Schoten

nur hier erzählt

Spaltsoja

Sojabrei

Hauptfeld

Seitan

Tofub(r)uch

Erb.Info

           

Psychotic Waltz - Tour 2017

Frankfurt, Das Bett (19.07.) / Berlin, Musik & Frieden (21.07.) / Essen, Turock (24.07.)

Quo Vadis, Psychotic Waltz? Nach der gelungenen Reunion-Tour 2011 und einem großartigen RHF-Auftritt im Jahr danach, wurde es still um die Meister. Zum in Aussicht gestellten Album kamen hin und wieder Wasserstandsmeldungen, ohne dass eine Veröffentlichung wirklich greifbar schien. So verstrichen mal eben fünf ganze Jahre, bis die Band sich in den einschlägigen Magazinen zu Wort meldete. Das neue Material sei zum guten Teil fertiggestellt, Release und Shows in Planung. Zumindest auf dem Live-Sektor sollte sich wirklich was tun:

 Wacken, Graspop, Copenhell, die richtig großen Festivals standen auf der Agenda. Relativ kurzfristig wurden dazu auch einige Headlinershows gebucht, worauf die psychotische Gemeinde längst gewartet hatte. Nachdem Taina mich von Berlin schnell überzeugt hatte, wurden u.a. auch noch Essen und Frankfurt bestätigt. Schon war der Reiseplan im Kopf erstellt, die Urlaubswoche genehmigt. Drei Shows in sechs Tagen sollten ein adäquates Pensum sein, das dem nicht mehr so taufrischen Altfan Pläsier bereiten würde.

Montag - Frankfurt

Nach einer planmäßigen Flixbus-Anreise und einer stärkenden Holzofenpizza Engel begab ich mich bei bestem Sommerwetter zum Bett, wo bereits Macke, Kathrin und ein paar weitere Kapeiken vorm Club herumlungerten. Nach und nach trudelten mehr Besucher ein, die mir zu mindestens einem gefühlten Drittel ziemlich bekannt waren. Ein feines Veteranentreffen bahnte sich also an, fast schade dass man schon bald rein zum Konzert musste. Als Bleeding loslegten, erschien Das Bett noch recht schwach gefüllt. Auch die Band wirkte erstmal weniger energiegeladen als gewohnt, wobei ich sie nun auch zum ersten Mal mit erneuerter Rhythmussektion sehen durfte. Nach einer Aufwärmphase gingen sie zusehends griffiger zur Sache, während Hayes souveräne Ansagen sicher ihren Teil dazu beitrugen, die Distanz zum Publikum zu verringern. Trotzdem merkte man, dass einige Anwesende wohl leichte Probleme mit dem markant angeschrägten Gesang hatten. So issses halt, der Preis der Originalität. "Symbol Of The Sun" brachten sie leider nicht, dafür was ganz Neues, was Altes, das markante "Madness" wie auch die Bandhymne "Bleeding". Gute und stimmige Supportshow, wann kriegt man sowas heutzutage noch vorgesetzt.

Eineinhalb Binding später stand auch schon der Hauptact auf den Brettern, der Walzer konnte beginnen. Blöderweise hatte ich mich im Vorfeld dazu anstiften lassen, die Setlist der Show in Holland anzuschauen. Sollte man nicht tun! Denn ich hatte zumindest den Beginn mit "Dancing In The Ashes" und "Faded" auf dem Schirm, Überraschung gleich null. Wirklich optimal gewählt fand ich den doppelt speedigen Start nämlich auch nicht, da haben PW wahrlich Passenderes auf Lager. Sei's drum, viel bedenklicher schien der Zustand von Devons Stimmbändern zu sein, er hatte nämlich echt erstmal ganz schön zu kämpfen. Zum Glück war sein Organ nach ein paar Nummern aber wohl schließlich aufgewärmt und besser klingend. Endlich machte er dann auch mal eine Ansage, nachdem die ersten paar Stücke ohne Pause hintereinander weg gespielt worden waren. Mit "Haze One" und "Ashes" ging es für mich eigentlich erst so richtig weil stimmungsvoll los, anschließend Devons Heuschrecken-Moves zu "Locust", gefolgt vom göttlichen "Another Prophet Song". Und tatsächlich, sie brachten einen brandneuen, noch nie vorher gehörten Song namens "While The Spiders Spin". Zum Glück fand ich ihn auf Anhieb richtig, richtig klasse. Wollen wir mal hoffen, dass das Ding noch in diesem Jahrzehnt seine Veröffentlichung erlebt. Anschließend griffen sie tief in die Kiste mit den Klassikern und hauten gleich sieben der geilsten Songs vom Debüt plus "Into The Everflow" und "Morbid" raus. Heiliger Bimbam! Die dann doch auf ansehnliche Größe gewachsene Besucherschar kam gut in Wallung. Ich fand's natürlich auch geil, haderte aber bis zum Ende ein wenig mit den Vocals, die in meinen Ohren halbwegs verhallt und so klangen, als kämen sie nur über die Monitore. Nach fünf Jahren Pause ließ es sich jedoch schon mal wieder amtlich an, die Woche war ja noch jung.

Mittwoch -Berlin

Die Bahn fuhr wegen Umleitung eine fette Verspätung ein, so dass ich nach kurzem Snack fix im Hostel eincheckte und schon gleich zum Club hechten musste. Noch etwas später war die Hamburger Fraktion per Bus eingetrudelt, der Start gestaltete sich somit etwas hektisch. Bleeding mussten schon zeitig um 19:30 h beginnen, anscheinend sollte später nämlich noch eine weitere Veranstaltung folgen, etwas nervig sowas. Zum Glück tauchten trotzdem erstaunlich viele Zahlende auf, was bereits bei den Stadern für eine gut belagerte Bühne sorgte. Man merkte sogleich, dass sie nun halbwegs im Tourmodus waren und entsprechend schnell auf Betriebstemperatur kamen. Die zahlreichen aus der nordischen Heimat bekannten Visagen trugen sicher ihr Übriges zur Wohlfühlatmosphäre bei. Somit vollbrachten Bleeding bei wohl gleichem Set ein signifikant intensiveres Konzert als zwei Tage zuvor. Das Publikum dankte mit warmem Applaus.

