Schoten

nur hier erzählt

Spaltsoja

Sojabrei

Hauptfeld

Seitan

Tofub(r)uch

Erb.Info

           

Graspop Metal Meeting

Festivalpark Stenehei, Dessel, Belgien, 16. - 19.06.2016

Wir zum Graspop, einem Riesenfestival mit um die 100000 Besuchern? Was hatte uns geritten? Das Billing bot einfach so viele Argumente, dass Mohr und ich am Samstagvormittag des letzten Hammer Of Doom nach dem hastigen Genuss diverser Frühstücksweizen ungewohnt entschlussfreudig auf Lars' fernschriftlich übermittelten Vorschlag eingingen.

 

Donnerstag

Nun fuhren wir also hin im brandneuen Firmenskoda, unterwegs trafen wir noch Franzi, Daniel und Lukas, um dann nach seltsamer Ehrenrunde durch Dessel auf einem überschaubaren Wiesenparkplatz zu landen, wo wir unser ganzes Geraffel ausluden. Danis frisch erworbener Klappbollerwagen brach gleich mal unter der Last etlicher Paletten Kaltgetränke zusammen, doch was noch blöder war, es fing an zu regnen oder besser gesagt zu schütten, kaum dass wir den ungewissen Weg zum Campinggelände in Angriff genommen hatten. Kurz unterm Baum ausgeharrt, der bald schon keinen Schutz mehr gegen die Wassermassen bot, schleppten wir uns weiter über Straßen, Wiesen, durch Wasserlachen und Matschtümpel, bis wir immerhin mal den Einlass geschafft hatten und das obligatorische Armband (mit Chip) an den ermüdeten Handgelenken trugen. Einige feuchte 100 Meter weiter erreichten wir schließlich den Zeltplatz ohne wirklichen Plan, wie weit es denn noch war bis zu freien Flächen. Eine Vorhut erkundete die Lage, und die war schlecht. Auf teils überschwemmtem Weg stauten sich die Ankommenden, weil man noch nach hinten ins Nichts geleitet wurde, während weiter vorn die Ordner beharrlich sturr blieben und uns nicht auf die gähnend freien Abschnitte ließen. Fuck, mehr als Bier trinken und beobachten, wie einem Schwimmhäute wuchsen, konnte man nicht tun. Mohr war schon mit den Nerven runter und hätte sich am liebsten zurück auf die sauerländische 70er-Jahre-Couch gebeamt.

Ich holte ihn in seinem Schmollwinkel samt 1,5-Liter-Mineralwassersixpack ab, zurück zur wartenden Amphibiengruppe, wo das Blatt sich wendete: Der Regen hörte endlich auf und wir sahen, dass unsere Kapeiken bereits im Begriff waren, die Zelte zu errichten. Danke, Schicksal! Wir drei alten Säcke verfrachteten uns in das von Lars eigens erworbene Großzelt mit Vorhalle und Teilunterkellerung, das sogar in angemessener Zeit aufgestellt war. Trotzdem dämmerte es schon langsam nach dem endlosen Schleppen und Warten, so dass wir das deutsche EM-Gruppenspiel gegen Polen gleich mal knickten (und nichts verpassten). Mit Mohr ging ich dann durch Drehkreuz und Körperscanner aufs Festivalgelände, wo die gefräßigen Muntenautomaten erste Fuffis verschlangen. 0,25 Liter abgestandenes Jupiler im geschmacksneutralen Plastebecher gab's demnach für schlanke 2,75 €, wir haben's ja. Mit frisch benetzten Kehlen latschten wir also ins riesige "Marquee", wo man durch Primal Fear erstmal auf überschaubarem Niveau unterhalten wurde, aber wir waren ja eh mit Akklimatisieren beschäftigt, kriegten davon also nicht allzu viel mit.

