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Hard and Heavy Festival VI

Satteins, Fußballplatz, 08.07.2017

Mayfair, Poltergeist, Sacral Rage,... Cooles Billing für ein kuscheliges Festival in Vorarlberg. Mohr gegenüber hatte ich es Monate vorher mal erwähnt, wirklich in Erwägung gezogen hatten wir den Besuch dort aber nicht. Als ich schon nicht mehr dran dachte, brachte Taina das Event pötzlich wieder ins Spiel.

Ich so: "Steht bei mir bereits im Kalender." Sie so: "Okay, dann los." Planung kann so einfach sein. Zum Glück konnte sie dem Hamburger G20-Chaos rechtzeitig entkommen und den Weg nach Süden antreten. Enrico wollte sich uns in Ulm anschließen.

Freitag

Nach einem lauen Sommerabend mit Weizen an der Stiftsruine und Gin vorm Buchcafé starteten wir kurz vor Freitag Mittag gen Süden. Angesichts der satten Temperaturen gar kein so ganz gemütliches Unterfangen mit meinem nicht klimatisierten Kleinwagen, aber es lief trotzdem halbwegs erträglich, bis uns kurz vor Ulm doch noch der Stau ereilte. Eine gefühlte Stunde verspätet kamen wir mit Durst im Gepäck endlich an in der Domstadt. Zunächst guckten wir aber kurz in der Kirche mit dem hohen Turm vorbei und bemerkten beim Gang durch die Stadt die angenehm entspannte Atmosphäre. Die Gemüsemafia versorgte uns mit den nötigen Nährstoffen (weitgehend kalte Küche), getränketechnisch gab es dort nur alkfrei.

Also zogen wir bald weiter, an der Donau entlang und über die Stadtmauer, alles recht beschaulich und hübsch. Schließlich landeten wir im Hemperium, einer Hanfbastion mit entsprechendem kulinarischen Angebot. Auch Unhanfiges war auf der Karte, so dass wir uns das ersehnte Weizen im gut besuchten Hinterhof-Biergarten gönnten. Standesgemäß probierten wir auch das hausgebraute Hanf Lager, ein ganz anderer, gewöhnungsbedürftiger Geschmack. Dazu ließ sich Taina zu leichten Kässpätzle mit Pilzrahmsoße hinreißen, während ich den üppigen Hanfburger vertilgte. Als das Wetter sich verheftigte, flohen alle nach drin, und nach ein paar Überbrückungsgetränken spazierten wir zurück zu unserer Herberge.

 

 

Samstag

Bei schon stattlichen Temperaturen genehmigten wir uns am Samstag Vormittag ein ansehnliches Frühstück bei Fräulein Berger, etwas kärglich erschien nur das Volumen des Brotaufstrichs, den man sparsam einsetzen musste. Bald trafen wir dort Enrico, der vom Bahnhof herübergehumpelt kam. Hätten wir von seinem lädierten Knie gewusst, hätten wir ihn wohl doch lieber abgeholt. Ein kühles Weizen konnte seinen Schmerz dann einigermaßen lindern. Nun standen nochmal heiße zwei Stunden Fahrt nach Vorarlberg an. Diese lohnten sich aber fast schon allein für die alpine Atmosphäre, die einen ziemlich direkt an der Grenze empfängt. Zumindest wenn man lang nicht in den Bergen war, sieht's zauberhaft aus.

Nach Satteins fanden wir recht zügig und landeten schließlich in der Einfahrt vor Renés Anwesen. Dort empfing uns Heinz, der bald auch den Hausherrn herbeirief. Die Gesellen hatten am Vorabend bis in die Puppen gefeiert, wirkten aber trotzdem recht fit. Wir fühlten uns jedenfalls bestens aufgenommen, die Familie war vollzählig anwesend und nett. So saßen wir noch eine Weile schnackend vorm Haus, Mayfairs Mario und Jolly schauten vorbei, während René scheinbar mühelos drei bis fünf Angelegenheiten gleichzeitig regelte - und ganz nebenbei noch ein Feuer auf der Wiese löschte. Man merkte schnell, der Mann hat's einfach drauf. Der Nachmittag zog vorüber, und schließlich machten wir uns auf den Weg durchs Dorf zum Fußballplatz, wo das Festival steigen würde.

