheinlich gelangten wir noch bis zu den unteren Mauern der Zitadelle, bis wir schließlich umkehren mussten, um Gonzo und Clumsy zu treffen. Sie kamen trotz Flugumleitung noch relativ früh per Bus in Thessaloniki an und schafften auch den Fußweg vom Bahnhof problemlos. Nun waren wir also komplett, die neue Zimmeraufteilung stellte kein Problem dar, und alsbald fanden wir uns erneut in der Rover Bar ein, um ein Begrüßungsschlückchen zu nehmen. Etwas zugig fanden wir es auf der edlen Sitzgruppe, doch das tat dem Genuss des Fischer-Biers keinen Abbruch.

Besonders Gonzo waren Tatendrang und gute Laune anzumerken, schließlich hatte er ja lang genug geplant, seine Faves mal in Griechenland zu sehen. Ich konnte gar nicht so schnell lachen, wie er die Schoten zum besten gab. Besonders die Telefonstreiche einiger Waltroper Halbwüchsiger sorgten für ungläubige Zwerchfellkrämpfe. Hoffentlich werden die entsprechenden Aufnahmen doch noch der Nachwelt zugänglich gemacht, dann kann Studio Braun einpacken. Nach einigen Bierchen brachen wir auf, um ein wenig umherzuirren auf der Suche nach einer Essgelegenheit, bis wir schließlich in der Pizzeria Casa landeten. Viel los war dort nicht, aber das Personal zeigte sich freundlich und ich bekam sogar eine Pizza mit pflanzlichem Käseersatz, eine "Fastenpizza" sozusagen, die sich als äußerst lecker herausstellte. Die Kollegen schienen auch gut gesättigt, als wir den Laden wieder verließen, um uns mit dem örtlichen St. Pauli - Fanclub unterm Galeriusbogen zu treffen, von wo aus wir ins Café Rotonda gingen. Dort hatten einige weitere Fans bereits das 1:0 durch Sobotta in Dresden bejubeln dürfen. Warum im griechischen TV die 2. Bundesliga live übertragen wird, erschloss sich mir zwar nicht ganz, aber uns sollte es natürlich recht sein. Die paar normalen Besucher interessierte das Spiel auch nicht weiter, es wurde gezockt oder auf dem Notebook rumgeklimpert. Wir hingegen beobachteten von unseren Topplätzen aus, wie St. Pauli den Dresdnern weitgehend die Initiative überließ, um am Ende eiskalt zu kontern und 3:1 zu gewinnen. Schön war's nicht, aber erfreulich. So stießen wir mit Bier und Grappa an, freuten uns mit unseren netten Gastgebern, bis wir gegen halb eins das Café verließen. Clumsy und ich gingen vernünftigerweise gleich auf unsere Zimmer, während Lars und Gonzo natürlich noch einen Absacker nehmen mussten.
















Freitag, 26. Januar

Am ersten Tag mit kompletter Mannschaft gingen wir am späten Morgen gemeinsam los, um natürlich zuerst mal etwas in den Magen zu bekommen. Wir wählten das Café Blackberry, wo die örtliche Schutzpolizei sich bereits gemütlich breitgemacht hatte. Bedient wurden wir wieder äußerst nett, das fing schon mit eigenäugiger Begutachtung des Teesortiments an. Die Herren bestellten recht eilastig, während mir so etwas wie ein Körnerbrötchen mit diversem Gemüse nahegelegt wurde. Das nahm ich dann auch und war zufrieden, die Kollegen hatten etwas länger zu kauen, schienen aber auch gut satt geworden zu sein. Eigentlich hätten wir noch ein Weilchen so sitzen können, als Gonzo von den Örtlichkeiten zurückkam und auf den Aufbruch drängte. Die Rede war vom "grande malheur" und dass wir besser das Weite suchen sollten, um nicht noch zur Rechenschaft gezogen zu werden. Es war zu hoffen, dass das Café an diesem Tag nicht frühzeitig schließen musste. Anschließend gingen wir nochmal zu viert die Uferpromenade entlang, mir wurde ein zweites Hakuna-Matata-Bändchen verpasst, und diesmal sahen wir den Weißen Turm auch von innen. Dort ist so eine Art Heimatmuseum untergebracht, dessen Ausstellung hauptsächlich aus erklärenden Tafeln und kurzen Filmen auf verschiedenen Monitoren besteht, wozu man am besten noch einen Audioguide ans Ohr hält. So erfuhren wir dann einiges zur Entwicklung Thessalonikis und wie es zu dem hässlichen Stadtbild kommen konnte, nicht uninteressant. Außerdem kam man auf der obersten Plattform in den Genuss der guten Aussicht, wo ich die anderen allerdings schon eine Weile aus den Augen verloren hatte. Eine der Blasen war zum Bersten gefüllt, weswegen die Tour etwas beschleunigt worden war. Draußen trafen wir uns dann wieder, genossen erneut Bierchen in der Sonne (diesmal an etwas zugigem Platz), und klapperten dann auf Betreiben Gonzos einige Plattenläden ab, nicht ohne nochmal durch die Marktstraßen gegangen zu sein, wo ein frischer Schweinekopf auf dem Hackklotz glänzte. Bei Alone Records mit großer Metal-Abteilung hielten wir uns länger auf, bis die Kopfschmerzen in der vom Betreiber völlig verquarzten Luft zu stark wurden. Gekauft hat letztlich keiner etwas.

