Meine Fastenwoche |
Die Idee schwirrte mir schon länger durchs Hirn: Man müsste mal ein paar Tage fasten, um die Birne frei zu kriegen und evtl. nebenbei auch noch ein paar verschlackte Fettzellen loszuwerden. Da die ausgeliehene Fachliteratur nur positiv bestärkend wirkte, war endlich der Beschluss gefasst, es tatsächlich zu tun. |
Freitag, 14.03.08 Gestern hab ich noch mal normal gefuttert, abends zwei lecker Klöße mit Tofugulasch. Dazu gabs zwei Beck's, doch leider ist Werder Bremen trotzdem rausgeflogen. Die als Abschiedsleckerli gedachten Chips hab ich nicht mehr angerührt - anscheinend hatte das Umdenken bereits eingesetzt. Heute dann der "Entlastungstag" mit stark gedrosselter Nahrungszufuhr, was optimal geklappt hat. Dass ich mit so wenig Stoff problemlos auskomme, ohne nennenswert Hunger zu schieben, ist bereits ne interessante Erkenntnis. Mittags hab ich die vier Pellkartoffeln mit Broccoli sogar nur zur Hälfte geschafft, so schnell war ich satt. Obwohl ich nicht übermäßig viel getrunken habe, musste ich zigmal für kleine Jungs, was zeigt, dass die Entwässerung unzweifelhaft im Gange ist. Ein eindeutiges Zeichen haben mir auch die mit letzter fester Mahlzeit bereit gelegten Haselnüsse gegeben: In den zwei ersten Geknackten befand sich statt der erwarteten Kerne nur Leere... Mit Optimismus sehe ich dem ersten wirklichen Fastentag entgegen. Und wenn ich ans Glaubersalz denke, könnte ich jetzt schon rennen. Samstag, 15.03.08 Jetzt krieg ich aber kalte Füße! Nee, nicht bezogen auf meine Abstinenz sondern im wirklichen Wortsinn. Soll aber normal sein, dass die Extremitätenenden mit der Temperatur runter gehen, von daher muss vielleicht gleich die Wärmflasche herhalten. Ansonsten verlief auch der erste wirkliche Fastentag geschmeidiger als befürchtet. Die Natriumsulfatbrühe schmeckte natürlich nicht gerade lecker, doch es war zu ertragen. Von der dann einsetzenden Wirkung hatte ich mir Heftigeres erwartet. Zwei, drei Mal gabs nen Schwall und das wars im Wesentlichen. Ne recht kontrollierte Geschichte also, bei der auch mein sonstiges Befinden nicht groß zu leiden hatte. Obwohl das schlaue Buch dazu rät, inhäusig zu bleiben, bin ich mit dem Fahrrad zum nächstgelegenen Landesliga-Fußballplatz, um dem SVA-Kick beizuwohnen. Auch das lief völlig normal ab, ohne dass ich vor Schwäche vom Bock gestürzt wäre. "Hauptmahlzeit" war heute eine selbst zubereitete Tomatenbrühe (2x 250 ml) ohne Feststoffanteil. Nicht unlecker, aber so hin und wieder schweifen die Gedanken schon ab Richtung Schnabulatius. Doch bis es so was wieder gibt, dauerts noch vier mickrige Tage. Sonntag, 16.03.08 Mein lieber Schwan, die letzte Nacht verlief aber mal gar nicht angenehm. Schon abends hatte ich eine gewisse Schwäche verspürt, die sich bettlings noch verstärkt hat. Ich hab mich ziemlich ausgemergelt gefühlt, so als hätte ich mehrere Tage hintereinander gesoffen, ohne allerdings von gnädigem Restalkohol getröstet zu werden. Auch die Pumpe schien verstärkt zu rödeln, so dass ich mich meistenteils rumgewälzt habe, ohne groß Schlaf zu finden. Glücklicherweise gings mir nach nem Gang durch die frische Luft schnell besser. Kann mich nicht erinnern, schon mal an einem Sonntag Morgen um 8 um den Block getigert zu sein... Nachdem ich nun am Nachmittag noch ne eineinhalbstündige Wanderung hingelegt habe, fühl ich mich angenehm erschöpft und verspüre keinerlei Hunger. Und jetzt schau ich mir an, wie hoch die Braun-Weißen in Gladbach verloren haben... Montag, 17.03.08 Die vergangene Nacht war zum Glück deutlich angenehmer als die vorige. Abgesehen von ein paar Unruhephasen konnte ich zwischendurch auch mal pennen und bin tatsächlich erst kurz vor 8 aufgewacht. Weniger toll dann die Zeit nach dem Aufstehen, als der Kreislauf anscheinend ziemlich auf Sparflamme gekocht hat. Die Ärmchen waren so minderversorgt, dass das Heben der Tasse zum Kraftakt wurde. Der Schwarztee mit Zitrone und nem halben Löffel Agavensirup sowie ein bisschen Bewegung bei geöffneten Luken hats dann aber rausgerissen. Bald danach hieß es: "It's Einlauf-Time!" Hatte ich natürlich noch nie praktiziert, klappte nach dem Wechsel zum größeren Endstück aber reibungslos. Details erspare ich mir an diesem Punkt. Jedenfalls hat sich die Aktion wie in der Literatur beschrieben positiv aufs Wohlbefinden ausgewirkt, und kurz vor Mittag kam ein grandioser Energieschub, der mich eine Viertelstunde zu Coheed & Cambria durch die Bude hüpfen ließ. Bisher der Höhepunkt der Fastenaktion! Auch nachmittags hab ich noch voller Elan einen zweieinhalbstündigen Waldmarsch hingelegt. Heute Abend bring ich dann mal Abwechslung ins Spiel und genehmige mir einen verdünnten Fruchtsaft statt der bisher bevorzugten Gemüsebrühe. |