 Anschließend gab es aber immerhin noch ein Schmankerl, denn wie schon vor drölfzig Jahren an gleicher Stelle gab sich Udo die Ehre, erfreulicherweise unter dem "Dirkschneider"-Banner mit reinem Accept-Set. Das hieß gut 20 Songs Solinger Stahlklassiker, das musste ja geil werden. Wurde es auch, schließlich ist man mit den ganzen Hits groß geworden, also hatten wir echt Spaß. Der kleine Runzelmann knurrte und krächzte in gewohnter Manier und hatte wohl selbst mehr Freude, als ihm eigentlich lieb gewesen wäre, schließlich betont er ja immer, dass er mittlerweile längst genug starkes U.D.O.-Material hätte, um die Accept-Nummern gar nicht mehr zu brauchen. Aber nun merkte man, dass letztere halt doch mehr können. Mohr und ich genossen es also, blubbten uns gegenseitig fachmännische Kommentare ins Ohr, waren mit dem Sound aber nur halb zufrieden. Am besten klang es auf der Rampe am Zelteingang, worunter wahrscheinlich ein Ultraflach-Mischpult von eifrigen Flundermenschen bedient wurde. Eine ähnliche Setlist hätte ich demnächst dann gern von Accept selbst, denn gitarrenmäßig klingt das von Wolf Hoffmann halt doch noch eine Klasse besser. Gegen 2 Uhr suchten wir anschließend was Gediegenes zu futtern, fanden aber nur Standard-Pommes, also hinein damit in die gierigen Schlünde. Bald darauf hauten wir uns in die Penntüten, die beiden Kollegen in der Schlafkammer, ich im geräumigen Vorraum.

Freitag

 

Der Schlaf gestaltete sich halbwegs brauchbar, und da die Sonne sich nach Aufgang weiter rar machte, hielten wir es auch recht lang unter der Zeltplane aus. Echten Komfort bedeutete das sich in Spuckweite befindliche Sanitärzelt mit Waschrinnen, Duschen und wassergespülten Vakuumsitzklos. Hygienetechnisch befand sich also alles im Lot. So zog der Vormittag beschaulich vorüber, bis wir uns ins Getümmel wagten. Lars und Mohr mussten nochmal zum Auto, wir verabredeten uns zu Raven, doch sollten wir es schaffen, uns den ganzen Tag nicht ein einziges Mal mehr zu treffen. Zur Mittagszeit stand ich also unbegleitet vor den altgereiften Gallagher-Brüdern nebst Mr. Hasselvander. Das Trio ist schon optisch nach wie vor sehr unterhaltsam, auch wenn man sich fragt, wie lang sie noch ihre bewegungsfreudige Show durchziehen können, denn angesichts der morschen Knochen wirkt das alles nicht sehr gesundheitsfördernd. Guter Frühschoppen-Sound natürlich.

 Anschließend traf ich auf unsere drei Jungspunde, mit denen ich erstmals Richtung Doppelhauptbühne ging, um dem Soilwork-Gig beizuwohnen, dem vor allem Daniel entgegenfieberte. Nun ja, ich fand's ganz okay, kannte tatsächlich sogar einen Song, aber die Performance des Herrn Strid hätte dessen Spitznamen "Speed" gern mehr Ehre machen dürfen. Gerade auch während der Ansagen wirkte er arg relaxt, um nicht zu schreiben gelangweilt. Passte nicht wirklich zum relativ wuchtigen Sound. Was die aufgefahrene Technik betraf, war man aber schon gleich beeindruckt. Zwei fette Bühnen direkt nebeneinander mit entsprechender PA und Videoanlage, die sich gewaschen hatte. Selbst im grellsten Sonnenlicht konnte man noch gestochen scharf verfolgen, was auf der Bühne vor sich ging, Live-Konzertfilm quasi. Nachteil dabei allerdings, dass die Augen meist dort kleben blieben, was bisweilen ein komisches Gefühl der Distanziertheit verursachte, weil man es so ja quasi auch im Live-Stream hätte schauen können.