Beim weiteren Umherlaufen spülte es uns spontan in eine gemütliche Taverne, dessen Wirt uns überzeugte, es mit verschiedenen von ihm servierten kleineren Speisen zu versuchen. Dies erwies sich als guter Schachzug, da für alle etwas Passendes dabei war und das ganze sich recht authentisch anfühlte. Mein Speisenanteil war "nistisimo", ein Wörtchen das für Veganer in Griechenland recht nützlich ist. Weinblätter, Oliven, Linsenpastete, dazu fruchtiges Bier, waren eine recht gute Grundlage für den Konzertabend, abgerundet von einem Ouzo mit Eis. Bemerkenswert auch die abenteuerliche Wendeltreppe, die zu erklimmen war, wenn man die sanitären Anlagen aufsuchen wollte. Wir kamen alle heil wieder runter, um den bekannten Weg zum Principal Club zu bewältigen. Lars wurde an der Gaderobe zum zweiten Gig der Woche begrüßt, und schon waren wir drin, wo wir noch ein bisschen was von Methodica mitbekamen. Verpassen konnte man bei der biederen Truppe ja nicht viel. Wie erwartet war heute weniger los als bei Iced Earth, trotzdem war der Laden gefüllt genug, um die entsprechende Stimmung aufkommen zu lassen. Zwei FW-affine Pärchen aus Holland waren auch rechtzeitig eingetroffen, so dass wir uns diesmal nicht ganz so alt fühlten. Die Fates Warning - Show überzeugte von vorn bis hinten, wie das nach dem grandiosen Auftritt in Aschaffenburg nicht anders zu erwarten war. Diesmal in weniger beengten Verhältnissen machte es umso mehr Spaß, und die gut zwei Stunden vergingen wie im Flug, ohne dass es mir ansatzweise zu lang gewesen wäre. Es gibt also doch noch Headliner, die ne amtliche Vollbedienung anbieten und nicht schon nach 70 oder 80 Minuten das Weite suchen. Was war das aber auch für eine geile Setlist! Einzig "And Yet It Moves" fand ich nicht komplett spannend, ansonsten jagte ein Hit den nächsten. Und die Band wirkte wie aus einem Guss, selbst Jim Matheos zeigte Anflüge von Lächeln, einfach perfekt. Mit "Eye To Eye" verabschiedeten sie sich nach einem großartigen Auftritt. Wie gut dass wir das morgen nochmal würden sehen dürfen! Mit Clumsy machte ich mich wieder etwas früher als die beiden anderen auf den Rückweg, nicht ohne bei Mama Tereza eine Pommespause einzulegen. Crippled Black Phoenix in Dauerrotation unterstützten meinen geruhsamen Schlaf.





