Nicht lang schnacken, hieß es nun, denn PW mussten ja um 10 schon fertig sein. Wieder hatte Devon anfamgs vokale Probleme, wieder besserte es sich nach ein paar Songs bei zum Glück heute stimmiger abgemischtem Sound. Die Songs wurden in der gleichen Abfolge gezockt, auch die Ansagen deckten sich weitgehend. Schön besonders die Ausführungen vor "When The Spider Spins" zum Thema "Den Moment genießen vs. permanentes Handygewedel", Recht hat der Meister. Und tatsächlich sah man erfreulich wenige Genossen, die länger als nötig mit ihren Apparaturen über Kopf herum gefuchtelt hätten. Die Stimmung war schon recht feurig, der Jubel an den entsprechenden Stellen beinahe tosend. Und das in Berlin. Komisch eigentlich, dass PW nach langer Auszeit und ohne neues Material nun eher mehr Leute ziehen als in den Neunzigern. Aber verdient ist es längst angesichts solch brillanter Mucke. "I Remember" - "A Psychotic Waltz" - "Only In A Dream", am Stück, einfach so, wie geil ist das? Leider war es nach etwa 90 Minuten schon wieder vorbei, weil noch irgendein unwürdiger Pseudomusiker anschließend die Bühne entweihen wollte. Schön dass noch ein bisschen Zeit war, um alte Bekannte zu treffen und noch mehr Zeit, um mit Tainas Kapeiken sowie der Bleeding-Baggage in der erstbesten Lokalität deren erfolgreiche Tour zu begießen. So musste die Nachtruhe auf dem Hostel Boat eben etwas kürzer ausfallen.

Samstag - Essen

Auch die Bahnfahrt nach Essen dauerte etwas länger als geplant, Grund: Zwischenzeitliches Warten aufs Zugpersonal. Also war erneut schnelles Einchecken angesagt, damit es zu halbwegs gemütlichem Vorgeplänkel kommen konnte. Da bot sich natürlich das Café Nord an, wo Sandra und Eric bereits gesättigt warteten, während ich die bewährte Pasta Jambalaya orderte. Dazu gab es schnellfließendes Bierchen, wobei unser Tisch schnell komplett gefüllt war, u.a. mit einem neu eingekleideten Mohr. Komischerweise ging es auch im Turock ziemlich früh los, obwohl man samstags ja für gewöhnlich ausreichend Zeit hat. Support heute waren Poverty's No Crime, die ich nach einem lang zurückliegenden Demo nicht mehr groß verfolgt hatte. Erstaunt stellte ich zunächst fest, dass Bass und Drums mit den gleichen Muckern bestückt waren wie bei Bleeding. "Ach soo ist das also!", fiel bei mir der Groschen. Ansonsten tat sich auf der Bühne merklich weniger im Vergleich zu den Support-Kollegen. Eher glatter "Prog"-Sound perlte dazu durch die PA, ungefähr von jenem Kaliber, das besagtes Tape zu bieten hatte. Spektakulär war das nicht, trotzdem ganz gefällig, PW hatten schon deutlich schlechtere Vorgruppen.

Eines klassischen Anheizers bedurfte es eh nicht, das größtenteils faltige Volk war sowieso freudig erregt, der lustlos gezapfte Gerstensud tat sein übriges. Und so kam es, dass die Stimmung sich ein weiteres Mal steigerte, die  abschließende Show also den vermeintlichen Höhepunkt markierte. Setlist und Wortbeiträge waren bekannt, die Euphorie der Meute höchstens vage erwartet. So pfiff ich also auf etwaige Schwachpunkte und genoss lieber das psychotische Fest. Bier kam zu mir aus diversen Quellen, ich hatte kaum eine Chance, mal den Schluckapparat auszuruhen. Und so zelebrierten wir also mein PW-Konzert Nr. 70, eineinhalb Stunden vergingen wie im Überschallflug, da hieß es auch schon final: "Everything is nothing". Geiler Scheiß mal wieder. Anschließend wurde man nicht mal sofort rausgekehrt, manch eine wartete darauf, dass Devon nochmal erscheinen möge, was dann auch wirklich passierte. Angeblich soll er einer gut erhaltenen Rothaarigen sogar etwas von seinen österreichischen Sprachkenntnissen zum Besten gegeben haben. Für mich war schon Schicht im Schacht, ohne viel Federlesen gab ich mich meiner Bettschwere hin. Nun heißt es Warten, ob die Herren Waltz denn bald mal was Neukomponiertes in die Regale wuchten. Und der Auftrit in Wacken darf dann auch nicht der letzte seiner Art sein.

Tofukeule, Juli 2017

PW-Tour 2011

Live-Reports '93 & '95

 

Setlist Psychotic Waltz

  • Dancing In The Ashes

  • Faded

  • Mosquito

  • Northern Lights

  • Haze One

  • Ashes

  • Locust

  • Another Prophet Song

  • While The Spiders Spin

  • I Remember

  • A Psychotic Waltz

  • Only In A Dream

  • Into The Everflow

  • Morbid

  • ...And The Devil Cried

  • Halo Of Thorns

  • I Of The Storm

  • Nothing

 
 
Senf abgeben
nach oben