Schoten

nur hier erzählt

Spaltsoja

Sojabrei

Hauptfeld

Seitan

Tofub(r)uch

Erb.Info

           

Hammer of Doom XII

Würzburg, Posthalle, 17. & 18.11.2017

Einige altgediente HoD-Gänger fabulierten im Vorfeld vom möglicherweise besten Billing ever. Fand ich etwas hochgegriffen, aber vielversprechend sah es schon aus, was diesmal relativ frühzeitig eingestielt worden war. Da hatte der letztjährige kleine Reinfall wohl für ein Umdenken gesorgt.

Das Publikum dankte auf jeden Fall mit zahlreichem Erscheinen. Mir wurde es phasenweise dann schon fast zu voll in der Halle, auch wenn es sich größtenteils noch halbwegs entspannt anfühlte. Bemerkenswert jedenfalls der über weite Strecken brillante Sound, gerade auch im Vergleich zum KIT.

 

Freitag

Zunächst sorgten wir vernünftigerweise für eine ordentliche Grundlage im Kashmir, wo ich auch das erste Kauzen meines kurzen Bierlebens verhaftete. Taina, Mülli und ich waren schon gut gesättigt, als endlich Mohr und Gonzo eintrafen. Die beiden Smartphonelosen hatten wohl eine längere Odyssee hinter sich, da sich kein Einheimischer in der eigenen Altstadt auszukennen schien. Bald wollten wir entspannt und früh genug den Einlass passieren, hatten die Rechnung aber ohne die mal wieder schlechte Organisation gemacht. Mehrere Hundertschaften waren zum Schlange Stehen gezwungen und verpassten wohl größtenteils den Opener. Was schade war, denn The Temple zelebrierten Twin-Gitarren-Doom vom Feinsten. Wir bekamen immerhin noch ca. eine Viertelstunde der klassisch leidenden Griechen mit. Die Halle füllte sich schon ordentlich, als Witchwood loslegten. Diese klangen in etwa so, wie ich mir Lucifer's Friend vorgestellt hatte. Viel dudeliger 70er-Kram inkl. Keyboard und Flöte, der aber doch öfter auf den Punkt kam als befürchtet. Mit Procession sollte es anschließend ja auch wieder konkret doomig werden. Leider litt der Auftritt ein wenig unter breiigem Sound, was sich erst gegen Ende besserte. Da es mir auch etwas zu viel des Geposes auf der Bühne war, konnten mich Felipes Mannen diesmal nicht ganz so wie gewohnt überzeugen. Nachdem ich kurz draußen eine Auszeit genommen hatte, kehrte ich zu Lucifer's Friend zurück. In der sehr gut besuchten Halle wurde es zunehmend schwierig, die eigene Bezugsgruppe zu finden, aber noch war es erträglich.

 Der einzige Hit der ältesten Säcke des Festivals wurde natürlich gut abgefeiert, den Rest fand ich recht entbehrlich. Und dann drängten sie alle zum Headliner gen Bühne. Die Veteranen, um einen der großen Klassiker aufleben zu lassen, und der Nachwuchs, der auch nochmal in den Genuss kommen sollte, Warning live zu sehen. Aber was heißt schon Warning, im Grunde hing es ja einzig an Patrick Walker. Kommentare zu den Motiven der "Reunion" spare ich mir, es zählt eh nur, was dabei rauskommt. Tja, was war nun davon zu halten? Während die einen begeistert vor sich hin weinten, fanden es andere eher so halbgar. Auch ich würde eher zu letzterem tendieren. Sicherlich gingen einem die Songs an einigen Stellen sehr nah, nachdem sie einem schon so viele Jahre immer wieder das Wasser in die Augen getrieben hatten. Aber die Art der Darbietung kam halt nicht an die frühere Intensität ran, da Mr. Walker inzwischen selbst sicher einigen Abstand zu den damaligen Texten gewonnen hat. Außerdem hatte ich den Eindruck, die Band würde extra nochmal langsamer zocken, um die eh schon eingedampfte Spielzeit halbwegs ausfüllen zu können. Naja, ganz schön war's gewiss, wahrscheinlich eh das letzte Mal in der Form. Anschließend hingen wir noch eine Weile bei der Konservenbeschallung vor Ort rum, bis zumindest Mohr und ich gen Babelfish schlurften. Gonzo zog wie immer noch länger um die Häuser, und hatte morgens davon zu berichten, wie er sich beim Versuch des Klogangs ausgeschlossen hatte, was ihn nur leicht bekleidet zur Rezeption getrieben hatte...