Samstag, 27. Januar

Ungewöhnlich früh mussten wir raus, denn um 10 sollte unsere Bahn gen Athen starten. Also hiefte ich mich gegen halb 9 aus der Kiste, ließ den Lynch-Zwerg telefonisch checken, ob bei den Kollegen im Doppelzimmer alles fit war, und machte mich selbst startklar. Weit war es nicht bis zum Bahnhof, nur der Eingang war wegen umfassender Baustellen schwer zu erreichen. Vorher plünderte Clumsy noch sämtliche Alpha-Vorräte in einem vorgelagerten Kiosk, ich enthielt mich der Bestellung. Die Hauptstation der zweitgrößten Stadt des Landes entpuppte sich als heruntergekommener Provinzbahnhof, zumindest nach hiesigen Maßstäben. In dem ziemlich kurzen Zug enterten wir die nicht sehr noble 1. Klasse, wo wir in unserem Abteil noch ein paar Stationen lang die Gesellschaft eines griechischen Pärchens genossen. Irgendwann tauchte sogar ein Kontrolleur auf, der recht oberflächlich unsere Tickets checkte. Es wirkte, als wären sie froh, wenn überhaupt jemand dort Bahn fährt. So zuckelten wir also los, mir war flau, die Kollegen tranken Alpha, und die Landschaft zeigte sich zusehends malerisch. Spätestens auf dieser stundenlangen Fahrt konnten wir feststellen, dass dieses Griechenland wirklich schön ist. Viel recht karge aber wohlgeformte Gegend, meist nur dünn besiedelt, daher kaum Menschen und ebenso wenige Tiere erspähten unsere Klüsen. Bemerkenswert auch viele hohe Berge mit schneebedeckten Kuppen. Zwischendurch standen wir längere Zeit auf offener Strecke, vermutlich um den Gegenverkehr passieren zu lassen, währenddessen man ganz in Ruhe den Blick schweifen lassen konnte. Allerdings dauerte die ganze Fahrt so noch länger als veranschlagt, so dass wir über sechs Stunden unterwegs waren. Irgendwann wird dies sicher schneller gehen, wenn die im Bau befindliche neue Strecke dereinst fertig sein wird, die stellenweise im Ansatz bereits zu sehen war. Immerhin wirkte der Athener Hauptbahnhof bereits halbwegs runderneuert, kein Vergleich zu Thessaloniki. Auch die Stadt selbst wirkte hübscher, wie wir auf dem Weg zum Hotel feststellen konnten. Zur Begrüßung wurde O-Saft gereicht, und schnell waren die neuen Zimmer bezogen. Nachdem ich auf der langen Fahrt schon mit der Müdigkeit zu kämpfen hatte, genehmigte ich mir knapp zwei Stunden Auszeit, während der ich versuchte, etwas Schlaf zu bekommen, was wegen Kälte und umliegender Geräusche jedoch nicht klappen wollte. Trotzdem fühlte ich mich ein wenig erholt, als ich mich gegen 19 Uhr aufmachte, die drei Kapeiken wieder zu treffen.

Auf dem Weg verleibte ich mir Falafel ein, um mit den Jungs anschließend eine Kneipe aufzusuchen, wo ich tatsächlich ein Bier trank. Allerdings als Einziger ein kleines. Was wir von Athens Zentrum noch sahen, wirkte sehr belebt, trotzdem irgendwie einladend, und aus der Ferne grüßte die angestrahlte Akropolis. Nun ließen wir uns vom Taxi für kleines Geld zum Fuzz Club bringen, der sich sehr gut gefüllt präsentierte. Methodica waren uns wiederum relativ schnuppe, sie waren mit ihrem Set auch schon ziemlich am Ende angelangt. Also schlängelten wir uns bald ziemlich weit nach vorn, bevor Fates Warning wieder loslegten. Selbstverständlich wurde bald Bier geholt, lecker Heineken-Dosen im Becher, und Clumsy reichte auch mir eins, obwohl ich eigentlich keinen Appetit hatte. Was willste machen. Als FW mit "From The Rooftops" loslegten, besserte sich aber schlagartig mein Allgemeinzustand, welch geile Medizin! Tatsächlich entwickelte sich eine noch bessere Stimmung als am Vorabend. Für die Band war es der Abschluss der Tour, und der Club war perfekt gefüllt, ohne überladen zu sein. Spätestens bei "Seven Stars", also ca. zum zweiten Bier, waren meine Beschwerden wie weggeblasen. Um mich herum lauter strahlende Gesichter, davon viele weiblich und ausgesprochen hübsch, es war schon ein bisschen parallelweltmäßig, "Another Perfect Day" eben. Bald erfolgten unsere Bierrunden Schlag auf Schlag, die Theke war ja auch nur wenige Meter entfernt, und außer uns bestellte kaum jemand etwas, nicht mal der Dio-Doppelgänger in Reihe eins. "Nothing Left To Say" angesichts solch idealer Zustände. Kaum zu glauben, dass nach "Point Of View" schon die Zugabe eingeläutet wurde. Diese wurde eröffnet mit "Falling", dem grandiosen, viel zu kurzen Akustik-Stück vom vorletzten Album. Und bei diesem erfasste mich eine Überschauerung kolossalen Ausmaßes. Dem knutschenden Pärchen zur Rechten erging es wohl ähnlich angesichts der filigranen Zungenakrobatik. Leider ging auch dieser glorreiche Konzertabend zu Ende, wenn auch erst nach satten zweieinhalb Stunden. Aufgekratzt hingen wir bis zur Schließung des Clubs noch herum und quatschten in unserer Begeisterung wohl einiges dummes Zeug, aber wir hatten Spaß. Schließlich brachte uns ein ehemaliger Mannheimer mit dem Taxi zurück zu unserem Quartier, wo Gonzo und Lars natürlich noch nicht genug hatten, Clumsy und ich aber schon.













