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Keep It True XIII

Lauda-Königshofen, 23. & 24.4.2010

Welch Aufregung im Vorfeld wegen des isländischen Vulkans, der wochenlang den Flugverkehr massiv störte und so beinahe viele Bands am Kommen gehindert hätte. Gerade rechtzeitig beruhigte sich die Situation aber, so dass doch fast alle Acts am Start waren. Unrühmliche Ausnahme: CANCELmass. Den Herren war es einfach zu riskant, den beschwerlichen Weg von Schweden aus anzutreten, schließlich musste man montags pünktlich an der Arbeit erscheinen, und außerdem, der Rücken...

Ansonsten war es wieder ein insgesamt äußerst feines Festival mit einem grandiosen Fifth-Angel-Auftritt als Schlusspunkt sowie dem bisherigen Höhepunkt der Festivalgeschichte in Form des unfassbaren Doppels Anacrusis / Watchtower. Progpabst Patrick Müller bringt es in seinem Part des Obliveon-Berichts derart brillant auf den Punkt, dass ich mir weitere Ausführungen ehrfürchtigst erspare:

"Götterdämmerung, Teil 2. Nach dem absolut fabulösen, die Welt verbessernden Gig von Anacrusis, den ich zur Gänze ekstatisch vor der Bühne abrockend erlebte, hätte das Festival für mich eigentlich beendet sein dürfen. Da dies allerdings auch irgendwie doof gewesen wäre, dachte ich mir: dann schau Dir doch einfach mal die nächste Legende an. Einen Billing-Doppelschlag von solchem Kaliber hat es auf deutschen Festivalbühnen schließlich wohl schon sehr lange nicht mehr gegeben, denn schon als WATCHTOWER zu „Asylum“ wie immer in vollkommen unorthodoxem Outfit die Bühne je nach Gusto betänzelten, bestürmten oder bewatschelten war klar: hier wird man erneut ein Feuerwerk der besonderen Art erleben. Neben einem proggigen Ohren- war das Ganze nämlich noch ein Augenschmaus: Saitenhexer Ron Jarzombek auf Seidenstrümpfchen, dazu dezent geschminkt und mit sanftem Lipgloss, Basser Doug Keyser mit Wrestling-Maske (die er sich nach handgestoppten 20 Sekunden schon vom Schädel gebangt hatte), und der im letzten Moment für stolze 2.000 Dollar eingeflogene Alan Tecchio barfuß sowie mit Helm und Fliegerbrille sorgten bei Uneingeweihten für offensichtliche Fragezeichen auf der Stirn, was durch die Knoten, die die wahnsinnigen Prog-Thrash-Granaten der Texaner den Anwesenden mal wieder in die Gehörgänge drehten, noch verstärkt wurde. True? Klar! Zu Beginn konnte man zwar lediglich eine überschaubare Schar Die-Hard-Supporter vor der Bühne begeistern, aber bereits als Tecchio „Instruments Of Random Murder“ ankündigte war klar: hier muss man mit, da will man dabei sein. Und wie schön war das! Insbesondere „Control And Resistance“-Göttergaben vom Schlage „Mayday in Kiev“, „The Eldritch“, mein Favorit „The Fall Of Reason“ und der alles zermalmende Titeltrack sorgten schon bald dafür, dass selbst der sonst eher reservierte Metal-Gourmet „Bocuse“ Lücker ob des hier servierten Fünf-Sterne-Menüs wild zuckend und schreiend im Pit gesichtet wurde. Angereichert wurde das musikalische Spektakel weiter durch allerlei optische Gimmicks: Mal klatschten Jarzombek und Keyer sich zwischen allerlei Saitenabsurditäten augenzwinkernd ab, mal krabbelte Tecchio Keyser durch die Beine, mal erging sich die Band in Elefanten-Imitationen (!), mal bereicherte man „Tyrants In Distress“ mit Variationen des Kate Perry-Schlüpferstürmers „I Kissed A Girl“, mal bescherten uns isländische Naturspektakel ein noisiges Interludium namens „Volcano’s Blow.“ Nicht unerwähnt soll dabei bleiben, dass Drummer Rick Colaluca (wurde am nächsten Tag bei einer truen Fahrradtour mit seiner Gattin gesichtet) im Hintergrund schier unmenschliches aus seinem Kit (ha!) prügelte. Tecchio, schließlich hüftabwärts nur noch mit Unterbuxe agierend, führte sympathisch-verdreht und vollkommen souverän durch dieses Wohlfühl-Programm, in dessen Verlauf die Band aber auch wirklich jeden Quadratzentimeter sowohl der Bühne als auch der eigenen Instrumente ausnutzte. Bei soviel spielerischem Potenzial wird einem glatt schwindelig. Die Setlist stellte schließlich mit „Social Fears“ und, natürlich, „Meltdown“ auch noch den letzten Old-School-Zweifler zufrieden, während im Anschluss an den Gig das Gerücht, ein gewisser Götz K. aus D. habe der Band für’s Rock-Hard-Festival 2011 ein Angebot unterbreitet, die postkoitale Depression rasch in Vorfreude umwandelte – dasselbe bitte mit Anacrusis (und wenn ich ganz lieb gucke?). Und tsja, „The Size Of Matter“ ließ bei den Fans neue Hoffnung aufflammen, dass eines Tages tatsächlich ein Album namens „Mathematics“ das Licht der Welt erblicken wird. Wobei wir wieder bei Weltverbesserern wären…"

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