 

 

Samstag

Mit Mohr latschte ich vormittags wie schon im Vorjahr zum Café Kult zwecks Frühstück. Nicht umhin kamen wir dabei, lecker dunkles Weizen zu goutieren, dem sich später auch Jürgen anschloss, trotz leichter Sticheleien seitens seiner reizenden Doris. Neben anderen Themen kamen wir auf schauenswerte Filme zu sprechen, wobei Mohr Jess Franco ins Spiel brachte. Lief in den Siebzigern womöglich erfolgreich im Marsberger Bahnhofskino, ich selbst hatte von dem Meister noch nichts mitbekommen, also orderte ich flugs je eine DVD-Box für den Grauen und mich. Cranial wollte eh keiner von uns dringend sehen, daher trudelten wir erst zu Below in der Posthalle ein, erinnerungswürdige Qualitäten schienen die Schweden an diesem Tag aber allenfalls geringfügig parat zu haben. Ganz anders Naevus, die wieder für große Begeisterung in unserer Runde sorgen konnten. Da kann ich mich nur wiederholen, die Gigs der letzten Jahre waren allesamt Triumphzüge flockig-doomigen Ausmaßes. Perfekte Livemucke einer eingespielten Truppe im zweiten Frühling, herrlich. Anschließend die wohl exotischste Combo dieses HoD, Crippled Black Phoenix, durchaus beliebt unter vielen Besuchern, wie auch bei mir selbst. Und es passte, das von Naevus warmgespielte Auditorium ließ sich von den hypnotisch-warmen Soundgebilden weitertragen ins nachmittägliche Hopfennirwana. Mittlerweile hat man sich ja ans ständig wechselnde Personal gewöhnt und lässt nur noch die Songs als solche auf sich einwirken, was bestens klappte. Hätte nur noch "Of A Lifetime" zum völligen Glück gefehlt, aber darauf hatten sie wohl keine Lust, trotzdem sehr geil. The Vision Bleak hatten viele im Vorfeld als Pausenband ausgeguckt, so auch wir, also trotteten wir in der Kleingruppe zu den Veggie Bros, um uns frische Kalorien einzuverleiben.

Etwas zu spät kehrten wir zu The Doomsday Kingdom zurück, wo erstmal die Frage nach des Chefs persönlicher Anwesenheit zu klären war. Er hatte also mal wieder gekniffen. Oder... Je näher man der Bühne kam, desto deutlicher schälte sich das altbekannte Antlitz heraus, wenn auch in etwas abgewirtschafteterem Zustand. Leif Edling bediente tatsächlich höchstselbst den Bass! Warum er sich dafür ausgerechnet seine am wenigsten überzeugende Band ausgesucht hatte, erschließt sich einem zwar nicht, aber immerhin war es schön, ihn mal wieder gesehen zu haben. Während Taina bald das "Ausverkauft!"-Schild an ihren B.S.T.-Bauchladen hängen konnte, schickte sich ein weiterer Altmeister an, uns zu beglücken. Mr. Fondelius ließ sich zu einem der seltenen Count-Raven-Auftritte hinreißen, und der hatte es in sich. Verschrobener denn je begeisterte er mit einer feinen Setlist, die am Ende in den Toptracks "Nashira" sowie "Jen" kulminierte, was nicht nur für die beiden Andreasse und mich den samstäglichen Höhepunkt bedeutete. Das musste mit kollektivem CR-Kappen-Kauf zelebriert werden. Besser würde es nun nicht mehr werden, soviel war klar. Daher trudelten wir anschließend dem Ende des Festivals mit mehr oder weniger krummer Körperhaltung entgegen. Es fühlte sich mittlerweile auch ziemlich voll und nicht mehr recht gemütlich in der Halle an. Time Lord wirkten auf mich schon ziemlich wie ne Coverband, denn ohne Terry Jones kommen die Pagan-Altar-Nummern einfach nicht authentisch rüber. Und bei Cirith Ungol erging es mir im Prinzip genauso wie schon beim KIT: Körperlich war ich zwar noch teilweise anwesend, war nach einem langen Festival aber nicht mehr wirklich aufnahmefähig und langsam bettreif. Beim RHF wird's dann die nächste Chance geben. Am Sonntag gab's ICE-Weizen mit Taina und Mülli, welches mich in Fulda glatt falsch umsteigen ließ. Trotzdem erreichte ich noch rechtzeitig zum Anpfiff am Millerntor die Sky-Kneipe meines Vertrauens, wo ich den Deckel aufs Wochenende machte.

 

 

Tofukeule, Dezember 2017

HoD-Schoten


nach oben