Sonntag, 28. Januar

Und schon brach der letzte Tag unseres kleinen Ausflugs an. Clumsy, Krampfes Bruder und Magnesium-Junkie wie ich, litt unter seniler Bettflucht und stattete in seiner Verzweiflung auf eigene Faust dem archäologischen Museum gegenüber vom Hotel einen wohl eher unfruchtbaren Besuch ab. Im Gegensatz dazu brauchte Gonzo nach den nächtlichen Vergnügungen bis auf Weiteres Liegepause, so dass wir zu dritt auf den Touritrip durch Athen starteten. Zum Frühstück holten wir uns erstmal Gebäckartiges und verzehrten dieses draußen im Freien, ganz so kalt war es ja nicht. Dabei konnten wir nochmal feststellen, in welchem Kiez wir uns aufhielten. Ein offizieller St. Pauli - Store gleich nebenan, Totenkopf-Grafittis, Banner mit irgendwelchen Parolen an den Fassaden, der ganze Kram, fast wie zu Hause. Dann ging Lars wie immer mit Handy im Anschlag voran, aber erstmal verliefen wir uns wohl etwas, denn wir stolperten in finsteren Ecken durch die Crack- und Alkiszene. Bald aber stimmte die Richtung, so dass wir uns auf die Akropolis zubewegten. Sonnig war es ja eh die ganze Zeit schon, und nun wurde es gegen späten Vormittag auch frühlingshaft mild, weswegen die dicken Jacken bald zur Bürde wurden. Ein vorgelagerter Felsen bot eine tolle Aussicht über die Stadt und hinüber zur Akropolis, wobei zum Glück nur mäßig viele weitere Touristen unterwegs waren. Als wir dort die Blicke schweifen ließen, drang von unten irgendwo her Musik an unsere Lauscher. Tatsächlich, das war eindeutig "Always Somewhere" von den Scorpions, was in dem Moment super passte und für einen klasse Soundtrack sorgte. Weiter ging's zum absoluten Hotspot, der Wiege der europäischen Demokratie, die außerhalb der Saison für schlappe 10 Euro begutachtet werden konnte. Der Panthenon sah aus, wie man ihn von Fotos kannte, vorm azurblauen Himmel schon recht malerisch. Der felsige Untergrund war vom ständigen Besucherstrom so glattgelatscht, dass man aufpassen musste, nicht aufs Maul zu fallen. Keine Ahnung wie man sich dort bei Nässe auf den Beinen halten soll. Wir drehten dort oben also unsere Runde und ließen die nette Atmosphäre auf uns wirken. Sicher kann man dort auch Stunden verbringen, aber wir hatten ja noch einen Termin. Also ließen wir uns wieder abwärts treiben Richtung Zentrum, diesmal auf so einer Art Hauptweg, der von unzähligen Händlern gesäumt war, die es natürlich auf die Touris abgesehen hatten. Wir guckten aber nur und blieben standhaft. Als wir schließlich im Flee Market landeten, war es aber soweit, und wir ließen uns zum Souvenirkauf hinreißen.