Derlei Probleme gab es mit den Zeltbühnen nicht, wo nun Grand Magus im "Metal Dome" aufspielten. Diese sorgten bei den zahlreich Anwesenden auch für ordentlich Stimmung, aber genau genommen ist es doch wirklich billiger Bumsmetal, den die Truppe seit zig Alben abliefert. Wenn auch halbwegs gut gemacht, primitiv ist es trotzdem und bestimmt bald nicht mehr so einfach zu ertragen. Diesmal ging es noch, so dass meine Laune zu positiv war, um ernsthaft ein Selbstmordattentat bei Virgin Steele in Erwägung zu ziehen. Stattdessen legten wir zu viert ein längeres Päuschen am Lager ein bei Bier, Dosenfutter und qualitativ schwankender Beschallung seitens der Nachbarn. Gegen 17 Uhr machten wir uns wieder auf zu den Bühnen, denn langsam ging es musikalisch in die Vollen. Ein bisschen was bekamen wir noch von Heaven Shall Burn mit, die ordentlich Alarm machten. Da wurde ein Mehrfaches der Energie von Soilwork entfacht, so muss das sein.

Nun wollte ich Foreigner sehen und bewegte mich recht weit nach vorn, wobei ich unsere Jungschar aus den Augen verlor. Das Backdrop versprach viele Songs des legendären "4"-Albums, was die Setlist leider nicht ganz halten konnte. Der Altherren-AOR klang trotzdem geil und wärmte von innen, wobei Frontmann Kelly Hansen sehr agil und kommunikativ wirkte, während Mick Jones einfach nur rumstand und Gitarre spielte. "Urgent" und "Juke Box Hero" kamen großartig, aber leider deutete sich bereits das Ende an, wo es doch gerade erst richtig angefangen hatte. Hansen ließ schließlich Erinnerungen an meinen einzig erlebten katholischen Gottesdienst aufkommen, indem er uns aufforderte, die Nachbarn zu drücken, wozu bei vielen aber wohl der Pegel noch nicht ausreichte. "I Want To Know What Love Is", so richtig erfüllt wurde der Wunsch hier also nicht. Immerhin fand ich hernach aber eine Lösung für meinen schon wieder knurrenden Magen. Unter all den Fressständen entdeckte ich tatsächlich einen rein pflanzlichen. Bei "Just Like Your Mom" - Catering verleibte ich mir einen wirklich leckeren Burger ein, es sollte nicht der letzte sein an diesem Wochenende, auch wenn man für den Preis beinahe ein mehrgängiges Menü im Sterne-Restaurant hätte bekommen können.

Um den schon wieder bedrohlich dräuenden Wolken keine Angriffsfläche zu bieten, schaute ich mal im "Metal Dome", wo ich ungewollt Zeuge der wohl beschissensten Band des ganzen Festivals wurde. Amaranthe sind nun wirklich der Pickel am Furunkel des kalkweißen Arschs der Trällerelsenszene. Nix wie weg! Viel, viel schöner war es da doch um die Ecke im Classic Rock Café bei coolen, alten Videoclips und mittelgroßen Bieren. Zu Megadeth zog es mich wieder nach draußen. So geschmeidig hab ich Mustaine und Gefolge wahrscheinlich noch nicht gesehen, was an des Meisters guter Laune gelegen haben könnte. Wenn ich nicht irre, huschte des öfteren ein lässiges Grinsen übers breite Maul. Instrumental war auch alles im Lot, nur der "Gesang", nun ja... Wirkte extrem angestrengt, wie der Mann sein Geröchel hervorbrachte, gut geklungen hat es eh noch nie. Die Setlist war okay, wenn auch wenig überraschend. Anschließend erblickte ich tatsächlich bekannte Visagen, Gonzo und Macke liefen mir in die Arme! Da musste gleich mal ein Freudebecher herhalten. Ersterer, rastlos wie eh und je, schleuste uns weiter zu Zakk Wylde, der aber auf einem komischen Trip zu sein schien. Konnten wir nix mit anfangen, also kurz bei Apocalyptica geguckt und schließlich doch wieder vor der Mainstage gelandet, wo Amon Amarth ganz gut Alarm machten. Hätten wir auch gleich dableiben können.