 

 

Obwohl die anwesende Menge sehr überschaubar war, trafen wir gleich auf einige vertraute Gesichter, erste Biere mussten her. Derweil legten Vibratör los, die zunächst mit erdigem Sound nix Größeres versprachen, sich im weiteren Verlauf aber als durchaus brauchbarer Anheizer entpuppten. Besonders die klaren Vocals des rechten Gitarristen stachen hervor, auch wenn er sich beim Singen hinter den Boxen versteckte. Anschließend wurde es nicht zum letzten Mal thrashig, Septagon waren an der Reihe. Und die Truppe konnte mich zweifelsfrei überzeugen. Technisch stark, mit guter Bühnenpräsenz, hauten sie eine ganze Reihe starker Songs raus, die trotz Finessen schnell ins Ohr gingen. Da ich mir anschließend erst das Album zulegte, konnte ich sogar feststellen, dass das Material sich bei häufigerem Konsum richtig ins Hirn fräst, klasse. Die Atmosphäre blieb weiter sehr familiär, etliche Besucher drückten sich eher im Randbereich herum statt auf der kleinen Terrasse, die auch die Bühne beherbergte. Dabei hätten Sacral Rage näheres Hinschauen absolut gelohnt. Die Griechen gingen auch vor kleinem Publikum richtig ab, es war ähnlich brillant wie bei ihrem KIT-Auftritt. Sie setzten im Vergleich zu Septagon quasi noch einen drauf, ein wildes aber strukturiertes Thrash-Dauerfeuer ergoss sich in den noch trockenen, warmen Abend. Besonders Gitarrist Marios mit seinen stetig sanft schneidenden Riffs und der dem dezenten Wahn zugeneigt scheinende Sänger Dimitris verdienten sich Extraapplaus. Von der Combo ist hoffentlich noch einiges zu erwarten. SR hatten die "burning skies" heraufbeschworen, bei Mayfair ging es dann irgendwann los, die Schleusen öffneten sich, Sturm und Regen fegten über uns hinweg. Wie gut, dass wir ein Dach überm Kopf hatten, die Location erwies sich als wirklich ideal.

Beim heimlichen Headliner wurde es aber schon vorm Unwetter voll vor der Bühne, die Lokalmatadore hatten ihr Publikum. Die Band war auch wieder glänzend aufgelegt, Mario tirillierte, growlte auch mal inbrünstig, verteilte Handküsse und fand sowieso immer die richtige Ansprache. - "Satteins muss wieder Heavy-Metal-Hauptstadt bleiben!" - Renés entrücktes Gitarrespiel ist wohl nur mit genau dieser Art Socken möglich, er sollte eine Signature-Version herausbringen. Jolly und Johannes spielten den perfekten Rhythmus dazu. Ein brillanter Auftritt in einzigartiger Atmosphäre. Als es mit "Drei Jahre zurück" tränentreibend wurde, war es auch viel zu früh schon vorbei. Nun konnte es nicht mehr besser werden, der Höhepunkt lag hinter uns. Trotzdem sorgten Mortician für vorzügliche Unterhaltung, auch wenn sie musikalisch recht plump zu Werke gingen. Heavy Metal vom Fass war angesagt, allein die Show von Backenbart-Hoschi Daniel am Mikro war das Zuschauen aber schon wert. Trotz Anflügen von Bierzelt-Atmosphäre fühlte ich mich gut bespaßt, während "draußen" nach überstandenem Sturm alpin-zwielichtige Abendatmosphäre für spezielle Beleuchtung sorgte. Anschließend sollte es musikalisch mit Poltergeist nochmal bergauf gehen, aber mir ging so langsam der Saft aus. Die Songs kannte und mochte ich alle, umgesetzt wurden sie auch gekonnt, aber nach den ganzen tollen Shows vorher fehlte mir das gewisse Etwas, das mir nochmal einen Energieschub verpasst hätte. War ja auch schon spät. Also machte ich mich solo auf den sich nun etwas hinziehenden Weg zurück und haute mich auf meine Gäste-Luftmatratze.









 








 

Sonntag 

Nach einer recht erholsamen, bachberauschten Nacht und Frühstück mit Bratkartoffeln, gingen wir noch auf einen Sprung zum örtlichen Badesee. Im Wasser planschend genoss ich unbebrillten Auges den herrlichen Anblick einer sich entkleidet abtrocknenden Nymphe vorm Bergpanorama. So sieht Urlaub aus! René bewies auch dort ein goldenes Händchen und fischte eine bestens gekühlte Dose Bier aus dem Gewässer, der Glückspilz. Mit gutem Gefühl sagten wir schließlich adieu, ein absolut lohnenswerter wenn auch nur kurzer Abstecher ins Ländle war schon wieder vorüber. Dank an René und Familie für die super Gastfreundschaft, und an Taina und Enrico fürs Umsetzen des spontanen Plans. Sollte man vielleicht öfter tun. 

Epilog: Enrico setzten wir wieder am Ulmer Bahnhof ab, der Mann schlug sich tapfer mit seiner Behinderung. Taina und ich warfen noch einen Imbiss bei Asia Van ein, während sich schon wieder etwas über uns zusammenbraute. Es dauerte wohl fast eine Stunde, bis wir mit meinem bereiften Gefährt der drohenden Sintflut entkommen waren. Einige hundert Kilometer später gab's zur Belohnung Absackerweizen, wieder an der Ruine, wo die draußen pausierenden Festspielbesucher längst nicht so geschmeidig wirkten wie die Festivalgänger in Satteins... 

Tofukeule, August 2017

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