Dienstag, 18.03.08 Der heutige Tag bescherte mir eine weitgehende Ausgeglichenheit. Anscheinend stellt sich der Kadaver tatsächlich immer mehr auf die Situation ein, wodurch man fast schon gar nicht mehr merkt, dass irgendwas anders ist als gewöhnlich. Auch der Nachtschlaf war ganz erholsam und nur von einer erwähnenswerten Erweckung unterbrochen. Dabei fällt auf, dass das Zentralorgan definitiv lauter schlägt als zu Essenszeiten. Entweder liegt es daran, dass die umgebende Fettschicht abgebaut wurde und keine geräuschdämmende Wirkung mehr hat, oder die Pumpe pumpt einfach kräftiger, um die wenigen vorhandenen Nährstoffe mit mehr Schmackes durch die Leitungen zu pressen. Die schlauen Bücher schweigen sich darüber aus. Am Nachmittag habe ich es gewagt, ne kleine Runde durchs Schneegestöber zu joggen. Es ging wirklich nur sehr gemächlich und nach zwanzig Minuten waren die Kräfte auch schon größtenteils erlahmt. War aber ob der anschließenden angenehmen Erschöpfung trotzdem eine lohnenswerte Aktion. Auch lustig war das Einkaufen im veganen Online-Shop. Die sonst übliche Gier nach den feilgebotenen Leckerlis ließ sich mal gar nicht verspüren, wodurch ich ganz relaxt und mit Verstand bestellen konnte. So ähnlich stell ich es mir auch vor, wenn ich mich morgen im tegut für die "Aufbautage" versorgen werde. Mittwoch, 19.03.08 Ach wie schön, dass einen auch in Fastenzeiten die katholische Kirche wunderbar erheitern kann. Ihr habts ja bestimmt selbst schon gehört, dass der in einer Fuldaer Kirchenimmobilie angesiedelte Schlecker-Markt auf Anweisung des Vermieters Algermissen keine Kondome mehr verticken darf. Eigentlich lächerlich genug, aber total brüllig wird die Sache erst dadurch, dass die kath. Gemeinde durch ihren Schmutzpatron zum oralen Verkehr animiert. Muhahaha! Danke, St. Blasius! Worum gings hier noch? Ach ja, heute ist ja mein letzter Tag ohne Feststoffeinfuhr. Fast werd ich melancholisch, so als müsste ich morgen aus dem lieb gewonnenen Urlaubsort abreisen. Andererseits hab ich auch nichts dagegen, wieder mehr Energie zur Verfügung zu haben. Heute Vormittag das Budeputzen hat schon etwas geschlaucht, ganz zu schweigen vom Schleppen des Einkaufs auf den Hügel, wo meine Burg steht. Im Supermarkt hab ich mich jedoch sehr wohl gefühlt, als ich die Lebensmittel für die nächsten Tage erworben habe. Beim Passieren des Knabberregals dachte ich nur: "Ihr fettigen Chips könnt mich mal! Wenn ich euch jetzt vertilgen müsste, würde mir speiübel werden." Meine Körpermasse hat laut Wägung von heute Morgen einen historischen Tiefstand erreicht (zumindest seit ich ausgewachsen bin): 59,9 kg. Dass ich jemals noch bei lebendigem Leib die 60er-Marke unterschreiten würde, hätte ich auch nicht gedacht. Donnerstag, 20.03.08 Boah, ey, bin ich satt! Den Fastenbrecher in Form eines Apfels musste ich am Vormittag schon in zwei Etappen vertilgen, weil der Magen ihn nicht auf einmal aufnehmen konnte. Dann mittags ein Teller Kartoffel-Gemüse-Süppchen mitsamt püriertem Feststoffanteil und vorhin ne dünne Tomatensuppe, ne Scheibe Knäckebrot und einen Becher Yofu mit Leinsamen. Wahrscheinlich werd ich morgen früh die Schüssel sprengen... Hoffentlich werde ich, wenn der Alltag wieder Einzug gehalten hat, eher mal drauf achten, die Mahlzeit zu beenden, wenn die Sättigung erreicht ist, statt noch nen Teller zu futtern, weils gerade so gut schmeckt und eh noch was da ist. Eigentlich hätte ich vom Gefühl her noch ein paar Tage dranhängen können, denn nach dem Aufstehen gings mir heute so blendend wie die ganze Woche noch nicht. Aber wir wollens ja auch nicht übertreiben. Immerhin konnte ich heute schon 30 Minuten gemächlich Joggen, was ne klare Steigerung zu vorgestern war. Morgen ist dann noch mal Aufbaukost angesagt, bevor ich am Samstag den Übergang zum "normalen" Futtern einleiten will. Wahrscheinlich werd ich demnächst ne abschließende Meldung in dieser Rubrik machen. Donnerstag, 27.03.08 Eine Woche ist die Fasterei nun her, kommt mir aber schon viel weiter zurück liegend vor. Der Übergang zum Alltag ging ratzfatz und wenn ich nicht einigermaßen drauf achten würde, hätte ich wohl die alten Ernährungsmuster hemmungslos wieder aufgenommen. Doch noch habe ich den Eindruck, die "Reset-Woche" hat womöglich auch längerfristig was gebracht. Öfter mal nicht noch weiterfuttern, auch wenn es so gut schmeckt, oder überhaupt gleich weniger zubereiten, sind Angewohnheiten, die ich hoffentlich beibehalte. So ca. 3 Kilo haben sich angenehmerweise auch verabschiedet. Dies leider nicht nur vom Hüftgoldgürtel, der noch immer im Saft steht. Waren wohl eher massenweise verfettete Leberzellen, die den Organismus nun nicht mehr belasten...
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