Nun war es also so weit, der für uns vermutlich allerletzte Gig der lebenden Legende stand an, Black fuckin' Sabbath. Da musste man sich erstmal kneifen. Wir schreiben das Jahr 2016, der eigene Körper sendet bereits regelmäßig Signale, die aufs baldige Ende hindeuten, und doch steht nun der 67-jährige Ozzy vor einem und kriegt es immer noch ganz gut gebacken. Ein medizinisches Wunder. Tony und Geezer könnten es wahrscheinlich noch 20 Jahre durchziehen, wie es aussieht, schade aber, dass Bill Ward nicht am Start war. Fand ich recht unfein, ihn, dem man früher schon regelmäßig den Bart anzündete, auszugrenzen, das bisschen Getrommel hätte er schon noch irgendwie hinbekommen. So saß halt ein gewisser Tommy am Drumkit, zweifellos gut, aber irgendwie schon ein bisschen zu lebhaft. Egal, mit "Black Sabbath" ging es natürlich los, Gänsehaut von innen stellte sich ein, auch eine gewisse Melancholie, und in diesem Zustand genoss ich noch einmal eine Show der wohl geilsten Band aller Zeiten mit ebensolchen Songs. Dankenswerterweise zelebrierten sie einen Klassiker nach dem anderen und verzichteten ganz auf Material von "13", das man heute auch gar nicht hören wollte. Licht und Sound waren bestens, und dazu gab es eine ziemlich fette, beeindruckende Videoshow, die fast schon zu sehr ablenkte. Im Nu waren 90 Minuten verflogen, endgültiger Schlusspunkt: "Paranoid". Tschüss und ganz viel Danke an die Herren Sabbath.

Normalerweise wäre ein Festivaltag nun zu Ende gewesen, nicht so beim Graspop, wo doch tatsächlich anschließend gleich der großartige King Diamond die kleine Abigail zum Leben erweckte. Meine Fresse, und Prince Denmark war wirklich wieder verdammt gut in Form. Selten hab ich ihn so punktgenau tirillieren hören, die Show war gewohnt opulent und natürlich hat auch sonst alles gepasst. Nach einer handvoll Best-Of-Hits kamen wir in den Genuss des kompletten Abigail-Werks, besser geht's nicht. Nach zwei solchen Hammerbands guckte ich auf dem Rückweg noch kurz bei einer Motörhead-Coverkapelle, um schließlich die beiden verlorenen Brüder friedlich schlummernd in ihrem Schlafgemach vorzufinden. Was die wohl den ganzen Tag so getrieben hatten?

 

Samstag

Die Geschichte des Samstags ist mal eher ziemlich schnell erzählt. Aufgrund des nur mäßig einladenden Wetters hingen wir nämlich bis nachmittags in unserem Lager rum und genossen das wohnliche Ambiente unseres Vorzelts respektive Pavillons. Musikalisch Zwingendes wurde drüben auf den Bühnen eh nicht geboten, also hatten wir viel Zeit für Frühstück, -schoppen und hochgeistige Gespräche. So kam Lars auch endlich dazu, sich wie verabredet den Text von "Hallowed Be Thy Name" mit Hilfe mehrerer großbuchstabig bedruckter Blätter draufzuschaffen. Reichte nur nicht mehr ganz für's morgige Konzert, aber ist halt auch schwierig bei dem Tempo des Dickinsonschen Vortrags. Gegen Mittag erkaufte ich mir den Genuss einer warmen Dusche, eine gute Maßnahme, komisch nur die eingeschränkten Öffnungszeiten der Brausekammern.