Clumsy fand sogar die begehrte weiß-blaue Keramik, die er zu kaufen beauftragt worden war. Nun brachten wir die Einkäufe in Sicherheit und gabelten den genesenen Gonzo auf, um schließlich im Locomotiva wiederum zum örtlichen FCSP-Fanclub zu stoßen. Inmitten einer Bibliothek mit allerhand linker Literatur lief dort das Spiel der Braun-Weißen gegen Darmstadt auf Sky, und es stand bereits 0:1 bei unserem Eintreffen. Es war ein ziemliches Gewürge, nicht schön anzuschauen, es fiel auch kein Tor mehr, aber das Grüppchen war nett. Mit zwei oder drei Bierchen intus rannten wir anschließend eine Weile durch die Gegend, Lars im Affenzahn immer vorneweg. Ich weiß gar nicht mehr genau, wo wir hinwollten, aber schließlich landeten wir in einem eher türkisch anmutenden, einfachen Lokal ziemlich mittendrin. Der Ober war von der ganz lässigen Sorte, hörte sich unsere gesamte Bestellung an, um dann fast fehlerfrei nochmal zusammenzufassen. Die Jungs brauchten totes Tier, serviert auf enormer Teigunterlage, während ich gefüllte Tomaten und Pommes wählte. Schlicht aber sehr lecker. Von den grilled peppers kostete ich lediglich die Spitze und nahm schnell Abstand, während Gonzo größere Fasern beinahe problemlos in sein Körperinneres aufnahm. Schon erstaunlich, wie unterschiedlich Schärfe wahrgenommen wird. Gut gesättigt bewegten wir uns wieder zu unserem Kiez, wo wir noch eine dezente Kneipe aufsuchten. Ein Abschlussbierchen musste schon sein, aber lang würde der Abend nicht mehr werden, selbst Lars wirkte schon nicht mehr durstig. Gegen 22 Uhr Ortszeit verließen wir dann den Laden, aber irgendetwas ließ uns noch in den Pub direkt gegenüber schlittern. Dort lief gerade W.A.S.P., an den Wänden hingen lauter Metal-Plakate und mir war klar, dass es hier wohl noch eskalieren würde. Zumal die Mucke richtig klasse war, aufgelegt von konkretem Deejay, der unsere Wünsche erahnte, wenn wir sie ihm nicht bereits selbst mitgeteilt hatten. Psychotic Waltz, Fates Warning, While Heaven Wept, Queensryche, etc. Wer will angesichts solch himmlischer Sounds denn schon ins Bett? Wir jedenfalls noch nicht, zumal das Mythos in eisgekühlten Humpen serviert wurde. Also blieben wir noch zwei, drei Stündchen, genehmigten uns zum Abschluss Jacky-Sprite und hatten mächtig Spaß. Zu guter Letzt überkam mich Wasserdurst biblischen Ausmaßes, der mich sämtliche vier oder fünf der muffigen Gläser innerhalb kürzester Zeit in mich hinein stürzen ließ. Gegen ein Uhr siegte schließlich der Restverstand, so dass wir uns in die Horizontale begaben, ausnahmsweise alle zeitgleich.





















Montag, 29. Januar

Das Aufstehen am Abreisetag fiel nach den nächtlichen Eskapaden natürlich etwas schwer, doch es waren alle vier Nasen püntlich in der Lobby am Start. Ein geschniegelter Taxifahrer holte uns am Hotel ab, um dann wie selbstverständlich Dark Tranquillity an Bord seines Arbeitsplatzes zu Gehör zu bringen, ne coole Sau. Im Flughafen nahmen wir noch ein paar Nährstoffe zu uns, während wir Clumsys unanfechtbare Kostenaufstellung durchgingen. Nun trennte sich unser Grüppchen wieder, Lars und ich starteten zuerst via Ryanair gen Frankfurt. Der Flug verlief weitgehend entspannt, keiner brauchte die Kotzbeutel, obwohl einem von der von auffallend geschmacklos aufgetakelten Stewardessen präsentierten "Verkaufsshow" schon ein wenig übel werden konnte.

Das Auschecken in Rhein-Main dauerte dann unnötig lang, schön auch die Dienstbeflissenheit des Beamtenbürschchens, das beinahe ein Loch in meinen Ausweis geglotzt hätte. Schließlich bewegten wir uns zum Bahnhof, kauften online entsprechende Tickets - um dann festzustellen, das wir noch auf OEZ gepolt waren. Dank Zugbindung durften wir also über eine Stunde warten, wie sinnlos, zumal wir nicht mal ein Bierchen tranken. Gedankt bekam ich es mit einem Ziehen im rechten Oberbauch. Die letzte Etappe auf der Schiene brachten wir aber auch noch hinter uns, bis wir schließlich zurück im eher trist anmutenden Osthessen waren. Nach einem klasse Trip und zumindest mental erfrischt, sah ich entspannt der kommenden Wiedereingliederung entgegen.

Tofukeule, März 2018

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