Es war wohl fast schon 17 Uhr, als wir uns in Bewegung setzten, um zunächst beim Metalmarkt vorbeizuschauen, wo Lars' einstige Arbeitgeber Clumsy und Nelly versuchten, Geschäfte zu machen. War wohl schwieriger als gewöhnlich, da das Konsumzelt doch ziemlich versteckt auf dem Gelände platziert worden war. Man fragte sich eh, wieso sich das Leute antun, wenn man hört, welch strengem, bizarren Regime die Händler unterlagen. Für mich wär das nix. Als Clumsy auch noch die Strenge seiner Aufseherin wegen zu langen Smalltalks zu spüren bekam, verdufteten wir lieber zu Kadavar. Und diese gefielen mir heute nicht ganz so gut wie zuletzt beim HoD. Vor allem das Gepose des Drummers ging mir recht bald auf den Keks. Musste der Typ echt durchgängig einen auf Muppet-Tier machen? Konnte ich auf Dauer nicht ernst nehmen. Sonderlich lang ging die Show eh nicht mehr, bevor wir schon wieder auf dem Campground landeten. Womöglich wollte noch jemand duschen oder zu Stuhl gehen, so genau lässt sich das nicht mehr rekapitulieren.

Immerhin standen wir in dicker Regenmontur bald erneut in der Matschepampe, um Ghost zu sehen. Zwar schon halbwegs vorne aber doch zu weit weg, um mit bloßem Auge nennenswert was von dem Treiben auf der Bühne zu erkennen, glotzten wir wohl die meiste Zeit Video mit nett gestyltem Papst nebst Ghouls. Die Songs gefallen mir eh, also war's ein nettes Vorprogramm für Slayer. Die im Anschluss so auftraten, wie man es erwarten konnte: Bei überschaubarem Bewegungsradius die Mucke für sich selbst sprechen lassen und auch nicht viel quatschen zwischen den Songs. Lässig-diabolisches Auftreten halt. Kommt schon immer wieder gut, dem reiferen Alter entsprechend. Warum sie das abgenudelte "Thunderstruck" als Intro nahmen, bleibt ein Rätsel. Cool dagegen das Hanneman-Backdrop im Heineken-Style und vor allem die verschleppte Explosivität solcher Klassiker wie "Dead Skin Mask" oder "South Of Heaven", zum Abschluss das unvermeidbare "Angel Of Death". Wir waren's zufrieden, nahmen eventuell noch ein Schlummifix und trollten uns langsam zu den Bettstätten. Nightwish und Volbeat schenkten wir uns. Da hatten wir anscheinend gerade mal drei Bands gesehen, und trotzdem flog der Tag schnell vorbei. Langsam dachten wir sogar schon über die Abreise nach, aber erstmal war pennen angesagt.

Sonntag

Sonntag Morgen, ca. halb neun, wurden wir auf herrlichste Weise geweckt: Maiden machten Soundcheck mit "Children Of The Damned" und uns ging kollektiv das Herz auf ob der wunderbaren Klänge. Das war mal ein geiler Start. Danach schmeckte natürlich bald das erste Bierchen, auch unserem Fahrer, und so war recht schnell klar, dass wir doch erst Montag früh zurückgondeln würden. Trotzdem ging mittags die Packerei los, da unsere Companeros auf jeden Fall schon in der kommenden Nacht starten mussten, und auch wir drei Alten brachten eine erste Ladung Zeug zum Auto. Also war wieder längeres Schleppen angesagt, was uns sowohl In The Woods als auch die Overkill-Show kostete. Schade drum. Zu den nach vorn verlegten Saxon waren wir dann immerhin am Start und trafen wie verabredet Gonzo. Biff & Co. mal wieder zu sehen, kam echt gut, die Truppe war in top Verfassung. Überraschungen in der Songauswahl gab es kaum, auch wenn Mr. Byford zwischenzeitlich die Setlist aufaß, um das Publikum bestimmen zu lassen. "Suzie Hold On" wurde anscheinend nicht gefordert, stattdessen kam das unvermeidliche "Crusader" sowie Stücke über Klamotten oder Dampflokomotiven. Kennt man alles, ist trotzdem in gewissen Abständen sehr unterhaltsam.

Einen Burger später mussten Mohr und ich erstmal relaxen, also hauten wir uns kurz auf die Matratzen. Viel mehr als ne halbe Stunde hatten wir aber nicht, denn wir waren ja gleich wieder mit Gonzo und Lars zum Kirschbier verabredet, außerdem wollten wir Anthrax gucken. Diese hätten gern die komplette "Spreading The Disease" darbieten können, brachten aber eher einen Mix aus alt und neu und spielten irgendwie nur recht kurz. "Indians" zum Schluss gefiel immerhin sehr, außerdem wirkte Fronthirsch Belladonna viel besser integriert, als die Presse glauben machen könnte. Mittlerweile war ausnahmsweise die Sonne öfter mal zu sehen, was prompt zu leichtem Brennen auf der Fleischmütze führte. Genug Suhlen blieben dem Gelände erhalten, auch wenn die gemäßigteren Bereiche recht schnell abtrockneten. Zur Überbrückung schauten wir uns Trivium an, die einen amtlichen Gig hinlegten.

Dann war Maiden-Time. Nach dem üblichen UFO-Intro kam zunächst neuerer Kram, dann das bereits am Morgen vernommene "Children Of The Damned", Neues, Klassiker, Neues... bis es am Ende bei mehr oder weniger geilen Songs blieb. "Hallowed Be Thy Name" kam natürlich auch zu Ehren, ohne dass wir unsere Aufgabe dazu wirklich brauchbar hätten erfüllen können. Zum Glück ersparten sie sich die totgenudelten "Running Free" und "Sanctuary", stattdessen setzte "Wasted Years" einen versöhnlichen Schlusspunkt. Technisch war alles fit, Bruce agil wie eh und je, aber Mr. Gers bleibt einfach peinlich mit seiner Luftgitarrenshow. Zudem find ich diese ziellos in die Länge gezogenen Kompositionen neueren Datums schlicht überflüssig. Sollten sie durch die zuhauf vorhandenen Klassiker ersetzen und fertig.

Gerade noch drohten die müden Glieder zu erlahmen, da brachte uns ein Espresso wieder auf Vordermann. Gerade rechtzeitig, um für Twisted Sister gewappnet zu sein, ohne dass wir übermäßig heiß drauf gewesen wären, schließlich waren wie nie wirklich Fans. Aber was war nun los? Dee Snider fegte über die Bühne, als hätte er sich den ganzen Tag lang Espresso reingepfiffen. Der Typ soll über 60 sein? Sein Pensum während nur eines Songs würde ich selbst nach 8 Wochen Malente nicht mehr schaffen. Aber der Vogel rennt ja nicht nur rum, er versprüht unbändige Energie, die mächtig Laune macht. Dazu zündeten auch die ganzen Songs, die unsereins allenfalls partiell kennt. Wir waren jedenfalls echt völlig baff und konnten uns nicht erklären, wieso wir zu den TS-Shows in Balingen nie so den richtigen Draht fanden. Wir konnten nur grob vermuten, dass wir dort möglicherweise zu später Stunde substanziell immer schon geringfügig zu desolat unterwegs gewesen waren... Gut dass wir nicht schon nach Maiden abgehauen waren, dies hier war definitiv der Headliner. Spitzenshow, fuck Trump! Gegen halb zwei kehrten wir zum Basislager zurück, wo der Pavillon nach einer heftigen Böe längst in Trümmern lag. Nach kaum 5 Stunden Schlaf ging es auch schon ans endgültige Aufbrechen, wobei wir in vorher kaum erwartet brauchbarem Zustand waren. Schau einer an, zu was die gichtigen Knochen noch in der Lage sind. Vier Tage Großevent sind also noch machbar, aber erstrebenswert nur, wenn das Billing mindestens so stark ist wie beim Graspop 2016. Wird also wohl des letzte Mal gewesen sein...


Tofukeule, Juli 2016

nach oben